30/08/2011von 1.564 Views – 0 Kommentare

Wells: Fast genial / McCarten: Liebe am Ende der Welt

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Buchcover McCarten Liebe am Ende der Welt
  • Roman
  • Hardcover
  • 368 Seiten
  • Erschienen 2011 bei Diogenes
  • McCarten: Aus dem Englischen von Manfred Allié
  • Originalausgabe: „Spinners”, 1999

Inhalt:

„Liebe am Ende der Welt“: Drei unschuldige Mädchen, die plötzlich schwanger sind. Von Außerirdischen, versichern sie. Ein spannender Roman über Wunder, Täuschungen und die Geschichten, die wir erfinden, um uns vor der Wahrheit zu schützen. Und eine phantastische Liebesgeschichte.

Buchcover Wells Fast genial
  • Roman
  • Hardcover
  • 336 Seiten
  • Erschienen 2011 bei Diogenes

Inhalt:

Die unglaubliche, aber wahre Geschichte über einen mittellosen Jungen aus dem Trailerpark, der eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, und sich auf die Suche nach ihm macht – das Abenteuer seines Lebens.

Kurzkritik:

Benedict Wells‘ neuer Roman „Fast genial“ wird allerorten hochgelobt und es ist – wahrscheinlich wegen des Titels – von einem genialen Buch die Rede.

Wie sollte man dann Anthony McCartens „Liebe am Ende der Welt“ beschreiben? – „Hypergenial“ wäre übertrieben, handelt es sich doch schlicht und einfach um ein ziemlich gutes Buch.

Und wie ist nun „Fast genial“? – Hm, wäre es Wells‘ Erstling, würde ich von einer Talentprobe sprechen. Bei einem dritten Buch kann ich das handwerklich Unausgegorene nicht mehr verzeihen. (Werner)

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Besprechung:

Nicht genial und ziemlich gut

Benedict Wells‘ neuer Roman „Fast genial“ wird allerorten hochgelobt und es ist – wahrscheinlich wegen des Titels – von einem genialen Buch die Rede.

Wie sollte man dann Anthony McCartens „Liebe am Ende der Welt“ beschreiben? – „Hypergenial“ wäre übertrieben, handelt es sich doch schlicht und einfach um ein ziemlich gutes Buch.

Unausgegoren

Und wie ist nun „Fast genial“? – Hm, wäre es Wells‘ Erstling, würde ich von einer Talentprobe sprechen. Bei einem dritten Buch kann ich das handwerklich Unausgegorene nicht mehr verzeihen.

„Fast genial“ handelt von einem amerikanischen Jungen, der sich auf die Suche nach seinem Samenspender macht. Er lässt eine depressive Mutter zurück und wird begleitet von einem Nerd (d.i. ein besonders in Computer vertiefter Mensch) und einem Mädchen, das einen Selbstmordversuch hinter sich hat.

Konstrukte

Hintergrund der Geschichte ist ein eugenisches Experiment (ein reicher N-Amerikaner wollte besonders intelligente Menschen züchten). Ich nehme an, Wells hat sich als Schauplatz seine Heimat Deutschland deshalb nicht ausgesucht, weil er sonst um die Nazithematik nicht herumgekommen wäre. Und das wollte er meiner Mutmaßung nach nicht.

Also ist er monatelang in den USA herumgereist, um zu recherchieren. Dennoch wirken die Figuren in seinem Buch, als hätte er sein Wissen über US-Jugendliche aus anderen Romanen. Schlimmer ist für mich allerdings, dass er sie nicht „zum Leben erweckt“ hat. Sie sind und bleiben Konstrukte. Die Handlung erzählt Wells wiederum einfach drauflos, mit einer fast schon nüchternen Sprache – und ohne Raffinesse, dafür mit ein paar Überraschungen, deren Wirkung allerdings kurzlebig ist.

An UFO has landed, has it?

Ganz anders McCarten. Der lässt „Liebe am Ende der Welt“ in einem Kaff seines Geburtslandes Neuseeland spielen, und man könnte meinen, er wollte nicht mehr als eine gute Geschichte erzählen. Ich glaube nicht, dass er sich vorgenommen hatte, einen Roman über die Liebe im Allgemeinen und auch im Besonderen zu schreiben. Für mich ist es jedenfalls so einer geworden.

In besagtem Kaff will die 16jährige Delia Kontakt mit Außerirdischen gehabt haben. Alle wollen natürlich wissen, ob das so stimmen kann. Und bald stellt sich auch noch heraus, dass sie schwanger ist.

Is it love?

McCarten beschreibt ein ganzes Dorf mit Menschen, die zweifellos Romanfiguren sind, aber leichten Herzens als realistisch angenommen werden können. Und zwar ausnahmslos alle. Man kann sie genauso mögen, wie der Autor sie meinem Dafürhalten nach mochte. Und zwar ausnahmslos alle.

Diese weder besonders Guten noch besonders Bösen sind alle in das vordergründige Thema verstrickt, ob denn nun tatsächlich Außerirdische gelandet sind. Und hintergründig geht‘s ständig, wie bei uns allen, um Liebe. Nicht bloß um die Liebe eines Paares, sondern darum, was Liebe aus uns macht. Und was wir aus der Liebe machen.

Radarfalle

Die Geschichte ist gut konstruiert, aber man merkt es ihr nicht an, und sie ist gut erzählt (und „angenehm“ zu lesen). McCarten gebraucht ein paar bewährte Kniffe (etwa das wiederkehrende Nebenmotiv: z.B. kündigt der Ortspolizist zu Beginn an, eine Radarfalle aufzustellen, was später auch geschieht, jedoch im UFO- und Schwangerschafts-Trubel untergeht; und gegen Ende zu wird einer von Delias Verehrern geblitzt, als er ihr mit dem Auto nachrast).

Anders gesagt: Wir wissen immer, dass wir bloß einen Roman lesen, und wie wunderbar ist es, wenn man das immer wieder vergisst und dem Autor aufs Wort glaubt.

Glücksspiel

Bei „Fast genial“ habe ich das nie vergessen. Schon gar nicht im Finale am Roulette-Tisch. Ja, Glücksspiel hat schon mit dem Thema des Romans zu tun (wie kommen wir zu unseren Anlagen und was machen wir daraus), aber dass der Hauptfigur nichts anderes einfällt, als – sinngemäß – Lotto zu spielen (und wenn sie gewinnt, wird alles gut), ist so gewöhnlich wie die Handlungsführung.

Wells‘ Kniff mit dem offenen Ende war für mich unerquicklich. Während McCarten die Frage, ob Delia denn nun Kontakt mit Außerirdischen gehabt hat oder nicht, nicht einmal zu beantworten braucht, und man hat das Buch dennoch befriedigt zu Ende gelesen.

Von Werner Schuster

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Infos:

Mehr über Benedict Wells und über Anthony McCarten bei Wikipedia.

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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