24/06/2007von 533 Views – 0 Kommentare

Rilke, Rainer Maria: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

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Cover Rilke MalteProsa
Reclam, Insel, Fischer, dtv, …
Inhalt:

Vom ländlich-feudalen Dänemark in die Großstadt Paris gekommen, sieht sich der junge Dichter Malte Laurids Brigge mit Sinneseindrücken überhäuft. In seinen Tagebuchaufzeichnungen findet Malte Zuflucht. Zunächst genügt es ihm, sich schreibend gegen seine Machtlosigkeit in der ihn verschluckenden Großstadt zu wehren. Doch erwachen in ihm immer mehr Ängste. Auf der Suche nach Leitbildern verzweifelt er, Maltes innere Zerrüttung zeigt keine Anzeichen der Heilung. Am Ende sucht der junge Dichter im biblischen Gleichnis des verlorenen Sohnes Erlösung. (Pressetext)

Kurzkritik:

“Ein Buch ist für mich eine Art Schaufel, mit der ich mich selbst umgrabe,” soll Martin Walser einmal behauptet haben. Bei diesem Buch könnte es auch heißen, “mit der sich der Autor umgegraben hat”. Für mich ist der “Malte” vor allem eine Art Selbstfindungsbuch eines großen Lyrikers.

Das Leiden an der Welt, das den Lesern aus diesem, so der Autor, Prosabuch entgegenströmt, hat für mich manchmal etwas (Spät-)Pubertäres, besonders im letzten Kapitel: “Man wird mich schwer davon überzeugen, dass die Geschichte des verlorenen Sohnes nicht die Legende dessen ist, der nicht geliebt werden wollte.” Und: “Wahrscheinlich konnte er bleiben. Denn er erkannte von Tag zu Tag mehr, dass die Liebe ihn nicht betraf, auf die sie so eitel waren …”

Es stürbe sich hier

Aber das ist schon der Schluss dieses – in Anbetracht der Entstehungszeit – kühnen Werks. Im Mittelteil schildert Rilke die Kindheit Maltes in adeligem Umfeld – mit richtigen Gespenstern und dem “richtigen” Tod des Großvaters: “Früher wusste man (oder vielleicht ahnte man es), dass man den Tod in sich hatte wie die Frucht den Kern. (…) Meinem Grossvater noch, dem alten Kammerherrn Brigge, sah man es an, dass er einen Tod in sich trug. Und was war das für einer: zwei Monate lang und so laut, dass man ihn hörte bis aufs Vorwerk hinaus.” Am Beginn beschreibt Rilke die Großstadt, Paris um 1900, eine, Malte zufolge, entsetzliche Gegend: “So, also hierher kommen die Leute, um zu leben, ich würde eher meinen, es stürbe sich hier.”

Wer in diese poetische Prosa einmal hineinlesen möchte: Im “Projekt Gutenberg” ist das Buch hier abrufbar.

Werner gibt  ★★★★½  (4,5 von 5 Eselsohren)

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Infos:

Rainer Maria Rilke wurde als René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke am 4. Dezember 1875 in Prag geboren. Ab 1885 besuchte Rilke auf Druck der Eltern eine Militärrealschule zur Vorbereitung einer Offizierslaufbahn. Diese brach er jedoch 1891 wegen Krankheit ab. Mit Hilfe von Privatunterricht konnte er 1895 sein Abitur ablegen. Schon zu Schulzeiten begann Rilke zu schreiben. In den folgenden Jahren studierte er Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie in Prag, München und Berlin. 1896 lernte er in München Lou Andreas-Salomé kennenlernen, der er nach Berlin folgte. Mit ihr unternahm er 1899/1900 eine Reise nach Rußland und war von dem Land nachhaltig beeindruckte. Hier lernte er auch Tolstoj kennen. 1901 trennte er sich von der verheirateten Andreas-Salomé und heiratete Clara Westhoff, die Scheidung folgte allerdings schon im folgenden Jahr. Aufgrund finanzieller Engpässe nahm Rilke monographische Auftragsarbeiten an und reiste 1902 nach Paris, wo das Gedicht Der Panther entstand, das erste der „Neuen Gedichte“. Ab 1905 nahm er sein Philosophiestudium bei Georg Simmel wieder auf, lernte später auch Sigmund Freud kennen. Er unternahm Reisen nach Nordafrika, Ägypten und Spanien. Rilkes Tagebuchroman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge wurde 1910 veröffentlicht. 1919 siedelt er in die Schweiz über. In den 1920er Jahren erkrankte er an Leukämie, hielt sich wiederholt in Sanatorien auf und verstarb schließlich am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux in der Schweiz.

Über Rainer Maria Rilke bei Wikipedia,
mehr von ihm bei den Eselsohren.

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