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Die Eselsohren-Bestenliste 2012

Logo Goldesel Liebe LeserInnen,

aus den 2012 etwa 150 besprochenen Büchern haben wir jene 15 ausgewählt, an die wir uns am meisten und am besten erinnern konnten.

Vielleicht eignet sich diese Bestenliste auch noch für späte Weihnachtsgeschenke. – Oder Sie stöbern unter unbedingt lesen [1] oder empfohlen [2].

Damit Sie die Übersicht behalten, gehen die Links in einem neuen Fenster auf.

Werner Schuster & das Eselsohren-Team


 
1) Knight, Gavin: The Hood

Sachbuch Gesellschaft – Broschiert – 304 Seiten – Ullstein

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Inhalt: In London wird der einst gefürchtete Gangleader Pilgrim aus dem Gefängnis entlassen. Auf den Straßen herrscht jetzt ein anderer: Der 14-jährige Troll, ein ehemaliger Kindersoldat, kennt keine Hemmungen. In Manchester jagt Detective Anders Svensson den Drogenboss Merlin und dessen Vollstrecker, den eiskalten Killer Flow. In Glasgows tristen Vororten schlachten sich Teenager in Gangfights gegenseitig ab. Polizeianalystin Karyn McCluskey kann das sinnlose Blutvergießen in Europas gefährlichster Stadt nicht mehr mit ansehen. Ihr Kampf scheint aussichtslos.

Kurzkritik: Das ist kein Film. Das ist kein Roman. Das ist die Realität. – Ich hatte noch nicht davon gehört, wie es in Teilen von Englands Großstädten zugeht, und dachte, solche (Drogen-)Bandenkriege, wie sie Gavin Knight in „The Hood“ beschreibt, gäbe es in Europa nicht.
Jetzt weiß ich: zumindest in Großbritannien gibt es eine unfassbare Form von Gewaltbereitschaft (vor allem) unter Jugendlichen. Diese wachsen auf mit Massenarbeitslosigkeit und in sozialem Elend, gehen in Schulen, in denen Gewalt vorherrscht, und werden als Dealer angeheuert und süchtig gemacht. Von hier ist der Weg nicht weit in die (Beschaffungs-)Kriminalität.
Eine beunruhigende Reportage.

 

Zur Besprechung Wenn das Schlachten vorbei ist [3]
 
 
2) Sullivan, J. J.: Pulphead
Vom Ende Amerikas

Reportagen – Taschenbuch – 298 Seiten – Suhrkamp

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Inhalt: Kann man ganz Amerika in ein Buch packen? Geschichte und Gegenwart? Popkultur und Frömmigkeit? Glänzende Oberfläche und enttäuschte Versprechen? Mit „Pulphead“ hat John Jeremiah Sullivan bewiesen, dass das möglich ist. Wie in einem Panoptikum entsteht aus Artikeln über Axl Rose, christliche Rockfestivals, Reality TV, die Tea-Party-Bewegung, vergessene Naturforscher und den heruntergekommenen Süden das Panorama eines Landes, das der Rest der Welt immer weniger versteht. (Pressetext)

Kurzkritik: Eine Ausnahme! Normalerweise besprechen wir hier ja nur Bücher, die wir von vorne bis hinten durchgelesen haben. Aber was soll an diesem Buch – nach zwei genossenen Reportagen – noch besser oder schlechter werden?
Und – was soll ich sagen? – lest das! Lest das, wenn ihr Fans von David Foster Wallace, Hunter S. Thompson und/oder Tom Wolfe seid. Lest das, wenn ihr euch auf hohem Niveau gut unterhalten wollt.

 

Zur Besprechung Lest das! [4]
 
 
3) Laufer, Anke: Die Irritation

Erzählungen – Broschiert – 298 Seiten – Worthandel

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Inhalt: Anke Laufers 21 Stories handeln von Liebe, Tod und dem Einbruch des Unergründlichen und Verstörenden in den Alltag. Die Geschichten entführen den Leser in ein englisches Seebad, in ein süddeutsches Dorf, in die Straßen von Madrid oder in eine fiktive südamerikanische Großstadt, berichten aus der scheinbar wohlvertrauten Gegenwart oder führen uns die gar nicht so weit entfernte, deshalb aber umso unheimlicher erscheinende Zukunft vor Augen. (Pressetext)

Kurzkritik: Auch wenn diese Erzählungen nicht angenehm zu lesen sind, so ist es doch lohnend. Sei es, um sich mit den eigenen Schattenseiten auseinanderzusetzen, sei es, um sich zu fragen, ob man nicht oft zu vorschnell ist bei der Beurteilung anderer. Denn was hätte geschehen müssen, damit die Vergangenheit jenen Mann in „Die Zuflucht des Vito Laquasto“ nicht einholt, der seine Familie bei einem Hauseinsturz verloren hat? Hätte man von seinem Schicksal gewusst, hätte man ihn vielleicht nicht in den Selbstmord getrieben.
Oder sei es, um sich gerne Übersehenes wie Ausbeutung und Gefährdung von Arbeitenden oder den sorglosen Umgang mit der Umwelt wieder einmal zu vergegenwärtigen („Kilphire Hoe“) – ohne mit der Nase drauf gestoßen zu werden.

 

Zur Besprechung: Auf sehr dünnem Eis [5]
 
 
4) Fernández, Nona:
Die Toten im trüben Wasser des Mapocho

Roman – Hardcover – 264 Seiten – Septime

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Inhalt: Das Telefon klingelt und nur kurze Zeit später reist Rucia ihrer großen Liebe Indio nach Santiago de Chile nach. Doch statt Indio findet sie dort nur das alte Haus ihrer Kindheit und Fausto, einen alten Historiker, der gerade seine Kinder verloren hat. Ein Labyrinth aus Erinnerungen, Geheimnissen und Lügen tut sich auf. Warum versteckt sich Indio vor ihr und was hat es mit den im Mapocho treibenden Toten auf sich? (Pressetext)

Kurzkritik: Was in diesem Roman erzählt wird, bleibt immer in Schwebe. Aus diesem Zustand schält sich jedoch ein Bild von Lateinamerika und insbesondere von Chile hervor, das wahrhaftig anmutet. Was man über die Kolonialzeit und über die grausame und verbrecherische Herrschaft von Augusto Pinochet weiß, wird durch Fernández‘ Erzählweise mit Bildern ausstaffiert, die man nicht mehr so leicht los wird.
Das mag auch damit zu tun haben, dass der Roman trotz seiner großteils schrecklichen und traurigen Themen eine beinahe schon humorvolle Leichtigkeit verströmt. Und dies mag an Fernández‘ „südamerikanischer“ Art liegen, nicht selbstverliebt, sondern mit Liebe zur Sprache und zum phantasievollen Erzählen zu schreiben.

 

Zur Besprechung Ist es wahr? [6]
 
 
5) Puenzo, Lucía: Wakolda

Krimi – Hardcover – 192 Seiten – Wagenbach

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Inhalt: Eine argentinische Familie im Citroën und ein alleinreisender Deutscher im Chevrolet geraten in der Einöde Patagoniens in ein Unwetter. Während der gemeinsam verbrachten Sturmnacht erregt die Kleinwüchsigkeit von Lilith, der 12-jährigen Tochter der Familie, die Aufmerksamkeit des Ausländers, der sich José nennt. Nach der Ankunft in Bariloche quartiert sich der Fremde bei der Familie als Untermieter ein und verspricht, das Mädchen zu behandeln. Als er dann sogar Liliths neugeborenen Zwillingsschwestern das Leben rettet, gewinnt er nach und nach das Vertrauen der Familie. Doch die seltsamen Skizzen in seinem Zimmer lassen keinen Zweifel zu: José und Josef Mengele, der KZ-Arzt von Auschwitz, sind ein und dieselbe Person … (Pressetext)

Kurzkritik: Puenzo lässt den KZ-Arzt Josef Mengele – unter dem Namen José – in Argentinien seine bestialischen Experimente an einer Kleinwüchsigen und an Zwillingen weiterführen.
Dadurch, dass dieser „Mengele“ der Wirklichkeit nachgebildet ist, wirkt der Horror, der von diesem Buch ausgeht, unmittelbarer als der erfundene in Psychothrillern. Auch wenn man nur ein Buch gelesen hat, kann man sich nicht damit beschwichtigen, dass man nur ein Buch gelesen hat.


 
Zur Besprechung Der Todesengel flog weiter [7]
 
 
6) Tolstoi, A. K.: Die Familie des Wurdalak

Erzählung – Taschenbuch – 176 Seiten – Deutsch, Französisch – Boder

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Inhalt: Eine verhängnisvolle Reise: Der Marquis d’Urfé begibt sich im Jahre 1759 auf eine verhängnisvolle Dienstreise in den finsteren Osten Europas. Als er in einer Herberge übernachten muss, hindern ihn die Umstände daran, wieder aufzubrechen und er muss für einige Wochen dort ausharren … (Pressetext)

Kurzkritik: Völlig zu Recht bezeichnet die Übersetzerin Stéphanie Queyrol dieses Werk als „kleinen, ungeschliffenen Diamanten“. Bei allen „Fehlern“ wird man die 45 Seiten dieser um 1840 entstandenen Erzählung atemlos verschlingen, – selbst wenn man schon viele Vampirgeschichten gelesen oder gesehen hat.

 

Zur Besprechung Lustvoll fürchten [8]
 
 
7) Padgett, Abigail: Blue

Krimi – Broschiert – 372 Seiten – Prospero

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Inhalt: Affen, Zahlen und Statistiken bestimmen den Arbeitsalltag der Sozialpsychologin Blue McCarron, die mit ihrer Hündin Brontë in einem verlassenen Motel in der Wüste Kaliforniens lebt. Dass ausgerechnet Blue mit den privaten Ermittlungen in einem Mordfall beauftragt wird, erscheint zunächst verwunderlich – jedoch bei weitem nicht so skurril wie der Fall selbst. (Pressetext)

Kurzkritik: Ein anspruchsvoller Krimi, feministisch, intelligent, gut recherchiert – und bei allem Anspruch angenehm „normal“. Und nebenbei lernt man auch Wissenswertes über Sozialpsychologie – über das Primatenverhalten von Männern und das gemeinschaft-schaffende Verhalten von Frauen etwa.

 

Zur Besprechung Verworren, vernetzt, verblüffend [9]
 
 
8) Parkkinen, Leena: Nach dir, Max

Roman – Hardcover – 414 Seiten – Osburg

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Inhalt: Max und Isaak kommen 1899 in Deutschland als siamesische Zwillinge auf die Welt. Sie sind an der Hüfte miteinander verwachsen. Ihre Familie verkauft sie an einen Zirkus. Ein Glücksfall für die Zwillinge! Denn dort treffen Max und Isaak auf andere Menschen mit Handicaps und fühlen sich als Gleiche unter Gleichen. Darüber hinaus finden sie – später im Cabaret und Varieté – als Artisten Anerkennung und Wertschätzung. Schließlich gelangen die Zwillinge nach Helsinki. Dort begegnen sie Iris, einer Frau, der die Männer nicht nur zu Füßen liegen, sondern die sie auch skrupellos ausnutzt. In sie verliebt sich Isaak Hals über Kopf. Eine Geschichte voller Dramatik und Sinnlichkeit. (Pressetext)

Kurzkritik: „Nach dir, Max“ ist ein tragikomisches Buch. Man liest es wahrscheinlich mit einem Lächeln auf den Lippen, während man ergriffen ist. Alle Figuren sind ebenso sympathisch wie unsympathisch, sind liebevoll beschrieben und liebenswert. Wir erfahren, was es wirklich heißt, Außenseiter zu sein, und wie es sein muss, auf Gedeih und Verderb mit jemand anderem verbunden zu sein.
Doch der Roman hat keine Moral und keine verbindliche Aussage. Leena Parkkinen erzählt „einfach“ ein ungewöhnliche Geschichte mit ungewöhnlichen Menschen, in denen man sich selbst wiederfindet. Wie man damit umgeht, ist wohl Sache jeder und jedes Einzelnen. Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von „Nach dir, Max“ nicht fasziniert und angetan ist.

 

Zur Besprechung Wegen solcher Romane liest man Bücher [10]
 
 
9) Kolanović, Maša: Underground Barbie

Roman – Broschiert – 212 Seiten – Prospero

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Inhalt: Sloboština ist eine Hochhaussiedlung an der Peripherie von Zagreb. Maša Kolanovićs Protagonistin wächst dort in den achtziger Jahren auf, und wie viele Mädchen auf der ganzen Welt verbringt sie mit ihren Freundinnen etliche Stunden des Tages in der glamourösen Scheinwelt ihrer Barbiepuppen. Anfang der neunziger Jahre drängt sich die politische Realität, der Krieg und Zerfall Jugoslawiens, in die unbeschwerte Kindheit. Bei Luftalarm bringen sich die Bewohner im Hochhauskeller in Sicherheit. Barbies Welt entsteht nun zwischen Einmachgläsern und Rattenfallen, eine ramponierte Ken-Figur vom Flohmarkt wird zum nationalistischen Anführer befördert. (Pressetext)

Kurzkritik: Gute Ideen sind vom Prinzip her simpel und lösen oftmals den Gedanken oder Ausruf aus: Warum ist da noch niemand drauf gekommen?!?
Die Kroatin Maša Kolanović hatte eine solche Idee: Eine junge Frau erinnert sich an den Krieg und berichtet davon aus der Warte des mit Puppen spielenden Mädchens. In diesem Fall sind das Barbies. Und wir befinden uns in Ex-Jugoslawien.
Nun haben viele Menschen Ideen, die wenigsten setzen sie auch in die Tat um und vereinzelt tun sie das auch noch gut. „Underground Barbie“ ist umwerfend gut.
„Underground Barbie“ versetzt uns in die fantasievolle Kinderwelt zurück und zeigt, wie in dieser mit Bedrohungen umgegangen wird. Der Roman könnte folgendes Alfred-Adler-Zitat als Motto haben: „Es ist naheliegend, dass jene Kinder ihre Phantasie stärker entwickeln werden, die das Leben mit feindlichen Augen betrachten, mit welcher Einstellung gewöhnlich auch eine stärkere Anspannung der Vorsicht verbunden ist.“

 

Zur Besprechung Das Leben mit feindlichen Augen betrachten [11]
 
 
10) Rosenberg/Enzensberger: Das Brennglas

Erinnerungen – Taschenbuch – 160 Seiten – Wagenbach

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Inhalt: Otto Rosenberg hat erst nach fünfzig Jahren die Kraft gefunden, dieses Buch zu schreiben. Ein überlebender deutscher Sinto erzählt seine Erinnerungen. Er klagt nicht an, rechnet nicht auf. Er berichtet, wie es gewesen ist. Der Schriftsteller Ulrich Enzensberger hat die Geschichte behutsam aufgezeichnet und mit klugen Anmerkungen versehen. (Pressetext)

Kurzkritik: Dass Otto Rosenberg an das Gute im Menschen geglaubt hat, all die schwere Zeit, spürt man während der Lektüre dieses Buches wie wärmende Sonnenstrahlen durch die grausame Kälte all der geschilderten Ereignisse hindurch. Das mag jetzt pathetisch klingen: Im Gegensatz dazu hat das Buch gar nichts Pathetisches an sich. Es ist schlicht die Wahrheit, von einem Menschen erzählt, der größer war als alle, die ihn klein machen wollten.

 

Zur Besprechung Die schlichte Wahrheit [12]
 
 
11) Demick, Barbara: Die Rosen von Sarajevo
Eine Geschichte vom Krieg

Sachbuch Gesellschaft, Geschichte – Hardcover – 304 Seiten – Droemer

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Inhalt: Während des Bosnienkriegs hat die Journalistin Barbara Demick mit den Menschen in Sarajevo gelebt. In diesem Buch schildert sie am Beispiel des Schicksals der Bewohner einer Straße – der Logavina –, die drei Jahre lang dem Artilleriebeschuss der serbischen Belagerer ausgesetzt war, die erschütternde Lebenswirklichkeit der Bevölkerung Sarajevos.

Kurzkritik: „Die Rosen von Sarajevo“ sind nicht „nur“ ein schrecklich anschauliches Buch über das Leben im Krieg, sondern auch darüber, dass es nicht allein an den „normalen“ Menschen liegt, ob sie miteinander auskommen.

 

Zur Besprechung Sich an den Krieg gewöhnen [13]
 
 
12) Raabe, Melanie: Die Hässlichen

Roman – E-Book – 274 Seiten/420 KB – Eigenverlag

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Inhalt: Die Freundinnen Helena und Claire sind hässlich. Claire schon immer, Helena erst, seit ihr Gesicht bei einem Unfall entstellt wurde. Rumjammern? Fehlanzeige. Schönheits-OPs? Auf gar keinen Fall! Die beiden haben es satt, sich für ihr Aussehen zu schämen. Sie gründen die „Fuglies“, eine Mischung aus radikaler Selbsthilfegruppe für hässliche Menschen und Kulturguerilla. Sie drehen den Spieß um, machen das Hässlichsein exklusiv. Die Abkehr vom Schönheitswahn trifft einen Nerv: Ruckzuck werden die „Fuglies“ zu Medienstars. Doch … (Pressetext)

Kurzkritik: Diese unkonventionelle Geschichte, die sich so leicht liest, um hinterrücks ihre Nebenwirkungen zu entfalten, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Werden Randgruppen immer Randgruppen bleiben? Ist Hässlichkeit ein Manko, dass auch durch die Flucht nach vorne nicht nivelliert, nicht gesellschaftsfähig gemacht werden kann? Wird Skrupellosigkeit immer den Sieg davontragen?

 

Zur Besprechung Hässliche Hipster in Haute Couture [14]
 
 
13) Altmann, Andreas: Afrika

Lesereise – Hardcover – 132 Seiten – Picus

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Inhalt: In Kairo beginnt Andreas Altmann seine Reise in den Süden Afrikas. Mit viel Sinn für die absurde Komik des Schrecklichen führt uns der renommierte Reporter durch diesen geheimnisvollen Kontinent; dabei hat Altmann keinerlei Berührungsängste: Er geht nah heran und verführt die Menschen zum Reden. So entsteht ein Kaleidoskop beeindruckender Momentaufnahmen: der Besuch beim Friseur, der mit einer Ziege auf seinem Schoß in seinem Laden sitzt; die fünfköpfige Familie, die in die Totenstadt im Osten von Kairo gezogen ist, weil unter den Lebenden kein Platz mehr war. (Pressetext)

Kurzkritik: Dies ist nicht nur ein Buch über Afrika „abseits der Touristenpfade“. Hinter allen Abenteuern zwischen Ägypten und Sambia steht Andreas Altmanns Bedürfnis, mit allen Sinnen am Leben zu sein. Und die Erfüllung dessen bekommt man nicht in einem Fünf-Sterne-Hotel oder in einem klimatisierten Bus mit Reiseleitung. Das bekommt man nur auf der Straße – und dorthin nimmt uns Altmann mit.

 

Zur Besprechung Das schwerwiegende Gefühl, mit allen Sinnen am Leben zu sein [15]
 
 
14) McCulley, Johnston: Im Zeichen des Zorro

Roman – Taschenbuch – 300 Seiten – Unionsverlag

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Inhalt: Kalifornien wird beherrscht von tyrannischen Gesetzeshütern, korrupten Beamten und selbstherrlichen Großgrundbesitzern, unter denen vor allem die schutzlosen Bauern zu leiden haben. Nur ein Mann wagt es, Widerstand zu leisten El Zorro, der maskierte Reiter, vor dessen blitzendem Degen seine Feinde erzittern. Doch niemand weiß, wer sich hinter der Maske verbirgt. (Pressetext)

Kurzkritik: Wissen Sie, wer Zorro war? Wo er gekämpft hat und warum? Auch wenn Ihnen das egal ist, sollten sie dieses Buch lesen. – Sie werden sich großartig unterhalten.

 

Zur Besprechung Großes Kino [16]
 
 
15) Hughes, Richard: In Bedrängnis

Roman – Hardcover – 260 Seiten – Dörlemann

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Inhalt: Der Dampfer „Archimedes“ ist ein Frachtschiff in allerbestem Zustand, als er den Hafen von Norfolk, Virginia, verlässt, um an einem wunderschönen sonnigen Herbsttag durch den Panamakanal nach China zu fahren. Seine Ladung besteht aus Tabak und Altpapier. Doch kaum erreicht es die karibischen Inseln, gerät das Schiff durch einen unerhörten Sturm in schwerste Bedrängnis. Während vier Tagen kämpfen Captain Edwardes und seine Mannschaft, vom Ersten Offizier über den Leitenden Ingenieur bis zum chinesischen Maat um die „Archimedes“ und um ihr Leben. (Pressetext)

Kurzkritik: Sicher könnte man Hughes‘ „In Bedrängnis“ verfilmen, aber daraus würde wohl ein Abenteuer-Action-Spektatkel, und das würde dem Buch nicht gerecht werden. Denn mit seiner sachlichen Prosa reizt Hughes zum einen die Fantasie der Lesenden, sich die unglaublichen Geschehnisse auf einem Frachtschiff auszumalen, das in einen übermächtigen Hurrikan gerät. Zum anderen beschreibt er die „biblischen“ Prüfungen der Mannschaft zwar mit knappen Angaben, doch man kann sich diese besser vorstellen als in vielen weit ausgebreiteten psychologischen Porträts.
Danach sind auch wir erschöpft. Wir waren unweigerlich mitleidende Zeugen bei diesem Kampf gegen einen übermächtigen Gegner. Vielleicht sinken wir in einen ruhelosen Schlaf (wie die meisten aus der Mannschaft). Vielleicht liegen wir mit offenen Augen da, und das Kino im Kopf lässt sich einfach nicht abstellen.

 

Zur Besprechung Das wahre Kino ist im Kopf [17]