Verlagsgeschichte Residenz

1956
Am 13. November erhält Wolfgang Schaffler die Konzession für den Betrieb eines Buchverlags. Er nennt ihn Residenz Verlag. Erste Verlagsadresse ist die Franz-Josef-Straße 14 in Salzburg. Salzburg ist freilich nicht nur Verlagsstandort, sondern zugleich auch Programm: Die erste Publikation unter dem Label „Residenz Verlag” hat (wohlgemerkt im Jahr des 200. Geburtstags des Genius loci Wolfgang Amadeus Mozart) Salzburg zum Thema: „Salzburg – Die schöne Stadt”. Der erste Satz, der unter der neuen Marke erscheint, lautet: „Manchmal umfängt es uns, daß wir dahinwandern wie im Traum.”
Der Gründung des Verlags ging eine etwa 10-jährige Geschichte verlegerischer Arbeit voraus. Bereits 1945 gründete Wolfgang Schaffler gemeinsam mit Alois Hofmann mit Genehmigung der amerikanischen Behörden den „Festungsverlag”. Hier erscheint im April 1946 erstmals das „Alpenjournal”, aus dem sich später der „Almanach der Salzburger Festspiele” entwickeln sollte, der auch noch heute alljährlich erscheint.

1958
Mit einem Buch von Clemens Hutter über die Kunst des schönen Skilaufs landet der Verlag seinen ersten großen kommerziellen Erfolg: 35.000 Exemplare werden von „Wedeln” bis 1960 verkauft, dazu noch fünf Lizenzen.

1961
Rudolf Bayr ist der erste Lektor und der erste Dichter des Verlags in Personalunion. Neben Bayr kann der angehende Literaturverleger Wolfgang Schaffler auch seinen Freund Karl Heinrich Waggerl als Autor gewinnen. Dennoch bleibt das Programm vorerst von Sachbüchern vorwiegend regionalen Interesses bestimmt.
Walter Pichler wird für die grafische Gestaltung der Bücher und aller Drucksorten des Verlags gewonnen, schafft ein unverwechselbares Corporate Design und prägt das Erscheinungsbild des Verlags für die nächsten vier Jahrzehnte.

1964
Der Verlag übersiedelt in die Imbergstraße 9, in ein altes Salzburger Bürgerhaus am rechten Ufer der Salzach, das nach Plänen von Architekt Wilhelm Holzbauer erweitert wird.

1965
Erstmals seit seiner Gründung erscheint das Programm des Verlags in einem Gesamtverzeichnis, das sich vorerst noch „Verlagsnachrichten” nennt. Im Jahr darauf intensiviert der Verlag seine Öffentlichkeitsarbeit und beteiligt sich zum ersten Mal an der Frankfurter Buchmesse.

1967
Im elften Jahr seines Bestehens wird der Residenz Verlag zum Literaturverlag: Als literarische Gründungsurkunden erscheinen „Die grünverschlossene Botschaft” von H. C. Artmann und „Die Begrüßung des Aufsichtsrats” von Peter Handke. Andreas Okopenko erweitert den Autorenstamm noch im selben Jahr mit „Die Belege des Michael Cetus”.
Ein weiteres gewichtiges historisches Zeichen der Öffnung zum Kunstschaffen der Gegenwart setzen zudem Otto Breicha und Gerhard Fritsch mit ihrer Monumental-Anthologie „Aufforderung zum Misstrauen. Literatur, Bildende Kunst, Musik in Österreich seit 1945″ – die Selbstdarstellung eines „anderen” Österreich.

1969
Thomas Bernhard feiert seinen Einstand mit Erzählungen unter dem Titel „An der Baumgrenze”. Er arbeitet zwei dieser Erzählungen („Der Italiener”, „Der Kulterer”) für den Regisseur Ferry Radax schließlich zu Filmbüchern aus, die 1971 bzw. 1974 ebenfalls bei Residenz erscheinen. Von 1975 bis 1982 erscheinen hier auch die fünf Bände seiner autobiografischen Schriften. 1989, kurz vor seinem Tod, publiziert Bernhard bei Residenz sein letztes Buch überhaupt, den Prosatext „In der Höhe. Rettungsversuch. Unsinn” (entstanden 1959).

1970
In den kommenden Jahren wird der Residenz Verlag nach und nach zum Flaggschiff der österreichischen Verlagsszene. Die Liste der Autoren, die hier publizieren, liest sich heute wie das Who is Who der österreichischen Nachkriegsliteratur: Friedrich Achleitner, Gerhard Amanshauser, Alois Brandstetter, Erwin Einzinger, Helmut Eisendle, Barbara Frischmuth, Reinhard P. Gruber, Peter Henisch, Gert F. Jonke, Alfred Kolleritsch, Hans Lebert, Peter Rosei, Julian Schutting, Gernot Wolfgruber u.a.

1972
Der Verlag feiert mit Peter Handkes Erzählung „Wunschloses Unglück” seinen ersten großen Verkaufserfolg im Bereich der Literatur.

1974
Mit Franz Innerhofers Debütroman „Schöne Tage” erscheint ein weiteres „Grundbuch” der österreichischen Literatur nach 1945 bei Residenz. Der Roman macht seinen Autor mit einem Schlag berühmt, wirkt überaus kontrovers und wird traditionsbildend für die so genannte Anti-Heimatliteratur. Im selben Jahr erhält H. C. Artmann den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur.

1978
Der Verlag übersiedelt in die Gaisbergstraße 6. Die großzügigen Räumlichkeiten, neuerlich unter der Leitung von Wilhelm Holzbauer adaptiert, bleiben bis 2004 Heimstatt des Verlags und seiner Autoren.

1979
Wolfgang Schaffler feiert seinen 60. Geburtstag. Bundeskanzler Kreisky gratuliert mit folgenden Worten: „Er war der Geburtshelfer der neuen österreichischen Literatur und hat sie zu einer Blüte gebracht, wie wir sie uns vor nicht allzu langer Zeit nicht hätten träumen lassen.” Auch Hans Weigel ehrt den Jubilar: „Ich habe mir, seit ich lesen und schreiben kann, vieles für die österreichische Literatur gewünscht. Aber den Wolfgang Schaffler hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt.”
Gert Hofmann, Gewinner des Bachmann-Preises, ist mit seinem Debüt „Die Denunziation” der erste nicht-österreichische Autor im Programm des Verlags. Österreich bleibt nach wie vor Schwerpunkt in Literatur, Architektur, Musik und Bildender Kunst, aber mit einer literarischen Schweiz-Anthologie im Jahr darauf kündigt sich eine weitere Öffnung des Programms an.

1981
Mit Florjan Lipu≈°s Roman „Der Zögling Tja≈æ” erscheint bei Residenz zum ersten Mal Literatur in Übersetzung, wenn auch nicht ausländische Literatur. Im Original erscheint das Buch des in Kärnten geborenen Slowenen in Maribor; die deutsche Übersetzung besorgt Peter Handke in Zusammenarbeit mit Helga Mraƒçnikar.

1982
Das Musikprogramm wird um einen großen Namen reicher: Nikolaus Harnoncourt kann dafür gewonnen werden, die Grundprinzipien seiner musikalischen Praxis, die in der Fachwelt äußerst kontroversiell diskutiert werden, zu erläutern: „Musik als Klangrede”. Tatsächlich wirken seine Thesen nach zahlreichen Neuauflagen und vielen weiteren Büchern bis heute fort.

1983
Um seine Nachfolge und die Existenz des Verlags in Österreich langfristig zu sichern, beschließt Wolfgang Schaffler, den Residenz Verlag an den Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) zu verkaufen, der sich seit 1979 als GmbH zur Gänze im Eigentum der Republik Österreich befindet. Trotz Schafflers Versicherungen, dass „Residenz bleibt, was und wo es ist”, reagieren Presse und Autoren auf seine Entscheidung zum Teil mit Befremden und heftiger Kritik. Die Proteste einiger Autoren reichen bis zur Ankündigung, nicht weiter bei Residenz publizieren zu wollen. Dennoch bleibt Schaffler bei seiner Entscheidung, und er bleibt auch weiterhin Geschäftsführer; zudem wird ab 1984 Jochen Jung, seit 1975 als Lektor für Residenz tätig, zum zweiten Geschäftsführer bestellt.

1984
Mit Markus Werner, der mit dem Roman „Zündels Abgang” debütiert, gewinnt der Verlag seinen ersten Schweizer Autor. In den Jahren darauf öffnet sich das Programm zunehmend für Autoren aus dem benachbarten Ausland, um in einem nächsten Schritt auch fremdsprachig international zu werden. Alleiniges Auswahlkriterium bleibt der literarische Anspruch: John Ashbery, Robert Creeley, Péter Esterházy, William Gass, Paavo Haavikko, Yasushi Inoue, Ismail Kadaré, Jan Skácel, Arnold Stadler u.v.m. ergänzen in den folgenden Jahren die Riege der österreichischen Autoren, die ihrerseits zum Teil bereits Weltgeltung genießen.

1989
Wolfgang Schaffler stirbt am 22. April, kurz nachdem er sich endgültig ins Privatleben zurückgezogen hatte.

2000
Jochen Jung wird von den Eigentümervertretern mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben. Martina Schmidt, Geschäftsführerin der in Wien ansässigen Konzern-Schwester Deuticke, wird als interimistischer Nachfolger installiert, bleibt schließlich allerdings bis zum Abschluss der Privatisierung des ÖBV für beide Verlage verantwortlich.

2003
Anfang April stimmen die österreichische und die deutsche Kartellbehörde der Übernahme des ÖBV durch die Stuttgarter Ernst Klett AG zu. Am 19. Dezember wird schließlich bekannt gegeben, dass sich die Klett-Gruppe mit Jahresende von Residenz trennt; Käufer ist das Niederösterreichische Pressehaus (NP) mit Sitz in St. Pölten. NP führt mit dem NP Buchverlag eine eigene Buchverlagssparte im Bereich Sachbuch und seit 2001 auch ein Kinderbuchprogramm (Nilpferd) das zahlreiche Preis und Auszeichnungen gewonnen hat. Leiter des Verlags wird Herwig Bitsche, der schon schon Anfang der 90er Jahre bei Residenz gearbeitet hat und nun neben dem NP Buchverlag auch die Verantwortung für den Residenz Verlag trägt. Hauptsitz des Verlags ist nunmehr St. Pölten, das Haus in der Gaisbergstraße wird gekündigt, der Verlagsstandort Salzburg bleibt aber als „Außenstelle” weiterhin bestehen.

2006
Mit einer gemeinsamen Programmvorschau für das Frühjahr treten der NP Buchverlag, das Kinderbuch (Nilpferd) und der Residenz Verlag erstmals unter einem Namen auf – der gemeinsame Name heißt „Residenz Verlag”. Ziel ist es ein ausgewogenes Programm mit Literatur, Sachbüchern und Kinderbüchern zu gestalten. Insbesondere die Literatur erfährt eine Rückbesinnung auf deutschsprachige Autoren. Gleichzeitig werden auch wieder verstärkt junge Autoren veröffentlicht. Auch Übersetzung bleiben ein Teil des Verlagsprogramms, allerdings ist das Augenmerk stärker auf Autoren aus Zentral- und Osteuropa gerichtet. Alek Popov veröffentlicht seinen ersten Roman “Mission: London” auf Deutsch.

2007
Mit Michael Stavariƒç nimmt erstmals seit Langem wieder ein Residenz Autor an den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil. Viele weitere Autoren und Illustratoren des Verlags werden ausgezeichnet. Mit O. P. Zier und Erika Pluhar stoßen zwei neue Autoren zum Verlag und Alois Brandstetters neuester Roman erscheint ebenfalls wieder bei Residenz. Von Dan Lungu aus Rumänien erscheint die erste deutschsprachigen Übersetzung.

2008
Monique Schwitter und Andrea Maria Dusl veröffentlichen ihre ersten Romane im Residenz Verlag. Clemens J. Setz gewinnt in Klagenfurt bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur den Ernst Willner Preis. Jens Rassmus erhält für sein Buch “Der karierte Käfer” den Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur.

2009
Kurz nach seinem 70. Geburtstag feiert Walter Kappacher seinen Einstand im Residenz Verlag. Vier Mal scheint der Roman “Der Fliegenpalast” auf der SWR- und der ORF-Bestenliste auf. Und im Oktober erhält er den Georg-Büchner-Preis für sein Werk. Peter Rosei veröffentlicht erstmals seit vielen Jahren wieder einen neuen Roman bei uns. Von Clemens J. Setz erscheint sein zweiter Roman, das 700 Seiten starke Werk “Die Frequenzen” und schafft damit den Sprung auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises. Fritz Muliar stirbt im Mai im Alter von 89 Jahren, wenige Monate bevor seine Autobiografie “Denk ich an Österreich” erscheint. Erika Pluhar erhält den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln und Christine Nöstlinger feiert einen erfolgreichen Einstand als Kinderbuchautorin im Residenz Verlag mit dem Buch “Die Sache mit dem Gruselwusel”.

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