Tolino vs. Kindle
In Berlin hat Anfang März eine Allianz der Großfilialisten Thalia, Hugendubel, Weltbild, des Club Bertelsmann und der Telekom die neue E-Reading-Plattform Tolino angekündigt. Mit dem gleichnamigen Lesegerät und dem gesamten E-Book-Angebot aller Partner soll die größte flächendeckende Lösung für das digitale Lesen im deutschsprachigen Raum geboten werden.
Anders als bei Amazon, wo die Kindle-E-Books nur auf den Amazon-Geräten bzw. in den Kindle-Apps gelesen werden können, sollen die bei den Tolino-Partnern gekauften Inhalte in der Telekom-Cloud kostenlos und dauerhaft gespeichert werden können. Der Zugriff soll von beliebigen Endgeräten aus möglich sein.
Freies Shoppen
Wo man also ein E-Book für den Tolino kauft, spielt keine Rolle (solange es nicht bei Amazon ist). Auf dem E-Book-Reader ist zwar der Online-Laden des jeweiligen Anbieters vorinstalliert, bei dem man das Gerät erworben hat. Doch bei den anderen Partnern (und auch Drittfirmen wie Google oder Kobo) darf der Kunde ebenso frei shoppen. Auch eigene Inhalte darf man hochladen. Außen vor bleiben nur DRM-geschützte Inhalte von Amazon und Apple – deren Kopierschutz auszuhebeln, verbietet das Gesetz. Weiters ist freies Websurfen über den integrierten Browser möglich.
Der Vergleich
Ob der „Tolino shine“ besser als der Kindle ist, kann erst nach ausführlichen Tests verifiziert werden. literaturcafe.de meint, „die Lesefläche ist im unteren Bereich, wo sich die LEDs befinden, sogar gleichmäßiger ausgeleuchtet als beim Kindle. Typografisch arbeitet der Tolino etwas besser als der Kindle.“ Die Hersteller-Angaben sind jedenfalls sehr ähnlich:
|
Kindle Paperwhite |
tolino shine |
---|---|---|
Bildschirm | 6 Zoll, 16 Graustufen, 212 ppi, Beleuchtung | 6 Zoll, 16 Graustufen, 1024 x 758 Punkte, Touch, Beleuchtung |
Maße | 169 mm x 117 mm x 9,1 mm | 175 x 116 x 9,7 Millimeter |
Gewicht | 213 Gramm | 183 Gramm |
Speicher | 2 GB interner Speicherplatz (1,25 GB frei) | 4 GB (2 GB frei) |
Kartenslots | keiner | MicroSD |
Textformate | Kindle Format 8 (AZW3), Kindle (AZW), TXT, PDF, ungeschützte MOBI, PRC nativ | ePub, PDF (mit DRM), TXT |
Zusatzfunktionen | WebKit-Browser | Webbrowser |
Funkverbindung | WLAN | WLAN |
Akkulaufzeit | bis zu 8 Wochen | bis zu 7 Wochen |
Preis | € 129 | € 99 |
Verfügbare Bücher (deutschsprachig) |
120.000 | 300.000 |
Auffällig ist, dass der Tolino angeblich wesentlich mehr Bücher anbietet als Amazon für den Kindle. Um die Bestseller-Dichte muss man sich hier wie da nicht sorgen, in Sachen Indie-Autoren und Gratis-Titel ist Amazon aber weit voraus. Ein eigenes Self-Publishing-Angebot steht zumindest nicht weit oben auf der Agenda der Partner. Ein großes Plus des Tolino ist jedenfalls die Offenheit des Systems.
Ihr habt eure E-Books von Amazon nur geliehen
Die kostenlosen Klassiker bei Amazon sind jedenfalls mit Vorsicht zu genießen (siehe „Geschenkt ist zu billig“). Und dass einem die Kindle-Bücher gar nicht gehören, erfährt man meistens erst, wenn man sein Amazon-Konto kündigt: Damit verschwinden auch die E-Book-Inhalte, für die man bezahlt hat, allerdings bloß eine Lizenzgebühr. In der Tolino-Cloud kann man sowohl gekaufte Bücher als auch eigene Dokumente dauerhaft im Internet speichern (insgesamt 25 Gigabyte).
Nook
Ob der Kampf gegen Amazon und Co. gewonnen werden kann, bleibt dennoch offen. Wenig optimistisch stimmen die jüngsten Probleme des größten US-Buchhändlers Barnes & Nobles. Das US-Unternehmen hat schon 2009 einen eigenen E-Reader namens Nook auf den Markt gebracht. Hilfe bekam der Buchhändler dabei von Microsoft, der bis zu 300 Millionen Dollar investierte. Experten gaben dem Gerät zwar gute Noten, doch hat Nook dem Händler bisher vor allem Kosten beschert, ohne den gewünschten Erfolg zu verbuchen.
Leiharbeiter
Was der Tolino-Allianz im Moment helfen könnte, ist die Amazon-Leiharbeiter-Affäre (siehe hier) in Deutschland, die dem Ansehen des Unternehmens geschadet hat. Wie lange die Entrüstung (eines Teils) der Kunden andauern wird, lässt sich allerdings nicht sagen.
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- von: red
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