Die neue litprom-Bestenliste
In der Herbstausgabe der litprom-Bestenliste „Weltempfänger“ befindet sich besonders viel Afrikanisches. Auf Platz 1 rangiert Ngugi wa Thiong’o mit „Herr der Krähen“ – eine Satire auf Diktatoren und ihre Vasallen im fiktiven Staat Aburiria.
Ausgewählt wurden die Empfehlungen von einer Jury betsehend aus Ilija Trojanow (Vorsitz) und Autoren, Kulturjournalisten und Literaturkritikern wie Katharina Borchardt, Anita Djafari, Andreas Fanizadeh, Karl-Markus Gauß, Claudia Kramatschek, Kristina Pfoser, Thomas Wörtche und Cornelia Zetzsche. Der „Weltempfänger“ der litprom (Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika) stellt regelmäßig sieben lesenswerte Bücher aus den drei Erdteilen vor. In der Herbst-Liste sind dies:
- Ngũgĩ wa Thiong’o: Herr der Krähen [Kenia/USA] – A1 Verlag
- Liao Yiwu: Für ein Lied und hundert Lieder. Ein Zeugenbericht aus chinesischen Gefängnissen [China] – S. Fischer Verlag
- Chirikure Chirikure: Aussicht auf eigene Schatten. Gedichte [Simbabwe] – Verlag Das Wunderhorn
- Malla Nunn: Lass die Toten ruhen [Südafrika] – Verlag Rütten & Loening
- Imraan Coovadia: Gezeitenwechsel [Südafrika] – Verlag Das Wunderhorn
- Fabien Didier Yene: Bis an die Grenzen. Chronik einer Migration [Kamerun/Marokko] – Drava Verlag
- Francisco Goldmann: Die Kunst des politischen Mordens [USA/ Guatemala] – Rowohlt Verlag
Genaueres zu den Büchern
– Ngũgĩ wa Thiong’o: Herr der Krähen
Ausgangspunkt dieses geistreichen satirischen Romans ist das gigantische Bauvorhaben Marching to Heaven, ein moderner Turmbau zu Babel, das dem despotischen Herrscher der fiktiven Freien Republik Aburiria Weltgeltung verschaffen und ein monumentales Denkmal setzen soll.
Der Herrscher ist umgeben von persönlichen Beratern, allen voran den Ministern Machokali und Sikiokuu, die ständig darum bemüht sind, dem gottgleichen Herrscher ihre Ergebenheit zu beweisen und sich eine vorteilhafte Position zu sichern. Das Bauprojekt Marching to Heaven jedoch kann nur mit einem Kredit der Global Bank in New York realisiert werden.
Über den Autor
Ngugi wa Thiong o wurde 1938 als Sohn einer Bauernfamilie in Kamirithu/Limuru in Kenia geboren. 1967 wurde er Dozent für Literatur an der University of Nairobi, wo er bis 1977 lehrte. Wegen seiner kritischen Auseinandersetzung mit dem postkolonialen Kenia und eines regierungskritischen Theaterstücks wurde er 1977 ohne Anklage inhaftiert und erst nach einer Kampagne von Amnesty International ein Jahr später aus dem Gefängnis entlassen. Nachdem sein Leben unter dem Regime von Daniel arap Moi bedroht wurde, ging er 1982 ins Exil nach London. 1989 übersiedelte er in die USA, wo er heute an der University of California in Irvine Englische und Vergleichende Literaturwissenschaften lehrt.
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– Liao Yiwu: Für ein Lied und hundert Lieder
Bis zum Vorabend des 4. Juni 1989 führt Liao Yiwu das Leben eines so unbekannten wie unpolitischen Hippie-Poeten. Doch mit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens ist schlagartig alles anders. Nachdem Liao ein kritisches Gedicht verfasst hat, wird er zu vier Jahren Haft im Gefängnis und in einem Arbeitslager verurteilt.
In seinem großen Buch schildert Liao auf literarisch höchst eindringliche Weise die brutale Realität seiner Inhaftierung. Dabei ist er schonungslos, auch sich selbst gegenüber: Er beschreibt, wie er und seine Mithäftlinge zu Halbmenschen degradiert werden und dabei manchmal selbst vergessen, was es bedeutet, Mensch und Mitmensch zu sein.
Über den Autor
Liao Yiwu, geb. 1958 in der Provinz Sichuan, ist Dichter und Romanautor. Er wuchs als Kind von Eltern ohne dauerhafte Aufenthaltserlaubnis in der großen Hungersnot der 60er Jahre auf und schlug sich jahrelang mit verschiedensten Tagelöhner-Jobs durch. 1989 publizierte er das epische Gedicht ‘Massaker’, in dem er das Blutbad auf dem Platz des Himmlischen Friedens anprangerte. Hierfür wurde er vier Jahre inhaftiert und zum Teil schwer misshandelt. Die chinesische Ausgabe von ‘Fräulein Hallo und der Bauernkaiser’ wurde sofort nach Erscheinen verboten. 2007 wurde Liao Yiwu vom Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrum mit dem Preis ‘Freiheit zum Schreiben’ ausgezeichnet, dessen Verleihung in letzter Minute verhindert wurde.Dr. phil.habil. Hans Peter Hoffmann, geboren 1957 in Saarbrücken, Studium der Sinologie und Germanistik, zahlreiche wissenschaftliche und essayistische Publikationen zur Philosophie und Literatur Chinas, zahlreiche Übersetzungen moderner chinesischer Prosa und Lyrik, beispielsweise des Nobelpreisträgers Gao Xingjian und Bei Daos), u.a. für die FAZ, die horen, die taz und Sartorius ‘Atlas der neuen Poesie’. Lebt, lehrt und schreibt in Tübingen. Mitglied der literarischen Gruppe “Holzmarkt”.
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– Chirikure Chirikure: Aussicht auf eigene Schatten
Über den Autor
Chirikure Chirikure, 1962 in Gutu in Zimbabwe geboren, ist heute einer der bekanntesten Dichter und Performer seines Landes. Aus einer Familie christlicher Lehrer stammend lernte er sowohl die biblischen Geschichten wie auch den Ahnenkult seines Volkes, der Shona, kennen. Chirikure studierte in Harare Religions-, Literatur- und Geschichtswissenschaften und trägt seine gesellschaftskritischen, satirischen und die Identität Afrikas beschwörenden Gedichte bei seinen Auftritten in Shona und auf Englisch vor, oft zusammen mit Musikern. Aussicht auf eigene Schatten ist die erste Buchpublikation Chirikures auf Deutsch. 2011 ist er Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
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– Malla Nunn: Lass die Toten ruhen
Nur achtundvierzig Stunden Durban in den fünfziger Jahren. Drogenbosse, Zuhälter, korrupte Polizisten, indische Kleinkriminelle, gestrandete Deutsche beherrschen die Szene. Emmanuel Cooper, ein verdeckter Ermittler, muss einen Mörder finden, um sich selbst zu retten. Eindrucksvoll beschreibt Malla Nunn die dunklen, gleichwohl faszinierenden Seiten Südafrikas. »Malla Nunn ist eine großartige Erzählerin.« Deon Meyer
Über den Autor
Malla Nunn wurde in Swasiland geboren und hat mit ihrer Familie lange in Südafrika gelebt. Als Filmemacherin erhielt sie mehrere Auszeichnungen. In diesem Roman hat sie ihre eigene Familiengeschichte verarbeitet. Ihre Eltern lernten sich in den fünfziger Jahren kennen, als es für einen Weißen verboten war, eine Nicht-Weiße zu heiraten. Bei Aufbau erschien von ihr ebenfalls der erste Roman über Emmanuel Cooper: „Ein schöner Ort zu sterben“.
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– Imraan Coovadia: Gezeitenwechsel
Es gab nichts in diesem Zimmer, das sie überrascht hätte. Sie verstand genau, was sich ereignet hatte. Sie hatte das schon am Morgen gewusst. Sie hatte es schon am Tag vorher, im Monat vorher, im Jahr vorher und tatsächlich seit ihrer Geburt gewusst.Der gewaltsame Tod ihres Ehemannes, des indischen Arztes und Virologen Arif, führt Nafisa in eine Welt, in der illegaler Organhandel, Erpressung und pseudowissenschaftliche Debatten zur Realität geworden sind. Nafisa begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit in ein spiegelverkehrtes Land, entdeckt dabei die sozialen und politischen Eruptionen im heutigen Südafrika mit seinen Widersprüchen und Enttäuschungen und kämpft, selbst Ärztin, mit archaischen Vorstellungen von Leben und Tod, von Triumph und Scheitern, von Schweigen und Schuld. Nichts ist sicher, nichts hat Bestand und auch die Menschen ihres Umfelds sind nicht die, die sie zu sein scheinen. Dieser Roman ist ein Parforceritt durch die Seele eines Landes im Umbruch.
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– Fabien Didier Yene: Bis an die Grenzen
Ein einzigartiges Dokument über die unmenschlichen Konsequenzen der europäischen Abschottungspolitik aus der Feder eines direkt Betroffenen.
Über den Autor
Fabien Didier Yene, geboren in der Ortschaft Ekombitié, Kamerun. Schulabschluss mit Matura in der Hauptstadt Yaoundé. Nach seiner Auswanderung, die ihn durch zahlreiche afrikanische Länder geführt hat, lebt er heute in Marokko, wo er im März 2008 zum Obmann der Kameruner Emigranten-Gemeinschaft gewählt wurde und sich im Rahmen verschiedener Menschenrechts-Organisationen, darunter das Netzwerk Euro-afrikanisches Manifest, für die Rechte von MigrantInnen und das Recht auf Bewegungsfreiheit einsetzt.
Erhältlich bei A. – Zur Eselsohren-Besprechung
– Francisco Goldmann: Die Kunst des politischen Mordens
Guatemalas schockierendster Mord: Wer tötete den Bischof? Die Aufdeckung der Verbrechen der guatemaltekischen Armee bezahlte Bischof Juan Gerardi mit dem Leben. Das Mordmotiv soll verschleiert werden. Doch mutige Richter und Anwälte kämpfen für Gerechtigkeit. Francisco Goldman rekonstruiert einen wahren Fall, spannend wie ein Kriminalroman.
Über den Autor
Francisco Goldman ist der Sohn einer guatemaltekischen Mutter und eines amerikanischen Vaters. Seine Romane „Das gestohlene Leben der Flor de Mayo“ und „Estebans Traum“ waren u.a. Finalisten für den PEN/Faulkner Award und wurden in zehn Sprachen übersetzt. Goldman lebt abwechselnd in New York und Mexico City. Er lehrt Literatur am Trinity College in Hartford, Connecticut, und arbeitet als Journalist für große US-Zeitungen. Ferner ist er Präsident des amerikanischen PEN.
Erhältlich bei A. – Zur Eselsohren-Besprechung
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- von: red
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