09/12/2013von 688 Views – 0 Kommentare

Hackl, Erich: Dieses Buch gehört meiner Mutter

Gedichte
Hardcover, E-Book
116 Seiten
Erschienen 2013 bei Diogenes

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Inhalt:

Erich Hackl gibt einer Frau, die als Bauerntochter im oberösterreichischen Mühlviertel aufgewachsen ist, eine Stimme: seiner Mutter. In einer kunstvoll einfachen Sprache erfährt man von einer vergangenen Welt mit ihren farbigen Bildern und Geschichten. In Hackls Vergegenwärtigung ist sie dabei alles andere als idyllisch, immer aber wird die Würde und Besonderheit eines Menschenlebens bewahrt. (Pressetext)

Kurzkritik:

Hackls Romane sind wohlklingende Prosa über entsetzliche Begebenheiten. Sein Märchen für Erwachsene, „König Wamba“, ist auch ein sprachliches Vergnügen. Im Gedichtband „Dieses Buch gehört meiner Mutter“ aber bedient er sich einer gewöhnlichen Sprache in oft abgehacktem Rhythmus. Und die gefällt mir nicht.

Werner gibt  ★★☆☆☆  (2 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Das war ein Kapitel für sich

DIE Bauern und ihre Töchter,
das war ein Kapitel für sich.

Sie ließen sie nichts lernen,
sie ließen sie nichts wagen,
sie ließen sie nicht fort,
außer zum Einheiraten
auf einen anderen Hof,
außer als Dienstmagd
auf einen größeren Hof,
außer als Stubenmädchen
in die Stadt hin und wieder
und das war dann:
Abstieg wie Befreiung.
(…)

Erich Hackls Romane sind wohlklingende Prosa über entsetzliche Begebenheiten. Sein Märchen für Erwachsene, „König Wamba“, ist auch ein sprachliches Vergnügen. Im Gedichtband „Dieses Buch gehört meiner Mutter“ aber bedient er sich einer gewöhnlichen Sprache in oft abgehacktem Rhythmus. – Ich frage mich, warum?

Karg für karg

Die mögliche Antwort ist, dass er das karge Leben von Mühlviertler Bauern mit einer ebenso kargen Sprache beschreiben wollte. Das hat er getan, und es gefiele mir auch dann nicht, wenn die Texte nicht von Hackl wären.

Eine weitere Antwort auf meine Frage geht aus Hackls Nachbemerkung hervor. Darin erklärt der Autor nämlich, dass er für seine Texte verwendet hat, was seine Mutter und sein Vater ihm erzählt haben. Es ist also die Mutter, die in den Gedichten mit „Ich“ gemeint ist (und nicht, wie man oft annehmen könnte, der Autor selbst; insofern wäre es hilfreich, wenn diese Nach- eine Vorbemerkung wäre.) Darf man mutmaßen, Hackl habe mit seiner Sprache die seiner Mutter imitiert?

Die Prosa ist lyrischer als die Gedichte

Zwischen den Gedichten finden sich allerdings einige Prosaskizzen, deren Sprache überraschenderweise lyrischer ist als die der Gedichte. Etwa in dieser über die 1945 ins Land strömenden Russen:

Wegrennen, hinten hinaus, während sie vorn schon die schwere Haustür einschlugen. Zum Gattringer in den Graben, wo sie nie hinkamen. Oder mit den Rössern weit hinunter ins Waschenegg. Das Herz schlug mir bis zum Hals, hinter jedem Baum sah ich einen von ihnen sich ducken, und vor allem machte ich mir Sorgen um die Mutter. (…)

Fremdbestimmt

Ich begreife es einfach nicht, warum die Gedichte nicht ähnlich klingen. Wenn Hackl, wie er schreibt, auch zeigen wollte, „wie es Menschen trotz Armut und Mühsal gelingt, sich über die fremdbestimmten wie selbstverschuldeten Verhältnisse zu erheben“, warum hat er dann dafür eine so kunstlos einfache Sprache gewählt?

Und wenn Hackl seiner Mutter, wie er ebenfalls in der Nachbemerkung erwähnt, Einsichten gestattet hat, „die sie nicht auszudrücken vermochte oder zu denen sie nie gelangt ist“, warum ist er dann sprachlich nicht ähnlich verfahren?

Von Werner Schuster

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Infos:

Erich Hackl, geboren 1954 in Steyr, hat Germanistik und Hispanistik studiert und ein paar Jahre lang als Lehrer und Lektor gearbeitet. Seit langem lebt er als freier Schriftsteller, Publizist und Übersetzer in Madrid und Wien. Seinen Erzählungen, die in 25 Sprachen übersetzt wurden, liegen authentische Fälle zugrunde. „Auroras Anlass“ und „Abschied von Sidonie“ sind Schullektüre.

Mehr über Erich Hackl bei Wikipedia.

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