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Neuseeland-Special

Liebe LeserInnen,

anlässlich des Schwerpunkts der Frankfurter Buchmesse 2012 bringen wir heute eine Nachlese mit Büchern, die in Neuseeland spielen:

Keri Hulme: Unter dem Tagmond
Alan Duff: Warriors
McCarten: Liebe am Ende der Welt
Patricia Grace: Potiki


Buchcover

Keri Hulme: Unter dem Tagmond

Roman
Übersetzt von Joachim A. Frank
Fischer, 1993, 2012

Inhalt:

Dieses Buch ist beseelt von der Mythen- und Symbolwelt der Maori. Es ist ein heftiges, in mehrfacher Hinsicht verstörendes Buch und spielt in einer entlegenen Gegend an der Küste Neuseelands, einer urwüchsigen, von Stürmen und Regen heimgesuchten Landschaft. Im Zentrum der Geschichte stehen drei Menschen, eine Frau, ein Mann, ein Junge, die eine seltsame Art von Familie bilden, ohne zusammenzugehören, alle drei von ihren eigentlichen Möglichkeiten abgeschnittene, gebrochene Figuren.

Kurzkritik:

Ein verspielter, erschütternder, poetischer Roman über drei verletzte und auch verletztende Seelen, der seine LeserInnen lange begleiten wird.

Werner gibt  ★★★★½  (4,5 von 5 Eselsohren)

Zur ausführlichen Besprechung: „Nachtmeerfahrten“ [1]

Die Autorin:

Keri Hulme, die 1947 in Christchurch/ Neuseeland geboren wurde und mütterlicherseits Maori-Vorfahren hat, erwarb sich durch ihren 1985 veröffentlichten Erstlingsroman ›Unter dem Tagmond‹ (im Original ›The Bone People‹) internationales Ansehen: der Roman, der von der Mythen- und Symbolwelt der Maori beseelt ist, wurde sogleich mit dem Booker Prize, Englands renommiertestem Literaturpreis, ausgezeichnet. Keri Hulme, die außerdem Erzählungen und Gedichte geschrieben hat, lebt bei Okarito.

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Buchcover

Alan Duff: Warriors

Roman
Aus dem Englischen von Gabriele Pauer
Taschenbuch: Unionsverlag, 2008 (1995)
(„Once Were Warriors“, Tandem Press, 1990)

Inhalt:

Mit größter Intensität erzählt Duff, selbst Maori, vom Leben im Maori-Ghetto von Pine Block. Von Jake, dem arbeitslosen Hünen, der sich auf nichts verlassen kann als auf seine Muskeln und seinen linken Haken. Von Beth, die, selbstbewußt und stark im Nehmen, versucht, ihre zerfallende Familie durchzubringen und zusammenzuhalten. Von den fünf Kindern, die selbst in den Strudel geraten, bis Beths Kraft und Vision doch noch einen Ausweg zeigen.Duffs Roman ist mit Zorn und Anteilnahme geschrieben. Er verschweigt nichts, bricht Tabus und begegnet doch all seinen Figuren mit dem Verständnis, das ihnen im Leben verwehrt ist. (Pressetext)

Kurzkritik:

In „Warriors“ beschreibt Alan Duff die Situation von Ausgegrenzten ohne Chance auf Aufstieg oder Integration. Eine der Hauptfiguren, der Muskelprotz Jake, prügelt sich den Frust von der Seele, er schlägt seine Frau Beth und jeden, der ihm zu nahe kommt. Und Alkohol ist immer im Spiel.

Ein großartiges, aufwühlendes und berührendes Buch.

Werner gibt  ★★★★½  (4,5 von 5 Eselsohren)

Zur ausführlichen Besprechung: „Traurige Kopien“ [3]

Der Autor:

Alan Duff, 1950 geboren, lebt in Neuseeland. „Once Were Warriors“ stand monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten und veränderte das Selbstverständnis seines Landes. Die Verfilmung brach sämtliche Rekorde Neuseelands und löste eine Flut von Debatten und Initiativen aus.

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Buchcover McCarten Liebe am Ende der Welt

Anthony McCarten: Liebe am Ende der Welt

Roman
Hardcover
368 Seiten
Erschienen 2011 bei Diogenes
Aus dem Englischen von Manfred Allié
Originalausgabe: „Spinners”, 1999

Inhalt:

„Liebe am Ende der Welt“: Drei unschuldige Mädchen, die plötzlich schwanger sind. Von Außerirdischen, versichern sie. Ein spannender Roman über Wunder, Täuschungen und die Geschichten, die wir erfinden, um uns vor der Wahrheit zu schützen. Und eine phantastische Liebesgeschichte.

Kurzkritik (zusammen mit Wells‘ „Fast genial“ besprochen):

Benedict Wells‘ neuer Roman „Fast genial“ wird allerorten hochgelobt und es ist – wahrscheinlich wegen des Titels – von einem genialen Buch die Rede.

Wie sollte man dann Anthony McCartens „Liebe am Ende der Welt“ beschreiben? – „Hypergenial“ wäre übertrieben, handelt es sich doch schlicht und einfach um ein ziemlich gutes Buch.

Und wie ist nun „Fast genial“? – Hm, wäre es Wells‘ Erstling, würde ich von einer Talentprobe sprechen. Bei einem dritten Buch kann ich das handwerklich Unausgegorene nicht mehr verzeihen.

Werner gibt  ★★★★¼  (4,25 von 5 Eselsohren)

Zur ausführlichen Besprechung: „Nicht genial und ziemlich gut“ [5]

Der Autor:

Anthony McCarten, geboren 1961 in New Plymouth/Neuseeland. Mit 25 (mit Stephen Sinclair) weltweiter Theatererfolg ›Ladies Night‹, in der unautorisierten Filmadaption (›The Full Monty‹/›Ganz oder gar nicht‹) eine der weltweit erfolgreichsten Filmkomödien. Seine vier ersten Romane bei Diogenes waren alle große Kritiker- und Publikumserfolge. Die Verfilmung von ›Superhero‹ durch Ian FitzGibbon (nach einem Drehbuch von Anthony McCarten) mit Andy Serkis, Thomas Brodie-Sangster, Jessica Schwarz, Michael McElhatton und Sharon Horgan kommt 2012 unter dem Titel ›Am Ende eines viel zu kurzen Tages‹ in die deutschen Kinos.

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Patricia Grace: Potiki

Roman
Broschiert
276 Seiten
Erschienen 2012 bei Unionsverlag
Übersetzt von Helmi Martini-Honus und Jürgen Martini
Originalausgabe: „Potiki”, 1986

Inhalt:

Der alte Maori-Holzschnitzer konnte sein größtes Lebenswerk, das Versammlungshaus mit den Ahnenfiguren, nicht vollenden; der letzte Pfosten blieb leer. Und Toko, das Kind mit den hellseherischen Kräften, empfängt eines Tages bedrohliche Visionen von der Zukunft seines Dorfes. So kommt Unruhe in den Kreislauf von Mensch und Natur, Tag und Nacht, Leben und Tod in der Maori-Siedlung an der Küste Neuseelands. Der „Dollarmann“ taucht auf: Ein moderner Freizeitpark an der Küste verheißt Fortschritt und Einkommen. Die Dorfgemeinschaft versucht den Bulldozern und der Verlockung des großen Geldes zu widerstehen. Da wird Tokos Vision wahr: Die Dollarmänner überfluten die Felder und den Friedhof, und eines Nachts steht sogar das Versammlungshaus in Flammen.

Kurzkritik:

In diesen Maori-Roman bin ich nie ganz reingekommen. Er ist mir zu naiv – oder durchschaubar aufgebaut.

Für mich ist die mythische Ebene mit der realistischen zu wenig verbunden, eine könnte auch ohne die andere funktionieren.

Aber vielleicht habe ich das Buch auch nur zu einem „falschen“ Zeitpunkt gelesen und wäre zu einem anderen empfänglich gewesen für dieses an sich schöne Märchen.

Werner gibt  ★★★¼☆  (3,25 von 5 Eselsohren)

Zur ausführlichen Besprechung: „Märchen mit Maori“ [7]

Die Autorin:

Patricia Grace, geb. 1937 in Wellington, Neuseeland, war viele Jahre Lehrerin und lebt heute auf dem Land ihrer Vorfahren in Plimmerton. Ihr Erzählband „Wairaki“ (1975) war die erste Veröffentlichung einer Maoriautorin überhaupt.

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