Crawford, Matthew B.: Ich schraube, also bin ich
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Erschienen 2010 bei Ullstein
Aus dem Englischen von Stephan Gebauer
Originalausgabe: „Shop Class for Soulcraft“, 2009
Inhalt:
Was ist erfüllender: weltfremde Bildschirmarbeiten oder mit ölverschmierten Händen eine Harley zu reparieren? Für den Philosophen und Mechaniker Matthew B. Crawford ist die Antwort klar: Sein Weg aus der Sinnkrise führt ihn direkt in die eigene Motorradwerkstatt. Und er stellt fest: Die manuelle Arbeit verschafft mehr Befriedigung und birgt größere intellektuelle Herausforderungen als jede Bürotätigkeit. (Pressetext)
Kurzkritik:
Matthew B. Crawford geht es weniger um die SelbermacherInnen, welche die Baumärkte bevölkern, sondern vor allem um eine Lebenseinstellung: Er wirbt „für das handwerkliche Können und die darin zum Ausdruck kommende Einstellung zur von Menschenhand geschaffenen, dinglichen Welt“. Und er hinterfragt „die Ursprünge jener Annahmen, die uns dazu verleiten, die zunehmende Distanzierung von der manuellen Arbeit als unvermeidlich hinzunehmen oder sogar als wünschenswert zu betrachten“.
Werner gibt (4,5 von 5 Eselsohren)
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Was kostet begründeter Stolz?
Dieses Buch wollte ich als Legitimation für meinen DIY-Umbau des Eselsohren-Büros lesen (Fotostory siehe hier), doch „Ich schraube, also bin ich“ hat bei Weitem mehr anzubieten.
Matthew B. Crawford geht es weniger um die SelbermacherInnen, welche die Baumärkte bevölkern, sondern vor allem um eine Lebenseinstellung: Er wirbt „für das handwerkliche Können und die darin zum Ausdruck kommende Einstellung zur von Menschenhand geschaffenen, dinglichen Welt“. Und er hinterfragt „die Ursprünge jener Annahmen, die uns dazu verleiten, die zunehmende Distanzierung von der manuellen Arbeit als unvermeidlich hinzunehmen oder sogar als wünschenswert zu betrachten“.
Das Bedürfnis nach Werkzeugen
Es geht Crawford um die Erfahrung, Dinge zu bauen und zu reparieren: Was bedeutet es, wenn derartige Erfahrungen aus unserem alltäglichen Leben verschwinden? „Wie wirkt sich dieser Verlust auf die Aussicht auf ein erfülltes Leben aus? Befriedigt der Einsatz von Werkzeugen möglicherweise ein in der menschlichen Natur verankertes Bedürfnis?“
Von seiner Ausbildung her kommt Crawford selbst von der Hirnarbeit: Er hat an der University of Chicago einen Doktor in politischer Philosophie gemacht und war kurz geschäftsführender Direktor eines Think-Tanks in Washington. „In dieser Denkfabrik war ich ständig müde und verstand nicht, wofür man mich eigentlich bezahlte. (–) Das Gefühl der Nutzlosigkeit war entmutigent. Ich verdiente gut, aber ich empfand das Gehalt tatsächlich als Entschädigung für mein Leiden.“
Selbständiger Mechaniker anstatt geschäftsführender Direktor
Nach fünf Monaten kündigte er, um sich als Motorradmechaniker selbständig zu machen (– er hat zeit seines Lebens und auch neben dem Studium als Mechaniker gearbeitet). Und mit seiner jahrelangen Erfahrung als Handwerker hat er sich nun hingesetzt, um darüber nachzudenken, was seine Tätigkeit für eine Bedeutung in größeren Zusammenhängen hat.
Ich will hier seine Ideen und Schlussfolgerungen nicht verkürzt wiedergeben. Außerdem, wie es so schön am Klappentext heißt, „gibt es das Wissen, das man sich hierbei (bei der handwerklichen Arbeit; Anm.) erschließt, nicht per Download.“
Man kann einfach darauf zeigen.
Vielleicht nur so viel: Die Befriedigung, die handwerkliches Können verschafft, scheint den Menschen „von dem Zwang zu befreien, seinen Wert mit wortreichen Interpretationen seines Selbst begründen zu müssen. Es kann einfach darauf zeigen. (–) Sein begründeter Stolz hat nicht mit dem kostenlosen ,Selbstwertgefühl‘ zu tun, das Lehrer ihren Schülern wie durch Zauberei vermitteln“.
Das kann ich bestätigen. Ich hätte in der Zeit, in der ich mein Büro umgebaut habe, gewiss auch Geld verdienen können. Ob ich damit auch die HandwerkerInnen bezahlen hätte können, ist die eine Frage. Die andere: Was kostet begründeter Stolz?
Von Werner Schuster
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Über Matthew B. Crawford auf www.matthewbcrawford.com.
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