01/08/2010von 1.008 Views – 3 Kommentare

Das System Grasser (k)

Sagen wir mal, es gilt die Unschuldsvermutung (– oder besser: es gelten sehr, sehr viele Unschuldsvermutungen).

Ich stell mir Karl-Heinz Grassers Werdegang jedenfalls so vor: Da kommt ein junger Feschak in den Dunstkreis Jörg Haiders und wird von diesem als Nachwuchspolitiker aufgebaut. {Gemeinsam mit der sog. Buberlpartie, bestehend aus Gernot Rumpold (Haiders „Mann fürs Grobe“; ihm wurden undurchsichtige Abfangjägergeschäfte vorgeworfen), Peter Westenthaler (verurteilt zu sechs Monaten bedingter Haft) und Walter Meischberger (u.a. Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung einer „Provision“ von 7,7, Mio. Euro im Zuge der BUWOG-Privatisierung).}

Hier gelten keine Unschuldsvermutungen mehr.

Er, Grasser, bekommt eine Überdosis NLP verabreicht, wird Landeshauptmann-Stellvertreter von Kärnten (allerdings nach Haiders Abwahl als Landeshauptmann wegen seiner Aussage über die „ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“), geht kurz mal in die Privatwirtschaft (zu Frank Stronachs „Magma“, wo PolitikerInnen aller Parteien unterkommen; aber das ist eine andere Geschichte) und wird Finanzminister der sog. Wenderegierung ÖVP-FPÖ (diplomatischen Sanktionen durch die Europäische Union).

Es gelten noch keine Unschuldsvermutungen.

Als solcher tourt er nicht nur durch Österreich mit einer „Liberalisierungs“-Roadshow (für 2,3 Mio. Euro organisiert vom PR-Duo Hochegger-Meischberger; Hochegger hat ebenfalls Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung einer „Provision“ von 2,3, Mio. Euro erstattet), sondern wird – laut „Falter“ – auch in einen exklusiven Kreis eingeladen: Neben den bisher üblichen Verdächtigen taucht hier der Immobilienmakler (und ehem. BUWOG-Präsident) Ernst Plech auf (steht laut „Falter“ unter Untreueverdacht).

Es gelten schon einmal ein paar Unschuldsvermutungen.

Diese Herren nahmen den Regierungsslogan „Mehr privat, weniger Staat“ sehr wörtlich. Laut Willibald Berner (damals Kabinettschef im Infrastrukturministerium) plante man, an den Privatisierungsprojekten zu partizipieren (– also an den anfallenden Gebühren mitzuverdienen; sprich: abzucashen, was geht). Als Nutznießer waren – laut „Falter“ – Plech, Haider, Meischberger und Hochegger vorgesehen, und Grasser war halt Finanzminister.

Es gelten selbstverständlich weitere Unschuldsvermutungen.

Diese Herren haben jedenfalls von Grasser einschlägige Aufträge erhalten und wurden auf diverse Posten gehievt (die teilweise der Geschäftskontrolle dienten). Parallel dazu haben sie mit ihren schwer verdienten Provisionen gemeinsam Firmen gegründet. Plech z. B. soll über 600.000 Euro für die Vermittlung von Büroräumen an das Justizministerium erhalten haben (und betreibt u.a. heute eine Immobilienfirma mit Grasser). Bis auf Justizminister und Haider-Anwalt Dieter Böhmdorfer wunderten sich damals wohl alle, dass das Handelsgericht aus dem eben erst renovierten Jugendstilbau in der Riemergasse in einen Hochhauskomplex übersiedelt wurde. (Meischberger soll übrigens von dieser Provision an die 40 Prozent erhalten haben und war bis zur Aufdeckung der BUWOG-„Povision“ Grassers Partner.)

Wie viele Unschuldsvermutungen waren das schon, die hier gelten?

Jetzt wird‘s ein bisschen dicht: Laut „Falter“ wurde die oben erwähnte 10-Mio.-Provision {an Hochegger (immer noch Grassers PR-Berater) und Meischberger} der mittlerweile gekrachten Immofinanz (kaufte 60.000 Staatswohnungen) im Jahre 2004 vorerst mal bei einer Briefkastenfirma gebunkert, dann ungleich aufgeteilt. Meischbergers 7,7 Millionen landeten über eine weitere Briefkastenfirma bei der Hypo Liechtenstein und dort auf drei Konten. Wer auf diese Zugriff hatte, weiß man nicht so genau. Ein Konto trug jedenfalls den Namen „Natalie“, Grassers damalige Verlobte hieß Natalia (und hatte 2005 einen Autounfall), aber Meischberger hat ausgesagt, seine Freundin hieß oder heißt tatsächlich „Natalie“. (Karin heißt wiederum Plechs Frau, die FPÖ-Gemeinderätin Landauer aber auch; und Meischberger heißt wie viele andere Walter.)

Kaum zu glauben: Das mit den geltenden Unschuldsvermutungen hört überhaupt nicht mehr auf.

War Grasser – der laut „Falter“ wie die meisten anderen Beteiligten manchmal ein Wertkartenhandy benutzt (!) – also nur Mittel zum Zweck? Wurde er bloß ausgenutzt? Hat er sich, unerfahren wie er nun mal war, in etwas hineinreiten lassen und war er nicht in der Lage, „anständig“ davon zu profitieren?

Sollte besonders bei ihm die Unschuldsvermutung gelten? Man wird – hoffentlich – sehen. Bis dahin singen wir gemeinsam mit Christoph & Lollo das anrührende Lied „Karl-Heinz“ (bei YouTube).

Bitte in einer Endlosschleife gegen diese Endlosschleife der Niedertracht.

Werner Schuster


Infos:

„Grasser im Visier der Justiz – warum sie seine Konten öffnen muss“ – „Falter“-Artikel von Florian Klenk

Bei Wikipedia:
BUWOG-Affäre
Karl-Heinz Grasser (inklusive Homepage-Affäre, BUWOG-Affäre, Linzer Terminal Tower, BAWAG-Affäre, Verstöße gegen das Unvereinbarkeitsgesetz, Ermittlungen wegen möglicher Geldwäsche)
Walter Meischberger
Jörg Haider sowie Haiders Buberlpartie
Christoph & Lollo


3 Kommentare zu "Das System Grasser (k)"

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  1. NLP Trainer sagt:

    Unschuldig bis die Schuld bewiesen ist.

  2. schwester sagt:

    interessant wäre noch, wer da die ganze zeit “schützend” die hand (muss eine sehr-sehr große sein) drüber hält’ ….

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