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Memories #1

Ich kann mich an eine Szene erinnern, als ich mich in jüngeren Jahren übernommen hatte: ich hatte in einer Buchhandlung mehr Bücher ausgesucht, als ich mir leisten konnte. Und eine nette Dame hat mir den Restbetrag gegeben. Wahrscheinlich, weil sie sich dachte, ich fördere diesen Bücher-Narren.

Einmal erzählte ich meinem Vater die Erinnerung, wie ich auf der Landschulwoche in Tribuswinkel ein Buch liegen gelassen habe. Und er meinte: vom dort ebenfalls verlorenen Messer weißt du nichts mehr?

Ich habe einmal Urlaub gemacht und absichtlich kein Buch mitgenommen. Quasi Selbstversuch. Außerdem Interrail. Kann man ja auch nicht so viel herumschleppen. E-Books gab’s ja noch keine. Und dann torkelt in Nizza ein Typ auf den Strand, an dem ich mich sonnte. Legte sich neben mich. Schlief bald ein. Aus seiner Tasche ragte ein Buch. Er schlief tief und fest. Ich krallte mir das Buch. – Ich weiß nicht mehr, was es für ein Buch gewesen ist. Aber ich glaube, ich hatte meine Sucht befriedigt.

Ich habe mal in einem Expedit gearbeitet. Ferialjob. Wir packten Bücher auf Paletten, die dann abgeholt wurden. Das geschah in einem ehemaligen Ballsaal, in dem angeblich Johann Strauß aufgespielt hat. Jetzt war der heruntergekommen, alles von schmierigem Staub überzogen. Es gab einen dicken alten Mann, der wirklich gut Bücher auf Paletten schlichten konnte und der, wenn eine Palette fertig gepackt war, zum Telefon griff und immer denselben Satz sagte (Hier Verlag N.N.; die Palette Bücher ist gepackt und kann abgeholt werden). Es gab einen anderen Mann in Anzug und Krawatte, der die Packer manchmal mit U-Haken beschoss und zu mir immer “Schuster, Schneider, Totengräber“ sagte. Man hätte denken können, dass ich dort meine Ehrfurcht vor Büchern verloren habe, aber …

… worüber ich mit Eva streiten kann, ist, dass sie Bücher schlecht behandelt. Sie hat kein Problem mit Knicken und Flecken, während meine Bücher auch nach Jahren noch wie ungelesen aussehen (was ein Vorteil bei Momox ist). Wie das bei guten Ehen so ist: ich vermeide, dass sie Bücher  in die Hände bekommt, an denen mir viel liegt; und manchmal streiten wir wegen unserer unterschiedlichen Auffassungen, aber es berührt unsere tiefe Bindung höchstens marginal.

(Nebenthema: ich hab mal einer Freundin eine Musik-Kassette geborgt; als ich sie zurück bekam, hatte die auf eine Seite eine Radiosendung aufgenommen, weil sie gerade keine andere Kassette zur Hand hatte, als die Sendung lief. Mich hat gewundert, dass sie keinerlei Schuldgefühl plagte.)

Wir sind vor Kurzem übersiedelt. Ich hatte mein Bett zerlegt und wollte dann nicht nur auf dem Lattenrost überm Boden schlafen, also habe sechs Bücher-Kartons unter den Lattenrost gelegt. Ich sage euch, so liegt man herrlich gebettet. – Jetzt schläft Eva auf Bücher-Kartons. Ihr alter Lattenrost ist zu schwer für das neue Bettgestell, und ich bin noch nicht dazugekommen, eine gute Stütze zu basteln. Außerdem muss ich erst die Bücherregal-Bretter im Vorzimmer montieren, damit ich Platz für die Bücher habe, auf denen Eva schläft. Ich habe auch seit März die Lampen immer noch nicht aufgehängt; aber das ist eine andere Geschichte.

Fortsetzung folgt.