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von Lyck, Elk: Die Auswerterin

Roman
Taschenbuch
132 Seiten
Erschienen 2012 bei BoD

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]
Inhalt:

England 1944. Emily Brown ist Auswerterin von Luftbildern. Zufällig entdeckt sie bei ihrer Arbeit ein Konzentrationslager. Emily ist entsetzt – und sie fasst einen Plan. Sie dringt in das Büro von Arthur Harris ein, dem Chef des Bomberkommandos, und schlägt vor, das Lager aus der Luft anzugreifen oder wenigstens die Bahngleise, die dorthin führen. Harris lehnt unter einem Vorwand ab. Emily zieht eine Waffe und verlangt, die Bomberstaffel, die an diesem Abend gestartet ist, nach Auschwitz umzuleiten. (Pressetext)

Kurzkritik:

„Die Auswerterin“ ist ein beklemmendes Buch, das sehr nachdenklich macht. Man fragt sich unter anderem: Was wissen Machthaber, was verschweigen sie und was tun sie aus welchen Gründen? Und man denkt an die hunderttausenden Juden und anderen Inhaftierten, die – zumindest sieben Monate vor der Befreiung von Auschwitz – gerettet werden hätten können.

Besprechung:

Hilfreiche Nazis

Zweiter Weltkrieg, 1944, England. Emily Brown, Auswerterin von Luftbildern, entdeckt sie bei ihrer Arbeit ein Konzentrationslager. Sie informiert ihre Vorgesetzten, doch die unternehmen nichts, also dringt sie in das Büro des Bomberkommando-Chefs Arthur Harris ein.

Sie schlägt vor, das Lager aus der Luft anzugreifen oder wenigstens die Bahngleise, die dorthin führen. Als Harris ablehnt, bedroht sie ihn mit einer Waffe und zwingt ihn so, eine Bomberstaffel nach Auschwitz zu schicken.

Brown kündigt an, so lange in Harris‘ Büro zu bleiben, bis der Auftrag ausgeführt worden ist. Während sie warten, muss sie erfahren, dass die Alliierten über die Konzentrationslager Bescheid wissen und aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nichts unternehmen.

„Wir müssen jetzt schon
an die Nachkriegsordnung denken.“

„Die Nachkriegsordnung. Wir müssen jetzt schon an die Nachkriegsordnung denken. Es ist richtig, dass wir gegen einen mächtigen Feind zu kämpfen haben: die Nazis. Jeder weiß, was für furchtbare Verbrechen diese Ungeheuer begehen. Aber es gibt noch einen anderen Feind, der ebenfalls furchtbare Verbrechen begeht: die Kommunisten.“
(…)
„Aber wir sind mit den Sowjets verbündet.“
„Im Moment ja. Wir brauchen die Sowjets, um die Nazis zu besiegen. Die Frage ist nur: Was kommt danach?(…) Kommunisten gibt es nicht nur im Osten, sie verbreiten sich über ganz Europa, wie eine Seuche. Viele von ihnen sitzen in deutschen Konzentrationslagern. Man kann über die Nazis nicht viel Positives sagen, aber in diesem Fall sind sie sehr hilfreich.“
„Wollen Sie damit sagen, dass Sie den Tod dieser Menschen bewusst in Kauf nehmen?“
„Ich will sagen, dass wir an die Nachkriegsordnung denken müssen. Und in der ist für Kommunisten kein Platz.“

Die Alliierten wussten Bescheid

Ob das so stimmt, kann ich nicht sagen. Tatsache ist jedoch, dass die Alliierten spätestens 1942 wussten, was in den Vernichtungslagern geschah. Und dass Pläne, die Bahnlinien nach Auschwitz oder die Gaskammern und Krematorien zu bombardieren, nicht in die Tat umgesetzt worden sind. (Siehe dazu etwa „Was wußten die Alliierten vom Holocaust?“ [5] in Die Zeit, 1997.)

Von Lyk hat sein Thema jedenfalls ausführlich recherchiert. Was er in Erfahrung bringen konnte, ist in den dramatischen Dialog zwischen der Auswerterin und dem Bomberkommando-Chef eingeflossen, aus dem der Roman hauptsächlich besteht.

Kriegswichtige Operationen

„Die Auswerterin“ ist ein beklemmendes Buch, das sehr nachdenklich macht. Man fragt sich unter anderem: Was wissen Machthaber, was verschweigen sie und was tun sie aus welchen Gründen? Und man denkt an die hunderttausenden Juden und anderen Inhaftierten, die – zumindest sieben Monate vor der Befreiung von Auschwitz – gerettet werden hätten können. Offiziell hieß es, dass wegen kriegswichtiger Operationen keine Flugzeuge für solchen Zweck abgezweigt werden konnten. Für die Bombardierung der IG-Farben-Werke unweit von Birkenau standen im August und im September 1944 jedoch Bomber zur Verfügung …

Von Werner Schuster

Infos:

Elk von Lyck. Schriftsteller. Philosoph. Blogger. Weltverbesserer.

Mehr über Elk von Lyck bei www.elkvonlyck.de [6].