22/11/2009von 505 Views – 0 Kommentare

You‘ve got mail

HAUCHEN sie nicht so undifferenziert ihren schlechten mundgerucht ins internet. wie überheblich und zynisch, wie ungebildet sie über die schaupielkunst reflektieren ist beispiellos. ich biete ihnen gerne ein seminar an um sie aus ihrer lächerlichkeit herauszuführen. wie rückschrittlich und verkommen das internet geworden ist. ich sage nie etwas gegen schlechte kritiken, aber auf ihre unbeholfenheit und spracharmut sollte man hinweisen.

Wer schreibt mir das? – „eberhard schneider für peter kern“. Peter Kern ist Regisseur und hat einen Film gedreht, den ich unsäglich finde. Das habe ich auch – auf www.k2centrope.com – geschrieben:

Konfuse „Blutsfreundschaft“

An diesem Film ist so vieles falsch, dass ich wohl besser mit dem anfange, was passt: Helmut Berger spielt toll und die Neonazi-Szenen sind unangenehm aggressiv.

Ansonsten kann schon einmal die Grundannahme des Film nicht stimmen, dass ein ehemaliger Hitlerjunge heutzutage 1.) noch eine Putzerei führt und 2.) aussieht wie jemand kurz vorm Ruhestand.

Warum ein ehemaliger Hitlerjunge eine – glaube ich zumindest – Pistole aus dem Dritten Reich besitzen sollte, entzieht sich meiner Kenntnis, aber diese Pistole war für den Film wohl wichtig.

Helmut Berger spielt Gustav Tritzinsky, einen Putzereibesitzer und ehemaligen Hitlerjungen, einen Homosexuellen, der einen Aufpasser erstochen hat, als dieser ihn mit seinem Freud erwischt hatte, und diesen Mord seinem Freund zuschob. Er selbst kam wegen seiner Homosexualität ins Gefängnis.

Superböse Nazis bigger than life

Das wird in Rückblenden erzählt und zwar in Sepiafarben und mit seltener Holzhammer-Artigkeit. Superböse Nazis bigger than life.

Das macht Regisseur Peter Kern am liebsten: bigger than life. Das kann man mögen oder auch nicht, doch hier hat er sich ein schlechtes Drehbuch ausgesucht (Frank Maria Reifenberg), denn „Blutsfreundschaft“ hat keine Story, sondern illustriert bloß die Inhaltsangabe.

Nicht einmal Anfang und Schluss stimmen. Am Beginn wartet man darauf, dass die Hauptfigur auftritt, stattdessen kommt Heribert Sasse als rechter Politiker und enthüllt doch tatsächlich ein Hakenkreuz vor dumpfen, ultrabösen und dauer-aggressiven, Ausländer und Schwule hassenden Neonazis.

(Ich persönlich hätte es zwar vorgezogen, wenn sich FPÖ- und BZÖ-Wähler in diesem Film wiedergefunden hätten anstatt sich von gewaltbereiten Menschen distanzieren zu können, aber das ist wohl Geschmacksache.)

Nur die Transe weiß, was sie will

In diese Kreise gerät jedenfalls ein armes, von allen getretenes Würstchen namens Alex (teilweise überfordert: Harry Lampl) und macht bei einer Aktion gegen eine Sozialeinrichtung mit, wobei er – eigentlich unabsichtlich – einen Sozialarbeiter absticht. Er flüchtet – erraten – in die Putzerei und erinnert den ehemaligen Hitlerjungen an den von ihm verratenen Freund.

Ab da wird‘s konfus. Das Würstchen pendelt zwischen dem ehemaligen Hitlerjungen und den argen Neonazis hin und her, man weiß nicht, was er will, man weiß eigentlich überhaupt nicht, was irgendjemand will.

Außer bei jener Transe (Melanie Kretschmann), die unbedingt eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen möchte. Kern führt nämlich auch in die Homosexuellen-Szene ein, doch wie er das tut, nämlich klischeehaft, dafür hätte es keines schwulen Regisseurs bedurft.

Wenn und warum sich Neonazis davonschleichen

Ansonsten besteht der Film aus vielen Szenen, die wie Zitate wirken, weil sie einem aus vielen anderen Filmen bekannt vorkommen, wo sie wahrscheinlich eher hineingepasst haben als in „Blutsfreundschaft“. Und diese Szenen haben mangels klarer Story auch keinen Zusammenhalt.

Der so prominent eingeführte Heribert Sasse soll als Politiker wahrscheinlich die Verbindung der gewaltbereiten Neonazis zu den Rechtsparteien darstellen, verschwindet aber irgendwann spurlos aus dem Film. Dabei hätte man ihn doch in die Schlussszene zumindest irgendwo dazustellen können.

Die ist – nicht nur weil sie völlig ohne Zusammenhang daherkommt – sagenhaft doof: Die Neonazis, die bis dahin alles und jeden kurz und klein geschlagen haben, demonstrieren auf der Straße – und lassen sich von einem harmlosen, aber entschlossen dreinsehenden Haufen Migranten dermaßen aus dem Konzept bringen, dass sie doch tatsächlich ihre Transparente zusammenrollen und sich davonschleichen.

Wie die Welt gerettet werden kann

Juhu, endlich wissen wir, wie die Welt gerettet werden kann. Zuerst passiert lange wirres Zeug und dann verschwinden die Bösen, weil die Guten zusammenhalten.

Es kann auch sein, dass danach noch die Szene kommt, in der der Geschlechtsumgewandelte das Würstchen zuerst mit der Handtasche verprügelt, worauf dieser zuerst sie, dann sich selbst mit Tritzinskys Pistole erschießen möchte. Und schon finden sie sich umarmt wieder und anscheinend bereit für einen Kuss.

Aber mit welcher Szene der Film nun wirklich endet, war mir da schon genauso egal wie dass Helmut Berger sogar aus seiner nicht so recht definierbaren Figur eine Glanzrolle gemacht hat. Nur er allein kann den – in der Wahl der Mittel, des Scripts sowie mancher Schauspieler – jenseitigen Film nicht retten.

–––

Zu ergänzen bleibt noch, dass ich nicht glaube, die/eine Wahrheit gepachtet zu haben. Dass ich mich auch gerne mit KünstlerInnen austausche, wenn sie sich z.B. von mir ungerecht behandelt fühlen. Doch die Mail von Peter Kern halte ich für genauso konfus wie seinen Film. Außerdem stehe ich mit meiner Meinung, „Blutsfreundschaft“ betreffend, nicht alleine da. Im Standard wird in meinem Sinn gepostet.

Von Werner Schuster

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