06/05/2011von 1.099 Views – 0 Kommentare

Keyserling, Eduard von: Wellen

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Buchcover Keyserling Wellen

  • Gebunden
  • 256 Seiten
  • Erschienen 2011 bei Manesse (Erstveröffentlichung 1911)


Inhalt:

Knisternde Sommerkleider, Meeresschaum und glitzernder Sand – ein entlegener Badeort an der Ostsee und seine malerischen Dünen sind Schauplatz von Keyserlings berühmtestem Roman. In flirrender Hitze entspinnt sich ein Beziehungsgeflecht von hoher atmosphärischer Dichte und subtiler Dramatik. (Pressetext)

Kurzkritik:

Im Nachwort zu dieser Ausgabe meint Florian Illies, Keyserlings (1855–1918) sollte endlich auch als Ironiker rezipiert werden. Illies sieht in den „Wellen“ weit mehr als eine leichte Sommergeschichte, nämlich ein antiutopistisches Manifest. „Es ist, als sei hier eine Frauenfigur des 21. Jahrhunderts in eine Erzählstruktur und ein Gesellschaftssystem des 19. Jahrhunderts versetzt worden.“

Das ist gewiss nicht abwegig, aber liest man Keyserling, weil er modern ist? Will man nicht wissen, wie die Menschen lebten vor 100 Jahren? Was sie dachten und fühlten und taten? – Dass uns dies auch heute noch berührt und nachdenklich macht, spricht doch ebenfalls für den Autor.

Werner gibt  ★★★★½  (4,5 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Zwischen Freiheit und Konventionen
hin und hergerissen

Im Nachwort zu dieser Ausgabe meint Florian Illies, Keyserlings (1855–1918) sollte endlich auch als Ironiker rezipiert werden. Illies sieht in den „Wellen“ weit mehr als eine leichte Sommergeschichte, nämlich ein antiutopistisches Manifest. „Es ist, als sei hier eine Frauenfigur des 21. Jahrhunderts in eine Erzählstruktur und ein Gesellschaftssystem des 19. Jahrhunderts versetzt worden.“

Das ist gewiss nicht abwegig, aber liest man Keyserling, weil er modern ist? Will man nicht wissen, wie die Menschen lebten vor 100 Jahren? Was sie dachten und fühlten und taten? – Dass uns dies auch heute noch berührt und nachdenklich macht, spricht doch ebenfalls für den Autor.

Die Generalin von Palikow und Fräulein Malwine Bork, ihre langjährige Gesellschafterin und Freundin, kamen in das Wohnzimmer. Sie wollten sich ein wenig erholen. Die Generalin setzte sich auf da Sofa, das frisch mit einem blanken schwarz und roten Kattun bezogen war. Sie war sehr erhitzt und löste die Haubenbänder unzterm Kinn. Das lila Sommerkleid knisterte leicht, die weißen Haarkuchen an den Schläfen waren verschoben und sie atmete stark. (…) Das Zimmer war weiß getüncht, wenig schwere Möbel standen an den Wänden umher und über die Bretter des Fußbodens war Sand gestreut, der in der Abendsonne glitzerte. Es roch hier nach Kalk und Seemoos.

Wir befinden uns an der Ostsee, die preußische Generalin hat ihre Familie zur Sommerfrische geladen. Im Dorf wohnt auch der Maler Hans Grill mit seiner Frau Doralice. Die hat sich von ihrem älteren, aber standesgemäßen Gatten Graf Köhne-Jasky getrennt, um mit Hans zusammenzuleben.

Projektionsfläche

Wiewohl mit ihrer Situation unzufrieden, gibt Doralice doch eine Projektionsfläche für die Wünsche und Sehnsüchte anderer ab. So verliebt sich der Verlobte einer Enkelin der Generalin in sie.

Mit scheinbar leichter Hand schildert Keyserling die Handlungen und das Innenleben dieser Menschen vor einer Naturkulisse, die selten einer Idylle gleicht. Besonders das Meer wird oft als bedrohlich dargestellt – für die Sommergäste ebenso wie für die – auch vom Fischfang lebenden – Dorfbewohner.

Zwiespältig

Diese „einfachen Menschen“ mögen von Keyserling schablonenhaft gezeichnet sein, doch auch heute noch faszinierend sind die ambivalenten Charaktere der Hauptfiguren (aber auch die immer die Contenance wahrende Generalin mit ihrer starken Persönlichkeit): der freigeistige Maler, der sich seine Eifersucht nicht anmerken lassen möchte, und besonders die zwischen den Vor- und Nachteilen von Freiheit und Konventionen hin und hergerissene Doralice.

Von Werner Schuster

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Infos:

Leseprobe

Eduard von Keyserling (1855–1918), aufgewachsen auf Schloss Paddern in Kurland, studierte Kunst und Jura. Als freier Schriftsteller lebte der „baltische Fontane“ zunächst in Wien, später in München, wo er der Schwabinger Boheme angehörte. Seine Romane und Erzählungen sind gleichermaßen Feier wie Kritik der Welt von gestern.

Mehr über Eduard von Keyserling bei Wikipedia.

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