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Longo, Andrej: Zehn

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Longo Zehn
  • Erzählungen
  • Taschenbuch
  • 160 Seiten
  • Erschienen 2010 bei Eichborn,
    2012 bei dtv
  • Aus dem Italienischen von Constanze Neumann
  • Originalausgabe: „Dieci”, 2007

Inhalt:

Der siebzehnjährige Papilù aus Neapel will es besser machen. Doch dann, schneller als er fliehen kann, holt es auch ihn ein, dieses Leben der anderen, und nimmt ihn gefangen.
Die Schulden sind fast abbezahlt, und Ciuciù sehnt sich danach, ihren Mann endlich nicht immer nur dienstags zu sehen, wie seit dreizehn Jahren.
Ein Junge erfüllt den letzten Wunsch seiner Mutter.
Ein Vater wünscht sich nichts sehnlicher für seinen kleinen Sohn als eine unbedrohte Zukunft.
Ein Mädchen fasst endlich den Mut, gegen den Vater aufzubegehren. – Zehn Geschichten aus den Gassen und Hinterhöfen Neapels – wuchtig, abgründig, herzzerreißend. (Pressetext)

Kurzkritik:

Wer in der Zukunft einmal wissen möchte, wie es dereinst in Neapel zugegangen ist, wird es in diesem Buch finden.

Besprechung:

Ausweglos

Zehn wuchtige kurze Erzählungen über seine Heimat Neapel hat Andrej Longo verfasst, die sich inhaltlich an die zehn Gebote anlehnen. Doch die Geschehnisse konterkarieren die Handlungsanweisungen aus dem Alten Testament.

Da ist der Junge, der nichts mit der Mafia zu tun haben will, und sich zwangsläufig in die einreihen muss, als er seine Freundin nicht beschützen kann und ihm vom örtlichen Camorra-Chef geholfen wird. („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“)

Du sollst nicht töten

Da ist der talentierte Sänger, der mit Hilfe der Mafia aufsteigt und von dieser fallengelassen wird, als er auch andere Kanäle für seine Karriere nutzen will. („Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht missbrauchen“)

Da ist der Kriminelle, der damit rechnet, erschossen zu werden, und trotzdem mit seinem Sohn auf den Jahrmarkt geht. („Du sollst nicht töten“)

Du sollst nicht ehebrechen

Nicht alle Geschichten haben direkt mit der Mafia zu tun. Longo erzählt auch von einer Fernehe – der Mann arbeitet in Rom und kann nur dienstags nach Hause kommen. („Du sollst den Feiertag heiligen“) Oder von einem Mädchen, das eine Abtreibung vornehmen lässt. – Das Kind ist von ihrem Vater. („Du sollst nicht ehebrechen“)

Niemand in dieser Erzählungen entkommt dem Umfeld, in dem er oder sie lebt. Dennoch wirken sie nicht pessimistisch, sondern wie eindringliche Zustandsbeschreibungen. Wer in der Zukunft einmal wissen möchte, wie es dereinst in Neapel zugegangen ist, wird es in diesem Buch finden.

Von Werner Schuster
Infos:

Das meinen andere [5] (Perlentaucher-Rezensionsnotizen).

Andrej Longo wuchs in Neapel auf und arbeitete dort jahrelang als Pizzabäcker. Heute ist er erfolgreicher Drehbuchautor in Rom, doch sein Lebensthema bleibt Neapel. „Zehn“ ist sein erstes ins Deutsche übersetztes Buch. Für sein Werk wurde er mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet.

Mehr über Andrej Longo [6] bei Wikipedia.