22/05/2013von 301 Views – 0 Kommentare

Nachrufe auf Sarah Kirsch

Wie heute bekannt wurde, ist die Lyrikerin Sarah Kirsch am 5. Mai 2013 im Alter von 78 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Heide (Holstein) gestorben.

Sarah Kirsch, 1935 in Limlingerode/Harz geboren, studierte Biologie und Literatur und lebte bis zu ihrer Ausbürgerung 1977 im Osten Berlins. Sie siedelte zunächst in den Westen der Stadt über und lebte danach bis zu ihrem Tode als freie Schriftstellerin und Malerin in Schleswig-Holstein. Für ihr dichterisches Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis, dem Jean-Paul-Preis, dem Peter-Huchel-Preis sowie dem Johann-Heinrich-Voß-Preis.

Mehr über Sarah Kirsch bei Wikipedia.

Sarah Kirschs Werke erschienen seit 1980 bei der Deutschen Verlags-Anstalt. „Mit dem Tod Sarah Kirschs verlieren wir, verliert die deutschsprachige Literatur eine ihrer wichtigsten, eigenwilligsten und poetisch kraftvollsten Stimmen“, so Thomas Rathnow, Verlagsleiter der DVA.

Nachrufe

Die Erneuerin deutscher Naturlyrik
Die deutsche Lyrik erlebte in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren der DDR eine bis heute nicht mehr erreichte Blüte. Sarah Kirsch trug diese Tradition von ihrer norddeutschen Randlage aus wohl am publikumswirksamsten weiter. Wobei man ihre Lyrik und die gleichgewichtigen lyrischen Prosanotizen mitunter auch als Idyllik missverstand. Nichts lag Sarah Kirsch ferner als eine Verklärung der Natur oder eine Verharmlosung der Naturgewalten, deren Zerstörungskraft sie kannte und zum Bild mitreißender Leidenschaft oder finsterster Depression machte.
Die Welt →

Sie verführte sogar Nichtleser
1976 unterzeichnete Sarah Kirsch einen Protestbrief gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, was ihren Ausschluss aus der SED und aus dem Vorstand des DDR-Schriftstellerverbandes zur Folge hatte. Kurz darauf siedelte sie in die BRD über. Sie bezeichnete diesen Bruch lapidar als „Umzug“, sie schrieb einfach weiter – mir großem Erfolg. In späteren Texten finden sich allerdings auch zornige und spöttische Rückblicke, etwa auf den Fernsehturm, den sie aus ihrer Berliner Wohnung sah: Ein „Potenzminarett“, das sie „gern in den Himmel gesprengt“ hätte. Aber auch im Westen blieb sie unangepasst: 1992 lehnte Kirsch eine Berufung an die Berliner Akademie der Künste ab mit der Begründung, diese böte ehemaligen Stasi-Mitarbeitern Unterschlupf.
Frankfurter Rundschau →

Ach, geh nicht weck
Alle gängigen Charakterisierungen versagen angesichts ihres Werkes. Wer Sarah Kirsch als Naturlyrikerin bezeichnet, kann zwar darauf hinweisen, dass die Tier- und Pflanzenwelt, die geologischen Gegebenheiten und die Wetterverhältnisse in ihren Versen einen breiten Raum einnehmen, muss aber zugleich zugeben, dass sie stets lässig kombiniert oder kontrastiert werden mit oder von Alltags- und Zauberformeln, Befindlichkeitsbekundungen und Mehrdeutigkeiten, die eine politische oder erotische Lesart mindestens nicht ausschließen, eher jedoch nahelegen, so dass sie mit gleichem Recht als Liebeslyrikerin und als politische Lyrikerin bezeichnet werden kann.
FAZ →

Die Luftspringerin
„Auf und davon und beizeiten / Den Königen aus dem Blick ich die / Frau Lot bin wieder beweglich“, so heisst es, fast ein wenig frivol und aufrührerisch, in dem Gedicht „Luftspringerin“ aus dem Band „Schneewärme“ von 1989. Man darf das getrost autobiografisch lesen und es gleichzeitig als poetologischen Kommentar auffassen. Sarah Kirsch war eine grosse „Luftspringerin“, die sich im Leben nicht und noch weniger in der Kunst festmachen liess, die zwar von der Natur als Mitgift die Melancholie über das ständige Vergehen erhalten, von ihr aber gleichzeitig das Gesetz der ewigen Verwandlung gelernt hatte.
NZZ →

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