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Axl Sund, Erik: Krähenmädchen

Psychothriller
Broschiert, E-Book
480 Seiten
Erschienen 2014 bei Goldmann
Aus dem Schwedischen von Wibke Kuhn
Originalausgabe: „Kråkflickan”

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]
Inhalt:

Stockholm. Ein Junge wird tot in einem Park gefunden. Sein Körper zeigt Zeichen schwersten Missbrauchs. Und es bleibt nicht bei der einen Leiche … Auf der Suche nach dem Täter bittet Kommissarin Jeanette Kihlberg die Psychologin Sofia Zetterlund um Hilfe, bei der eines der Opfer in Therapie war. Ihr Spezialgebiet sind Menschen mit multiplen Persönlichkeiten. Eine andere Patientin Sofias ist Victoria Bergman, die unter einem schweren Trauma leidet. Sofia lässt der Gedanke nicht los, bei ihr irgendetwas übersehen zu haben. Schließlich müssen sich Jeanette und Sofia fragen: Wie viel Leid kann ein Mensch verkraften, eher er selbst zum Monster wird? (Pressetext)

Kurzkritik:

Der Psychothriller ist zwar voll von entsetzlichen Grausamkeiten, beschreibt die Gräueltaten oft schon zu detailliert – vor allem in Bezug auf das sehr heikle Thema „Kindesmissbrauch“ –, fesselt aber dafür von der ersten bis zur letzten Seite.

Besprechung:

Entsetzen, Ungläubigkeit, Verwirrtheit

Jeanette Kihlberg, eine junge Kommissarin bei der Stockholmer Polizei wird an den Tatort eines schrecklichen Mordfalls gerufen. Ein Junge wird tot und mit schwersten körperlichen Misshandlungen in einem Park gefunden. Trotz ausführlichen Recherchearbeiten bleibt die Identität des Jungen ungeklärt.

Ein Kind, das niemand vermisst und das niemand kennt. Jeanette, selbst Mutter eines Sohnes und im ständigen Konflikt zwischen Familie und Beruf, versucht mit allen Mitteln eine Spur zu finden und den namenlosen Opfern zumindest durch die Aufklärung Gerechtigkeit zu geben. Binnen weniger Tage wird eine weitere Kinderleiche entdeckt – und sie sollte nicht die Letzte bleiben. Ein Wettlauf gegen die Zeit und einen unbekannten Serienmörder beginnt.

Während den Ermittlungen geraten auch mehrere Personen mit Verdacht auf Kontakt zu einem pädophilen Ring ins Visier der jungen Kommissarin und plötzlich kommen sonderbare Verbindungen zu alten Fällen zum Vorschein. Um Licht in das von Gewalt und seelischem Schmerz geprägte Dunkel zu bringen, wendet sich Jeanette an die Psychologin Sofia Zetterlund, die bei mehreren Opfern als psychologische Gutachterin einberufen wurde und diese zum Teil zur Behandlung in ihrer Praxis hatte.

Undurchschaubare Victoria

Zu ihren Patienten gehört auch die sehr stark traumatisierte Victoria Bergman, als Kind vom eigenen Vater mehrfach missbraucht, die ihrer Therapeutin mehr als ein Rätsel aufgibt und im Roman eine sonderbare und undurchschaubare Figur darstellt. Im Laufe der Fallbearbeitung befinden sich alle Beteiligten im Nu mitten in einer Geschichte, die von Schmerzen, Gewalt und den Dämonen der Vergangenheit geprägt ist und deren Ausgang mit einem großen Fragezeichen versehen ist.

Dem Autorenduo Axlander Sundquist und Jerker Eriksson, das hinter dem Synonym „Erik Axl Sund“ steht, ist ein fulminanter Auftakt der Jeanette Kihlberg-Trilogie gelungen. Der Psychothriller bindet den Leser von Beginn an gekonnt in die Mordserie ein und schafft binnen kürzester Zeit einen detaillierte Einblick in die Persönlichkeiten und Hintergründe der Protagonisten.

Normalität in Schweden

An die schwedischen Orte bzw. deren Namen gewöhnt man sich sehr schnell und es gelingt den Autoren gekonnt, ein Gefühl für Schweden mit seiner ganz bestimmten Atmosphäre, dem Ambiente, den Leuten und dem Wetter zu vermitteln. Der banale Familienalltag der Kommissarin bringt gekonnt Normalität zwischen die sonst so abscheulichen und gewaltbehafteten Sequenzen des Romans und hat mich schnell in die für mich sehr authentische Figur der Jeanette Kiehlberg hineinfinden lassen.

Man ist als Leser ständig am Rätselraten und Vermuten, wer der wahre Täter sein könnte. Durch die vielen Rückblenden in vergangene Erlebnisse einzelner Figuren bleibt man konzentriert und voll Spannung bei der Geschichte und möchte endlich die vielen Fragezeichen auflösen. Ich wurde beim Lesen von blankem Entsetzen, Ungläubigkeit, Verwirrtheit und Spannung gepackt.

Entsetzlichen Grausamkeiten

Der Psychothriller „Krähenmädchen“ ist zwar voll von entsetzlichen Grausamkeiten, beschreibt die Gräueltaten oft schon zu detailliert – vor allem in Bezug auf das sehr heikle Thema „Kindesmissbrauch“ –, fesselt aber dafür von der ersten bis zur letzten Seite. Ich warte schon sehnsüchtig auf die nächsten beiden Teile!!

Von Heike Rainer

Infos:

Erik Axl Sund ist das Pseudonym des schwedischen Autorenduos Jerker Eriksson und Håkan Axlander Sundquist. Håkan ist Tontechniker, Musiker und Künstler. Jerker ist der Producer von Håkans Elektropunkband „iloveyoubaby!“ und arbeitet zurzeit als Bibliothekar in einem Gefängnis. Zusammen haben sie drei Romane geschrieben, die Victoria-Bergman-Trilogie, für die sie 2012 mit dem Special Award der Schwedischen Krimiakademie ausgezeichnet wurden.