28/05/2010von 546 Views – 0 Kommentare

Tomeo, Javier: Die Silikonliebhaber

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buchcoverErschienen 2010 bei Wagenbach
Aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg
Originalausgabe: „Los amantes de silicona“, 2008
Inhalt:

Marilyn und Big John sind zwei Gummipuppen der neuesten Generation, ausgestattet mit allerlei technischem Schnickschnack, Basilio und Lupercia ihre beiden in die Jahre gekommenen, kleinbürgerlichen Besitzer. Als Basilio und Lupercia eines Abends nach Hause kommen und ihre Puppen in eindeutiger Stellung auf dem Sofa vorfinden, werden die beiden in die Wandschränke verbannt sodass Marilyn und Big John fortan nichts bleibt, als über das Gut der Freiheit philosophieren und darüber, wie sie diese erreichen und ihre Liebe zueinander verwirklichen können … (Pressetext)

Kurzkritik:

So etwas bringt wohl nur Javier Tomeo zustande: Ein Buch, in dem sich alle(s) ausschließlich um Sex dreht und das humorvoll, aber vollkommen unerotisch ist.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Sex mit Puppen

So etwas bringt wohl nur Javier Tomeo zustande: Ein Buch, in dem sich alle(s) ausschließlich um Sex dreht und das humorvoll, aber vollkommen unerotisch ist.

Oberflächlich betrachtet, haben wir es mit einem pornographischen Groschenroman zu tun: Basilio und Lupercia, in die Jahre gekommene BesitzerInnen eines Dessous-Ladens, haben seit Jahren keinen Sex mehr, besorgen sich jedoch hochtechnisierte Gummipuppen, mit denen sie sich vergnügen.

Ab in den Wandschrank

Alles ist eitel Wonne, würden sie ihre Plastik-GespielInnen nicht beim Sex erwischen und in die Wandschränke verbannen, wo diese darüber nachdenken, wie sie wieder zueinander kommen könnten.

Das Ganze wird nun nicht von Tomeo erzählt, sondern ein Herausgeber übermittelt den Roman, welchen ihm ein Freund in Teilen geliefert hat. Schon im Vorwort ist von einer „zwischen Lakonie und sanftem Pessimismus oszillierenden Stimmung des Originals“ die Rede, und mit jeder Lieferung wertet der Herausgeber immer mehr ab, was und wie erzählt wird, um schließlich zum Schluss zu gelangen, „hier handelt es sich um eine Geschichte, die unerträglich ist“.

Absichtlich schlecht

Tomeo schreibt also etwas absichtlich Unausgegorenes von absichtlich fragwürdigem Inhalt in absichtlich nicht besonders gutem Stil.

Warum?

Der Verlag legt uns nahe, dass wir es mit einem „geistreichen poetologischen Traktat über Sittlichkeit und Wahrscheinlichkeit moderner Prosa“ zu tun haben.

Wie ich meine Frau befriedigen soll

Ich glaube, Tomeo hat einen billig anmutenden Abklatsch einer dauer-sexualisierten Welt ohne Erfüllung geschaffen, in der es den KonsumentInnen immer leichter fällt, wie ein schönheitsoperierter Filmstar auszusehen, in der Frauen in der Werbung für mich von Puppen kaum zu unterscheiden sind und in der mich Spamfilter mehr schlecht als recht vor Mails bewahren, in denen mir andere sagen, wie ich meine Frau befriedigen soll.

Aber ich bin mir sicher, „Die Silikonliebhaber“ sind damit nicht ergründet. Nehmen Sie meine Empfehlung an und finden Sie selbst heraus, was Tomeo da für einen todernsten und -traurigen Spaß mit uns getrieben hat.

Von Werner Schuster

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Infos:

Javier Tomeo wurde 1932 in Quicena, einem kleinen Ort in der spanischen Provinz Huesca geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und Kriminologie an der Universität von Barcelona und arbeitete für einen internationalen Schreibmaschinenhersteller. 1967 veröffentlichte er seinen ersten Roman und gehört seither zu den meistgelesenen europäischen Autoren der Gegenwart, dessen Romane und Erzählungen in zahlreiche Sprachen übersetzt sind. Auch mit seinen Theaterstücken ist Tomeo bei Publikum und Kritik erfolgreich. 1994 wurde er mit dem renommierten Premio Aragón ausgezeichnet. Tomeo lebt heute als freier Schriftsteller in Barcelona.

Mehr über Javier Tomeo bei Wikipedia.

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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