13/12/2009von 255 Views – 0 Kommentare

Ich kann mich nicht beherrschen

Damit Sie nicht glauben, ich tu den ganzen Tag nur streiten (siehe „Wir können auch anders“ und „Bauernfängerei #2“), hier ein Beispiel für meine Gutmütigkeit:

Vor einer Weile hatten wir Hochzeitstag, und ich wollte Eva ein – was sonst! – Buch schenken, aber ein besonderes, das es nur mehr antiquarisch gibt. Nun gibt es ja auch das Internet mitsamt dem Zentralen Verzeichnis Antiquarischer Bücher, und dort erfuhr ich, dass dieses Buch (Jürgen Thorwalds „Das Jahrhundert der Detektive“) in 1030 Wien vorrätig ist.

Ich war spät dran (mit dem Geschenk-Besorgen) und rief beim Antiquariat BücherDepot an, weil ich wissen wollte, ob die Angaben vom ZVAB korrekt sind und ob ich mir das Buch am selben oder am nächsten Tag abholen kann. Aber die Telefonnummer schien nicht zu stimmen.

Ich schrieb eine Mail, ob man dieses Buch tatsächlich habe, entdeckte aber fast gleichzeitig die Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 – 18 und am Samstag 11 – 15 Uhr. Es ist Donnerstag, 12.45 Uhr, und bis dorthin ist es von mir nicht weit.

Es war 13.10 Uhr, und die Eingangstür war verschlossen, hat(te) jedoch ein Schild: Neue Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 – 13 und 14 – 18 Uhr.

Aber ich entdeckte einen Mann hinter einem geöffneten Fenster und fragte mal, ob er mir das Buch nicht doch verkaufen mag. Herr Franz ist supernett, erklärte mir, dass sein Telefonsystem gerade umgestellt wird, und verstand nicht, dass die geänderten Öffnungszeiten auf seiner Homepage vom Webmaster noch nicht freigeschaltet worden waren.

Eigentlich hatte er Mittagspause (die er eigentlich für Verwaltungskram nutzen möchte), trotzdem ging er mit mir ins Lager über der Straße. Er suchte und suchte, während ich mich über die vielen Bücher freute, die sich da rund um mich befanden. Mein Buch war leider nicht darunter.

Könnte der seltene Fall sein, dass „seine Studenten“ einen Verkauf nicht eingetragen hätten, meinte er zähneknirschend, als wir gemeinsam zurück ins Geschäft laufen. Dort fand er den Thorwald – wie von ihm allerdings erwartet – auch nicht und war schön langsam untröstlich.

Als Entschädigung schaute er für mich im ZVAB nach. Ein Exemplar vom „Jahrhundert der Detektive“ stand in einem anderen Antiquariat (das sich ungefähr fünf Gehminuten von meinem Heimbüro entfernt befindet). Er rief dort für mich an und reservierte den Thorwald. Und entschuldigte sich nochmals.

Und was tat ich die ganze Zeit? 1.) Bücherschauen, 2.) kein Problem haben. Herr Franz ist so nett und freundlich und authentisch, und – mein Gott – manchmal geht halt schief, was schief gehen kann.

Auch sein Geschäft ist mir sympathisch. Und der einzige Grund, warum ich dort nicht Stammgast werde, ist, dass ich mich nicht beherrschen kann. So viele Bücher, die günstig zu haben sind und die ich alle besitzen könnte! (Zur Beschreibung dieser angeblich oralen Fixierung siehe auch hier.)

P.S.: Im zweiten Antiquariat (auch nett, aber nicht so sehr mein Fall wie das BücherDepot) habe ich den Thorwald dann bekommen.

P.P.S.: Danke, Robert, für den Tipp. Hätte Eva nicht – in alphabetischer Reihenfolge – Familie, Hobbys und Job, sie hätte für eine Weile wohl nichts anderes getan als in diesem Buch zu schmökern.

Buchcover Jahrhundert der Detektive

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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