26/07/2010von 714 Views – 0 Kommentare

Nevo, Eshkol: Wir haben noch das ganze Leben

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Buchcover

  • Roman
  • Taschenbuch (dtv, 2010)
  • Aus dem Hebräischen von Markus Lemke
  • Originalausgabe: „Mashala echat yamina“, 2007


Inhalt:

WM-Finale 1998. Frankreich – Brasilien. Fiebrige Stimmung vor der Glotze zwischen Churchill, Juval, Amichai und Ofir. Die vier sind um die dreißig, Freunde seit Jugendtagen, sie gucken zusammen Fußball, quatschen, kiffen, sind füreinander da. Da verfällt einer auf eine kuriose Idee – drei Lebenswünsche auf einen Zettel zu schreiben, die Zettel zu verstecken und erst beim nächsten Finale die Wünsche preiszugeben … Wird das Glück auf ihrer Seite sein? (Pressetext)

Kurzkritik:

Eine kleinen Einwand habe ich gegen dieses an sich wunderbare Buch vorzubringen: Dass Nevo die Erinnerungen des Ich-Erzählers Juval als leicht unausgegorenen Bericht abhandelt. Das trifft zwar den Ton eines etwa 30-jährigen, der seinen ersten Roman schreibt, ist aber literarisch – wie meistens in solchen Fällen – unbefriedigend.

Auch bei großen SchriftstellerInnen schummeln sich in solche „Nicht-AutorInnen-Geschichten“ oft dramaturgische und stilistische Fahrlässigkeiten hinein, welche man sich ansonsten nicht durchgehen lassen oder überarbeitet hätte.

Ein in Summe jedoch schöner und gleichermaßen vergnüglicher wie trauriger Roman.

Werner gibt  ★★★¾☆  (3,75 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Freunde sind immer füreinander da

Eine kleinen Einwand habe ich gegen dieses an sich wunderbare Buch vorzubringen: Dass Nevo die Erinnerungen des Ich-Erzählers Juval als leicht unausgegorenen Bericht abhandelt. Das trifft zwar den Ton eines etwa 30-jährigen, der seinen ersten Roman schreibt, ist aber literarisch – wie meistens in solchen Fällen – unbefriedigend.

Auch bei großen SchriftstellerInnen schummeln sich in solche „Nicht-AutorInnen-Geschichten“ oft dramaturgische und stilistische Fahrlässigkeiten hinein, welche man sich ansonsten nicht durchgehen lassen oder überarbeitet hätte.

Noch dazu, wo wir es hier mit einer Gute-Laune-Geschichte mit Tiefgang à la Irving zu tun haben, die ihre Ziele mäandernd verfolgt. Sprich: Man liest gerne über 400 Seiten, wo es 200 auch getan hätten.

Vier Freunde, zwölf Wünsche, vier Jahre

Ansonsten ist Nevos Idee herrlich: Vier Freunde schreiben je drei Lebenswünsche auf, die in vier Jahren öffentlich gemacht und überprüft werden.

Juval will dann immer noch mit seiner innig geliebten Jaara zusammen sein, nur verlässt ihn diese alsbald wegen eines seiner vier Freunde. Interessanter Weise hält die Freundschaft, wie ja auch Juval einmal vorgeworfen wird, dass ihm nichts wichtiger zu sein scheint als seine drei Kumpel.

Die Freundschaften halten

Während Nevo die Entwicklung der vier jungen Männer ausführlich schildern lässt, hat er genug Zeit und Raum, um auch über das Wesen von Freundschaft schreibend nachzudenken. (Zu) kurz gefasst könnte man sagen: Freunde sind immer füreinander da, sogar wenn sie dir die Liebe deines Lebens ausspannen. Es mag einige Zeit dauern, bis man wieder miteinander kann, aber man wird können.

Das ist – von Nevo – nicht zynisch oder frauenverachtend gemeint, ihm geht es wirklich darum, das, was Freundschaft sein könnte, auszutesten, ohne allerdings seine Figuren so wie T. C. Boyle zu quälen.

Wo das Wünschen auch nicht hilft

Muss man erwähnen, dass die Wünsche der Freunde nach vier Jahren nicht in Erfüllung gegangen sind? Und hat das etwas mit Israel zu tun? – Wohl nicht. Israel ist Schauplatz, sorgt für Lokalkolorit und schafft ansonsten Lebensbedingungen, wie es sie auch in anderen, Krieg führenden Ländern gibt.

Ein in Summe schöner und gleichermaßen vergnüglicher wie trauriger Roman.

Von Werner Schuster

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Infos:

Eshkol Nevo, 1971 in Jerusalem geboren, aufgewachsen in Detroit und Israel. Psychologiestudium an der Universität Tel Aviv; arbeitete zunächst als Werbetexter und unterrichtet heute creative writing an den Universitäten Tel Aviv und in Jerusalem. Nevo hatte bereits einen vielbeachteten Erzählband vorgelegt, als sein Debütroman „Vier Häuser und eine Sehnsucht“ bei Lesern und Kritik in Israel Furore machte. Er stand über eineinhalb Jahre auf der Bestsellerliste, wurde 2005 mit dem Golden Book Prize ausgezeichnet sowie 2008 mit dem Raymond Wallier-Peris des Salon du Livre in Paris. 2009 folgte die Nominierung für den renommierten britischen Independent Foreign Fiction Prize. 2008 wurde Eshkol Nevo zudem von der Israel Cultural Excellence Foundation als Chosen Artist geehrt, einer der höchsten israelischen kulturellen Auszeichnungen. Übersetzungen seiner Werke erscheinen auf Arabisch, Deutsch, Englisch, Franzsösisch und Italienisch.

Mehr über Eshkol Nevo bei Wikipedia (Englisch),

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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