05/05/2007von 509 Views – 0 Kommentare

Oates, Joyce Carol: Zombie

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Cover Oates ZombieRoman
Aus dem Amerikanischen von Renate Orth-Guttmann
Deutsche Verlags-Anstalt (2000)
Inhalt:

Er ist ein Problem für seinen Professoren-Vater und seine ihn liebende Mutter – und natürlich glauben sie nicht, dass ihr Sohn tatsächlich für das verantwortlich ist, was man ihm vorwirft.
Er ist eine Herausforderung für seinen Psychiater, der sich ablenken lässt von der wachsenden Offenheit seines Patienten, Quentins Bereitwilligkeit, über seine Träume zu reden.
Er ist nichts als ein zauberhafter junger Mann, fragt man seine Großmutter, die ihm kaum etwas abschlagen kann.
Er ist einer der glaubwürdigsten und erschreckendsten Psychopathen und Serienkiller, die je von einem Autor zum Leben erweckt wurden. (Pressetext)

Kurzkritik:

Dieser Roman ist nicht wie ein normaler Krimi zu konsumieren. Nicht nur, weil Oates das Bedürfnis der Leserschaft nach einem Happy End nicht bedient. Sie bewertet Q.P.s Treiben auch nicht. Man liest über jemanden, der so ist, wie er ist, der macht, was er macht, verheimlicht, was er verheimlicht. Das Bedrohliche an „Zombie“ ist nicht, daß Q.P. immer noch frei herumläuft, sondern daß ihm die Bestie nicht ins Gesicht geschrieben steht. Und daß er aus einem Bedürfnis nach Liebe heraus handelt.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

Killing for company

Ihr erster Versuch ist fehlgeschlagen, ihr zweiter schlägt sich auf den Magen. Schon 1976 hat die amerikanische Autorin Joyce Carol Oates ein Buch über einen Serienmörder zu schreiben begonnen – über die Angst und den Schrecken, welchen ein solcher Triebtäter in einer Stadt verbreitet –, war jedoch nicht zufrieden damit. Mit ihrem Buch „Zombie“ verbreitet sie jetzt selber Angst und Schrecken, und zwar weltweit.

Schon die handschriftlichen Kapitelnummern verleihen „Zombie“ etwas Rohes und auch Authentisches – mehr noch die Zeichnungen, welche von einem Jugendlichen zu stammen scheinen und nicht von einem 31-jährigen mit hohem IQ. Dann sind da noch diese „&“, die dieser 31-jährige statt „und“ schreibt und die seinem trostlosen, schrecklichen Bericht gehetzt wirken lassen.

Eispicker

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Außerdem spricht einen dieser Q.P. selbst an, beschreibt sein einsames, verborgenes, kontrolliertes Leben als Mörder wider Willen – Q.P. will sich ja „nur“ einen Zombie schaffen, ein Wesen, das ihm untertan ist. Er fängt sich (nach dem Vorbild des Serienmörders Jeffrey Dahmer) Menschen ein, die niemandem abgehen, und führt ihnen unter dem Augenlid einen Eispicker ein, um Gewebe an der Basis ihrer Stirnlappen zu durchtrennen – doch seine Operationen mißlingen und er muß die Leichen entsorgen. Erwischt hat man Q.P. bisher nur dabei, wie er einen 12-jährigen Schwarzen zu überwältigen versuchte. Jetzt muß er jede Woche zur Einzel- und zur Gruppentherapie. Seinen Therapeuten und seinem Bewährungshelfer erzählt er, was diese hören wollen.

Hausmeister

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Ebenso seiner Familie: Seine Mutter macht sich liebevoll Sorgen um ihren Sprößling. Seine Schwester, eine Schuldirektorin, versucht ihn ins normale Leben zurückzuführen. Seine Großmutter steckt ihm für Gartenarbeit reichlich Geld zu. Sie bemerken nicht, wen sie da vor sich haben. Und falls doch: Würden sie es sich eingestehen (können)?

Neben seiner Tätigkeit als Hausmeister (die ihm sein Vater, ein hochrangiger Wissenschaftler, verschafft hat) besucht Q.P. ein College – und hat sich im Keller des Hauses ein Labor eingerichtet. Obwohl er weiß, daß er sich seine potentiellen Zombies unter Stadtstreichern und Drogenabhängigen aussuchen sollte, „verliebt“ er sich in einen weißen Mittelstands-Jungen und heckt generalstabsmäßig einen Plan aus, wie er diesen in seine Gewalt bringen könnte.

Beklemmung

Ab diesem Punkt wird man sich vielleicht nicht verzeihen, daß die angewiderte Beklemmung beim Lesen immer wieder in normale Thriller-Aufgeregtheit kippt: Wird der Böse es schaffen? Wird man ihn stoppen können? Wird er sich verraten? Wie wird er sich verraten? – Q.P. verrät sich nicht. Q.P. schafft es zwar nicht, aber er wird auch nicht gefaßt. Eine Zeit lang hat es den Anschein, als würde er von seinem zwanghaften Tun ablassen. Aber dann sitzt er bei seiner Schwester und spielt den Gesellschaftsfähigen und denkt daran, wie er es das nächste Mal anlegen wird, endlich zu seinem Zombie zu kommen.

Liebesbedürftig

Das alles kann man verraten, weil dieser Roman ohnedies nicht wie ein normaler Krimi zu konsumieren ist. Nicht nur, weil Oates das Bedürfnis der Leserschaft nach einem Happy End nicht bedient. Sie bewertet Q.P.s Treiben auch nicht. Man liest über jemanden, der so ist, wie er ist, der macht, was er macht, verheimlicht, was er verheimlicht. Das Bedrohliche an „Zombie“ ist nicht, daß Q.P. immer noch frei herumläuft, sondern daß ihm die Bestie nicht ins Gesicht geschrieben steht. Und daß er aus einem Bedürfnis nach Liebe heraus handelt.

Zurechtstutzen

Und das tun wir doch alle, auch wenn wir unser Verlangen in der Regel anders ausdrücken als durch „killing for company“ (wie das Sachbuch über den Serienmörder Dennis Nilsen heißt). Aber: Ein bißchen zurechtstutzen wollen wir unsere Partner schon, damit sie besser zu uns passen. Und alle unsere Beziehungen haben ihre Gebräuche, die mit den Mordritualen eines Q.P., Dahmer oder Nilsen doch wirklich nichts gemein haben. – Könnte einen der Vergleich unsicher machen? Besser nicht nachdenken. Denn das Böse ist immer irgendwo da draußen. Oder etwa nicht?

Werner Schuster, © Presse, Spectrum (2000)

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Infos:

Über Joyce Carol Oates bei Wikipedia.

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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