09/09/2010von 1.143 Views – 0 Kommentare

Shrigley, David: Äh – was machst du da eigentlich?

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Buchcover

  • The essential David Shrigley
  • Broschiert
  • Erschienen 2010 bei Eichborn
  • Aus dem Englischen von Beeke Heller und Karsten Kredel
  • Originalausgabe: „What the hell are you doing?“, 2010


Inhalt:

Seine Bilder sind bizarr, abgründig, albern, tieftraurig, voller Schalk. Und sie sind vor allem eines: unverwechselbar. David Shrigley, ein Held des schwarzen Humors und ein Star der Indie-Szene, hat eine Botschaft, auch wenn diese oft mit einem hintergründigen Grinsen daherkommt. Jedes seiner scheinbar nur hingekritzelten Bilder birgt eine überraschende und erhellende Perspektive – es ist, als würde man in einen Abgrund blicken und dabei schallend lachen. (Pressetext)

Kurzkritik:

Shrigley ist scheiß-lustig.

Werner gibt  ★★★★½  (4,5 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

DAS IST ECHT TOTAL SCHEISSE UND DAS WEISST DU GENAU

Der Eichborn-Verlag hat „The essential David Shrigley“ herausgebracht – mit einem launig-klugen Vorwort von Will Self. Der vergleicht Shrigley mit Dr. Seuss, Edward Gorey oder Lear (weil die alle „abgeschlossenem amorphe Welten erschaffen“). Für den gelingt Shrigley als Einzigem der „feine Balanceakt von Bild mit Text“. Self ist auch aufgefallen, dass Shrigleys Pointen „immer in einer anderen Dimension als das Setup“ liegen (und nach einer oberflächlichen Überprüfung muss ich ihm Recht geben). Und laut Self „nimmt Shrigley die Bildtheorie aus Wittgensteins ,Tractatus logico-philosophicus‘, knüllt sie zusammen und wirft sie ungefähr in Richtung Papierkorb“ (– wird wohl stimmen).

Und das sind meine Ergänzungen dazu:

1.) Sitzen zwei Hasen vor einem blauen Hintergrund, sagt der eine, NICHT WEIT VON HIER LIEGT EIN LAND, IN DEM KANINCHEN IM EINKLANG MIT ALLEN ANDEREN WESEN LEBEN, antwortet der andere, DAS IST ECHT TOTAL SCHEISSE UND DAS WEISST DU GENAU.

2.) Steht in einen Grabstein eingemeißelt: BREAD, MILK, CORNFLAKES, BAKED BEANS, TOMATOES, ASPIRIN, BISCUITS.

3.) Treten zwei Fußballmannschaften gegeneinander an, in der einen spielen Einbeinige, kommentiert die andere: WIR RECHNETEN MIT EINEM LEICHTEN SIEG – WIR WAREN SO KLAR IM VORTEIL – DOCH WIR MUSSTEN UNS MIT EINEM UNENTSCHIEDEN ZUFRIEDEN GEBEN – ES WAR FRUSTRIEREND.

Das funktioniert nicht. Man muss dazu Shrigleys „schlechte“ (also absichtlich schlechte) Zeichnungen sehen, die z. B. meiner bald 13-jährigen Tochter Angst machen.

Shrigleys Schnittmenge

Aber vielleicht klappt‘s mit der Beschreibung des Bildes einer Schnittmenge: Drei Kreise; oben links steht WIR SINGEN, oben rechts steht WIR TANZEN, die Schnittmenge ist WIR SINGEN UND TANZEN. Die Schnittmenge aller drei Kreise lautet WIR SINGEN UND TANZEN UND KLAUEN. Weil sich alle drei Kreise schneiden, gibt es auch ein Segment mit WIR SINGEN UND KLAUEN und eines mit WIR TANZEN UND KLAUEN sowie die Menge WIR KLAUEN. – Ich finde das amüsant. Es ist scheiß-lustig.

Denn wie bei den meisten anderen Werken ist auch bei diesem die Pointe schmerzlich. Viel besser gesagt: Es ist unangenehm, die Pointe zu verstehen. Die Erkenntnis dessen, was hinter dieser Pointe steckt, schmerzt.

Shrigleys Existenzialismus

In Ergänzung also zu Selfs Wittgenstein-Exegese unterstelle ich Shrigleys Werk Existenzialismus (den ich zumindest zu verstehen annehme) und zitiere beinhart Wikipedia: „Die Notwendigkeit der Befreiung des Menschen zu seinen eigenen Möglichkeiten zeigt sich in den Erfahrungen von Absurdität, Ekel, Angst, Sorge, Tod und Langeweile“.

Müssen wir uns Sisyphos deswegen als einen glücklichen Menschen vorstellen? Auf einem von Shrigleys Bildern kraxelt zumindest ein Strichmännchen eine Leiter hinauf, die an eine Wand gelehnt scheint, aber genauso gut ins Leere hängen könnte. Im Zentrum des Bildes ist die Leiter jedenfalls zu Ende – und was steht darüber? – FÜHRT ZU NICHTS. Und was macht das Strichmännchen? – Es grinst. Ob es glücklich ist, kann ich nicht sagen.

Von Werner Schuster

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Infos:

David Shrigley wurde 1968 geboren und lebt in Glasgow. Sein Werk umfasst Skulpturen, Gemälde, Animationen, Texte und Fotografien, er hat Videos für Blur und Bonnie Prince Billie animiert. 2005 brachte er eine Platte ohne Musik heraus, nur das Cover und Texte, die prompt vertont wurden – u. a. von Hot Chip, Grizzly Bear, Franz Ferdinand, David Byrne, TV on the Radio und Scout Niblett. Seine Kunst wurde in New York, London, Paris, Berlin, Melbourne und vielen anderen Orten der Welt ausgestellt.

Mehr über David Shrigley bei Wikipedia.

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Literaturmagazin Eselsohren – 

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