20/02/2013von 172 Views – 0 Kommentare

20/02/13: Fraul, der ging, ging weiter

Der Suhrkamp-Verlag schickt den Eselsohren unverlangt den neuen Roman von Robert Schindel zu, wahrscheinlich weil österreichischer Autor – Literaturmagazin aus Österreich. „Der Kalte“ wurde allseits hochgelobt, doch der erste Absatz animiert mich nicht dazu, weiterzulesen. Würde ein unbekannter Autor mit so einem holprigen Stil veröffentlicht werden?

Der Sturm wurde heftiger. Das Laub sauste und kreiselte, die Wolken rollten mit Tempo in den Westen, da und dort fielen Ziegel auf die Gehsteige. Der Bettler Ecke Kärntner Straße und Himmelpfortgasse, der als Krüppel vor seinem Hut gesessen war, sprang auf und rannte diesem hinterher, den der Sturm zum Stock-im-Eisen-Platz trieb. Auch Edmund Fraul, der eben über die Salztorbrücke ging, wurde der Hut vom Kopf gerissen. Schon schwamm der im Donaukanal und unter der Brücke weg. Fraul, vornübergebeugt, ging weiter, das schlohweiße volle Haar in alle Richtungen.

Der Bettler, der als Krüppel? (Ah, jetzt versteh ich‘s vielleicht: Er hatte nur vorgegeben, ein Krüppel zu sein.)
Jedenfalls: Rannte diesem hinterher, den der?
Fraul, der ging, ging weiter?

Na, ich weiß nicht. Ist das Absicht? Sollte nicht gerade der Anfang besonders gut sein? (Später kann man schon ein bisserl nachlassen.)

Es scheint aber so weiterzugehen (zufällig aufgeschlagene Seiten):
Seite 139: „Die Gehlen schien das ebenso aufgefasst zu haben, denn sie reagierte sogleich, ihr Antlitz, das eben noch Reste des Streits mit Gruber gezeigt hatte, verwandelte sich in die pure Liebenswürdigkeit, und so sprach sie ohne Ironie und ohne Unterstimme klar die Sätze: …“ (Ein Antlitz verwandelt sich in Liebenswürdigkeit?)
Seite 183: „,Du bist mir so wichtig geworden‘, sagte Inge.“
Seite 245: „,Jeder soll sich an neunzehnachtunddreißig erinnern. Was redest du daher? Für die Juden gibts keine Ausnahme. Das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus gilt für alle.‘“
Seite 476: „,Karel, das ist nicht schwer zu verstehen. Das verstehst du doch sehr genau. Aber es gefällt dir nicht.‘
,Was soll mir nicht gefallen?‘
,Das Thema. Die damalige Zeit.‘
,Diese damalige Zeit macht alles kaputt. Mit dieser Zeit ruiniert er dich. Versucht er auch mich zu ruinieren. Immer dieses Herumstiernl.‘“
(Geht‘s hölzerner?)

Nun, ich werde es später nochmals mit „Der Kalte“ versuchen. Es kann aber eine Weile dauern …

–––

Nachtrag

Klaus Nüchtern sieht das im Falter ähnlich:

(…), schlägt der allem Anschein nach unlektorierte Roman, der sich in Hinblick auf den Gebrauch der Modi und Tempora Freiheiten herausnimmt, die durch keine Grammatik des Deutschen gedeckt sind, die wüstesten Kapriolen

Folgender Absatz ist allerdings etwas hart geraten:

Auch Robert Schindel selbst kommt in seinem Roman vor. Er trägt dort den Namen Hirschfeld und meint einmal: „Ich bin und bleibe Lyriker.“ Damit hat er wohl recht.

Zur Besprechung „Waldheim heißt jetzt Wais“

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