Teller, Janne: Nichts – Was im Leben wichtig ist
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
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Inhalt:
Als der 14-jährige Pierre Anthon seine Klasse mit den Worten verlässt »Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun«, stehen seine Mitschüler unter Schock. Denn kann es wirklich sein, dass nichts eine Bedeutung hat? Nicht die erste Liebe? Nicht das Lernen in der Schule? Nicht das Elternhaus, die Geschwister, der Glaube an Gott oder das eigene Land? Gemeinsam wollen die Schüler dem aufsässigen Pierre Anthon das Gegenteil beweisen und sammeln auf einem Berg der Bedeutung alles, was ihnen lieb und teuer ist. Doch was harmlos beginnt, wird bald zu einem Experiment, in dem es kein Halt und keine Grenzen mehr gibt – als selbst Tiere geopfert werden, ein Finger und die Unschuld eines Mädchens … (Pressetext)
Kurzkritik:Wenn man sich die Kommentare bei Amazon ansieht, so kann man sagen, dass dieses Buch entweder fasziniert oder abstößt. Bei manchen schlägt die anfängliche Faszination in Abscheu um. Mir ist „Nichts – Was im Leben wichtig ist“ zu krampfhaft auf eine Parabel hingeschrieben, die jugendliche Sinnsuche thematisiert. Und ich habe mich während der Lektüre nicht gefragt, was mir wichtig ist, sondern bloß, ob Verunsicherung tatsächlich zu Massenhysterie führt.
Werner gibt (2,75 von 5 Eselsohren)
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Hysterische Sinnsuche
Wenn man sich die Kommentare bei Amazon ansieht, so kann man sagen, dass dieses Buch entweder fasziniert oder abstößt. Bei manchen schlägt die anfängliche Faszination in Abscheu um. Mir ist „Nichts – Was im Leben wichtig ist“ zu krampfhaft auf eine Parabel hingeschrieben, die jugendliche Sinnsuche thematisiert.
Der Roman beginnt damit, dass der 14-jährige Pierre Anthon seine Schulklasse mit den Worten verlässt „Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun“. Seine (ehemaligen) Mitschülerinnen und Mitschüler sind irritiert, die Erwachsenen reagieren gar nicht. Auch nicht Pierres Eltern, die ihn tagaus, tagein auf einem Baum sitzen lassen, von dem aus er die vorbeigehenden Jugendlichen verhöhnt.
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Bring mir den Sarg deines Bruders
Nach diesem unrealistischen, sinnbildhaften Intro geht die Geschichte realistisch weiter: Die provozierte Klassengemeinschaft will Pierre beweisen, dass das Leben doch eine Bedeutung hat. Schließlich beginnt man, Dinge zusammenzutragen, die für jeden und jede besonders wichtig sind. Ist dies anfangs noch eine Puppe, ein Gesangsbuch oder eine Beatles-Kassette, so steigern sich die Jugendlichen allmählich hinein: Wer etwas auf den „Berg aus Bedeutung“ gelegt hat, darf ab sofort bestimmen, was die oder der nächste draufzulegen hat. Die Sache läuft aus dem Ruder und wird surreal.
Zuerst ist es ein Hamster, dann ein Tagebuch, und bald schon eine Jesusfigur aus der Kirche, der Sarg mit dem verstorbenen Bruder, die Unschuld eines Mädchens, …
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Fragen über Fragen
Erst nach dem letzten Opfer bemerken die Erwachsenen, was ihre Kinder treiben. Sie sind natürlich entsetzt – nur Pierre zeigt sich nach wie vor unbeeindruckt. Dies bringt die Jugendlichen vollends in Rage.
Das liest sich sehr bedeutungsvoll, wenn mich auch der unharmonische Mix aus Realismus und Symbolismus mehr irritiert hat als die Story selbst. Das Realistische wirkt für mich unglaubwürdig und das Symbolhafte aufgepropft. Warum lassen sich ausnahmslos alle Jugendlichen einer Klasse von einem Spinner aufstacheln? Wie konnte das alles unbemerkt vor sich gehen? Warum beendet niemand die Hysterie vor dem letzten Opfer? Oder warum hat diese Hysterie nicht auch von anderen Besitz ergriffen?
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Im Labor
Und so wirkt „Nichts – Was im Leben wichtig ist“ auf mich wie eine klinische Versuchsanordnung, bei der alles Störende aus dem „Labor“ verbannt wurde. Nur, was will uns Teller damit sagen? Ähnlich wie in Goldings „Herr der Fliegen“ könnte es um eine angeborene Gewaltbereitschaft des Menschen gehen. Oder dass die Menschen einen Sinn im Leben sehen müssen. Und dass sie aggressiv werden, wenn man diesen in Frage stellt. Oder dass die unterschiedlichsten Menschen zusammenfinden, wenn sie einen gemeinsamen Feind haben.
Aber im Prinzip hätte Pierre die Jugendlichen auch dazu animieren können, sich zu fragen, was für sie Bedeutung hat, ohne dass sie es opfern. Oder sie hätten das, was ihnen wichtig ist, zusammentragen können, ohne darauf verzichten zu müssen. Und dann zufrieden präsentieren.
Zugegeben, das wäre vielleicht kitschig geworden. So aber habe ich mich während der Lektüre nicht gefragt, was mir wichtig ist, sondern bloß, ob Verunsicherung tatsächlich zu Massenhysterie führt.
Von Werner Schuster
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Janne Teller, geboren 1964 in Kopenhagen, arbeitete als ökonomisch-politische Ratgeberin der EU und UN und lebt heute als Schriftstellerin in Kopenhagen, New York und Paris. Ihr Jugendbuch „Nichts“ löste in Deutschland eine breite Debatte aus und wurde ausgezeichnet mit dem Luchs von DIE ZEIT und Radio Bremen sowie nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis.
Mehr über Janne Teller bei Wikipedia.
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