26/03/2011von 464 Views – 0 Kommentare

Zum Beispiel Woolf, Teil 3

Zum ersten Teil
Zum zweiten Teil

1917 – 1941

Stephen Tomlins Virginia-Woolf-Büste auf der Mauer von Monks House
© Oliver Mallinson Lewis

Warum sich die Woolfs eine Druckerpresse anschafften, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Angeblich wollte Leonard Virginia eine manuelle Beschäftigung verschaffen, auf der anderen Seite beabsichtigen beide, ihre Werke selbst zu veröffentlichen und sich so von Verlagen unabhängig zu machen.

Jedenfalls brauchten sie ungefähr zwei Monate, um die 150 34-Seiten-Exemplare ihrer ersten Publikation – mit je einer Erzählung von Virginia und Leonard – herzustellen. Bald legten sie sich eine bessere Maschine zu und bis 1932 setzen, druckten und banden sie ihre Bücher selbst und besorgten auch den Vertrieb.

Hogarth Press

Der Verlag Hogarth Press schrieb von Anfang an Gewinne (wenn man die Arbeitsstunden unberücksichtigt lässt) und wurde schließlich zu einem der renommiertesten Verlage der britischen Literaturszene. Als Lektorin entdeckte Virginia Woolf etwa T. S. Eliot, publizierte amerikanische und russische AutorInnen sowie etwa auch Svevo, Rilke, Keynes und Freud. – Nicht veröffentlichen wollte sie Sartre, Auden, Bellow und Joyce.

Die wichtigste Autorin war jedoch sie selbst: Ab ihrem dritten Roman, „Jacob’s Room“ (1922), erschienen ihre Werke bei Hogarth Press. 1929 verdiente sie damit ca. 3.000 Pfund (– in dem im selben Jahr veröffentlichten berühmten Essay „A Room of One‘s Own“ sprach sie davon, dass eine Frau außer einem Zimmer für sich allein im Jahr 500 Pfund zur Verfügung haben sollte, um selbständig sein zu können. – Mehr dazu hier.)

Orlando

Mit diesem Essay wurde die außerhalb Englands kaum bekannte Virginia Woolf ab den 1970er Jahren von der Frauenbewegung für sich entdeckt. Doch Woolf war, wenn überhaupt, nicht bloß eine Vorreiterin dieser Bewegung, sondern zählt neben Joseph Conrad, James Joyce und D. H. Lawrence zu den wichtigsten AutorInnen der modernen englischen Erzählliteratur.

Damit ist nicht ihr – seit der Verfilmung 1992 – bekanntes Buch „Orlando“ (1928) gemeint, den zu verfassen für sie wie Urlaub gewesen sein soll (Orlando ist ein junger Adeliger, der gut 300 Jahre lebt. Ein zentrales Ereignis ist die Wandlung Orlandos zur Frau, womit Woolf die Rollen von Mann und Frau hinterfragt), sondern die experimentellen Romanen.

Die experimentellen Romane

In „Mrs Dalloway“ (1925) stellte Woolf das Geschehen durch die Gedankenwelt, die Stimmungen und Eindrücke der verschiedenen Romanfiguren dar. In „To the Lighthouse“ (1927) wird auf eine traditionelle Handlung verzichtet, die Hauptfigur spiegelt sich im Bewusstseinsstrom der anderen Figuren wider. In „The Waves“ (1931) gibt es keine berichtende Erzählerin, keine greifbare Handlung, keinen bestimmten Schauplatz; das Werk besteht ausschließlich aus den inneren Monologen von sechs ProtagonistInnen.

Dazwischen schrieb sie auch eher konventionelle Romane, mehr als 500 ebenso kluge wie kritische und ironische Essays, Buchbesprechungen (zum Geldverdienen) und Briefe, welche auch ihre unterhaltsame und humorvolle Seite zeigen. Ihr Hauptwerke zu verfassen kostete Woolf jedenfalls enorm viel Kraft, was sie gesundheitlich, vor allem psychisch, sehr belastete. Oft löste die Furcht vor negativer Kritik und Unsicherheit über ihr eigenes Werk Krankheitsschübe aus.

Selbstmord

Nachdem ihr Zustand längere Zeit relativ stabil geblieben war, resignierte sie vor einem abermaligen Ausbruch ihrer Krankheit. 1919 hatten die Woolfs das Monks House in Sussex gekauft. Nachdem England Deutschland 1939 den Krieg erklärt hatte, lebten sie ausschließlich dort.

Hier vollendete Virginia Woolf Ende 1940 ihren letzten Roman „Between the Acts“, der die Frage nach der Abstammung, den Gemeinsamkeiten und den Unterschieden zwischen Mensch und Tier behandelt. Als sie ihn nicht veröffentlichen wollte, ahnte Leonard, dass sie langsam wieder in ihren Wahn hineintrieb. Am 28. März 1941 schrieb sie an ihn: „Ich glaube, dass wir eine solche schreckliche Zeit nicht noch einmal durchmachen können. Ich höre Stimmen, und ich kann mich nicht konzentrieren. Darum tue ich, was mir in dieser Situation das Beste scheint. Ich kann dein Leben nicht länger ruinieren.“

Sie verließ das Haus und ertränkte sich, in einem mit Steinen beschwerten Mantel, in einem Fluss.

Werner Schuster

Zum ersten Teil
Zum zweiten Teil
Zur Besprechung von „Ein eigenes Zimmer“


Quellen:
– Rowohlt-Monographie Virginia Woolf von Werner Waldmann
– Wikipedia: Virginia Woolf

Erhältlich bei Amazon:
– Mrs Dalloway
Der Leuchtturm
Orlando
Ein eigenes Zimmer
Die Wellen

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