Anscombe, Roderick: Hinterhältig
Kurzkritik – Was meinen Sie? – Ausführliche Besprechung – Infos
Krimi
Aus dem Englischen von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann
Broschiert: Knaur, 2008
(2005)
Inhalt:
Paul Lucas ist Psychiater und therapiert in einem Hochsicherheitsgefängnis psychisch kranke Straftäter. Aber mit einem dermaßen durchtriebenen Patienten wie Craig Cavanaugh hat er es noch nie aufnehmen müssen. Der schwerreiche Harvard-Student ist mindestens so verschlagen wie gebildet – und er ist ein psychopathischer Stalker, der vor nichts zurückschreckt. (Pressetext)
Kurzkritik:
Man schüttelt den Kopf ob der Naivität, Dummheit, Unfähigkeit, Hilflosigkeit und letztendlich Skrupellosigkeit, die der an sich gewiefte Psychiater in schnellem Wechsel an den Tag legt. Seine Souveränität vermisst man schmerzlich, während man mit dem geistigen Auge zuschauen muss, wie er sich physisch und psychisch verausgabt, um sich aus der Manipulation seines Patienten Craig zu winden.
Eva gibt (2,5 von 5 Eselsohren)
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Nicht überall, wo Psycho draufsteht, ist auch Psycho drin
Ich mag Krimis, wo es um Psychoduelle, Psychiater, Psychologie und dergleichen geht. Da verspreche ich mir feinere Unterhaltung, als wenn wild geschossen, gekämpft und gehauen wird. Und Hinterhältigkeit mag ich auch. Und perfide Intrigen, wie sie uns der Rückentext des Psychothrillers „Hinterhältig“ von Roderick Anscombe verspricht.
Schnell zieht mich die Geschichte des forensischen Psychiaters (schon der Begriff zergeht mir auf der Zunge) Paul Lucas in ihren Bann. Lucas, der vor einem Jahr bei einem Autounfall seinen 2-jährigen Sohn verloren hat und seither, entfremdet von seiner Frau, darum ringt, wieder ins Gleichgewicht zu kommen, therapiert psychisch kranke Straftäter in einem Hochsicherheitsgefängnis. Sein Chef nötigt ihn sanft, aber bestimmt, die Therapie des jungen Harvard-Studenten Craig Cavanaugh zu übernehmen.
Psychisch kranker Stalker
Craig ist Sohn und Enkel einflussreicher Gönner des Krankenhauses, in dem Lucas arbeitet, und hat seine Englischprofessorin an der Uni verfolgt und massiv bedroht. Lucas, dem die Wahrheit am Herzen liegt, übernimmt den Fall mit einem mulmigen Gefühl. Sein Treffen mit Craigs Opfer Natalie bestärkt ihn noch darin, dass er es mit einem psychisch kranken Stalker der übelsten Sorte zu tun hat.
Dennoch geht er mit Selbstbewusstsein und Souveränität an den Fall heran, glaubt an sein Können und ist fest entschlossen, sich nicht korrumpieren zu lassen. Ein Nebenstrang der Handlung nährt Lucas‘ langsam wachsende Paranoia in Bezug auf die Treue und Ehrlichkeit seiner Frau. So weit, so spannend.
Naiv, dumm, unfähig, hilflos
Was dann passiert, wirkt nicht nur des öfteren zu dick aufgetragen, man schüttelt auch den Kopf ob der Naivität, Dummheit, Unfähigkeit, Hilflosigkeit und letztendlich Skrupellosigkeit, die Lucas in schnellem Wechsel an den Tag legt. Die Souveränität des gewieften Psychiaters vermisst man schmerzlich, während man mit dem geistigen Auge zuschauen muss, wie sich Lucas physisch und psychisch verausgabt, um sich aus der Manipulation seines Patienten Craig zu winden und bei all den scheinbar paranoiden Botschaften, die er warnend an seine Umwelt richtet, glaubhaft zu bleiben: für die Richterin, für seinen Chef, für seine Frau.
Ich habe das sozusagen mit offenem Mund gelesen, auf einen überraschenden Schluss hoffend, der mich dann letztendlich nicht überzeugt hat. Drastisch geschilderter Psychoterror allein genügt nicht, um einen anspruchsvollen psychologischen Thriller zu schreiben.
© Eva Schuster
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Roderick Anscombe, geboren 1947 in Manchester, Studium an der Universität Oxford, ist Gerichtspsychiater und Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School. Er lebt in Gloucester, Massachusetts.
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