05/05/2007von 541 Views – 0 Kommentare

Baricco, Alessandro: City

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Cover Baricco CityRoman
Übersetzt von Anja Nattefort
Hanser/Wagenbach/dtv
Inhalt:

Die Mutter ist in einer Anstalt, der Vater General und weit weg. Wie könnte sich der zwölfjährige Wunderknabe Gould einsam fühlen, hat er doch bei einer Telefonumfrage Shatzy Shell kennengelernt, die bei ihm einzieht und sich am Telefon als sein Kindermädchen ausgibt? (Pressetext)

Kurzkritik:

Schade, dass Alessandro Bariccos Roman „City“ auf den letzten 50 Seiten formal und inhaltlich entgleist. Man hatte es sich so gemütlich einrichten können in den seltsamen Geschichten ausgesucht merkwürdiger Figuren.

Werner gibt  ★★★½☆  (3,5 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Ein Boxerleben am WC

Schade, dass Alessandro Bariccos Roman „City“ auf den letzten 50 Seiten formal und inhaltlich entgleist. Man hatte es sich so gemütlich einrichten können in den seltsamen Geschichten ausgesucht merkwürdiger Figuren.

Da ist einmal die Verlags-Praktikantin Shatzy Shell. Zu Beginn befragt sie die Leser der Ballon Mac-Groschenromane, ob dessen Mutter Jane in den nächsten Folgen sterben soll oder nicht. Per Telefon wird sie von einem Jugendlichen namens Gould davor gewarnt, dass in Kürze der zwei Meter siebenundvierzig große Diesel in Begleitung des glatzköpfigen, stummen Poomerang auftauchen und ihr die Telefonschnur um den Hals wickeln könnte. Denn Diesel vergöttert Mami Jane.

Wunderkind

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Weil Shatzy zu lange mit Gould telefoniert hat, wird sie entlassen – und bis zum Ende des Prologs besticht Baricco mit einem raffiniert gewobenen Erzählstrang-Verwirrspiel, um seine Geschichte in der Folge geradlinig weiterzuerzählen, allerdings nicht ohne ausgefallene Nebenhandlungen: Gould phantasiert am WC Szenen aus dem sonderbaren Leben eines Boxers, Shatzy schreibt an einem verrückten Western.

Der Hauptplot handelt vom 13-jährigen Wunderkind Gould, dem die Professoren anlässlich seines Studienabschlusses Hoffnungen auf den Nobelpreis gemacht haben. Er lebt alleine in einem geräumigen Haus, nachdem sein Vater fortgezogen ist, um in der Nähe seiner in einer Nervenheilanstalt internierten Frau zu wohnen. Gould engagiert Shatzy als sein Kindermädchen, und sie versucht, ihn für das zu begeistern, was Jugendliche für gewöhnlich interessiert – bis er vor allem davonläuft, nachdem er zum ersten Mal in seinem Leben einen Ball geworfen hat.

Die Figuren sind Straßen

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Auf dem Klappentext sowie im Internet unter www.abcity.it erklärt Baricco, dass dieses Buch wie eine Stadt konstruiert ist, „die Geschichten sind Stadtviertel, die Figuren sind Straßen“. Was auch immer das bedeuten mag, Baricco hat Freude am Fabulieren, er will seine Leser nicht belehren, sondern bietet ihnen Kurzweil mit fein gesponnenen Phantastereien. „City“ orientiert sich an der naiven Erzählkunst eines Brautigan, Irving oder Vonnegut, ohne epigonenhaft zu sein, und ist ziemlich amüsant.

Bis auf den Schluss. Der riecht zuerst nach tieferer Bedeutung. Da wird – in einem wohl als Schlüsselszene gemeinten Gespräch zwischen Shatzy und Goulds Vater – lang und breit erklärt, was ohnedies nicht schwer zu verstehen war, nämlich dass Gould „jemanden brauchte, der ihm dabei hilft, klein zu sein“. Dann schaltet sich kurz und unmotiviert Goulds Mutter als Ich-Erzählerin ein, dann bekommt Shatzy ein tragisches Lebensende verpasst, und für alle, die sich die ganze Zeit schon gefragt haben, was denn nun aus Gould geworden ist, wartet der Epilog schließlich noch mit einer Überraschung auf.

Eilig

Man wird den Eindruck nicht los, als hätte es Baricco plötzlich einfach nur eilig gehabt, seinen Roman zu beenden. Schade, wie gesagt: Man hätte auch gerne noch ein paar hundert Seiten – auf ein befriedigenderes Ende hin – weitergeschmökert. Und was wurde eigentlich aus Mami Jane?

Werner Schuster, © Standard, Album (2000)

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Infos:

Über Alessandro Baricco bei Wikipedia.

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