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Nothomb, Amélie: Den Vater töten

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Cover Nothomb Vater töten
  • Roman
  • Hardcover
  • 128 Seiten
  • Erschienen 2012 bei Diogenes
  • Aus dem Französischen von Brigitte Große
  • Originalausgabe: „Tuer le père”, 2011

Inhalt:

Norman behandelt den jungen Trickkünstler Joe wie einen Sohn. Doch Joe verliebt sich in Normans Frau, die Feuertänzerin Christina. In der Wüste von Nevada kommt es zur offenen Konfrontation – einer muss weichen. (Pressetext)

Kurzkritik:

Eine spannende Konfliktsituation zwischen Vater- und Sohnfiguren, dazu zwei Magier, eine Feuertänzerin und das „Burning Man Festival“ – warum also kann ich den Roman nicht empfehlen? Weil Nothomb die LeserInnen von den Figuren und der Handlung fern hält und es ihnen erschwert, die Motivationen und Handlungen der Figuren nachzuvollziehen.

Besprechung:

Ferngehaltene LeserInnen

Amélie Nothombes Kurzromane waren für mich immer sehr gute „page-turner“, kurzweilige, schnell zu lesende Bücher, die einen einsaugen in Lebenswelten voll schwarzem Humor und zum Teil böswilligen, eigenartigen Figuren mit Abgründen. Nichts anderes habe ich von „Den Vater töten“ erwartet, doch der Roman war eine Enttäuschung.

Kurz zur Handlung: Der weltberühmte Magier Norman Terrence nimmt den 15-jährigen Joe Whip bei sich auf und bringt ihm komplexe Kartentricks bei. Joe verliebt sich schon bald in Normans Freundin, die Feuertänzerin Christina, und ist fest entschlossen, sie für sich zu gewinnen. Beim „Burning Man Festival“ mitten in der Wüste Nevadas kommt es dann zum erwarteten Showdown. Doch erst danach wird der eigentliche Konflikt zwischen Norman und Joe, der um Vaterrollen nämlich, aufgedeckt und dieser hat weitreichende Folgen.

Allgemein

Eine spannende Konfliktsituation zwischen Vater- und Sohnfiguren, dazu zwei Magier, eine Feuertänzerin und das „Burning Man Festival“ – warum also kann ich den Roman nicht empfehlen? Die Handlung wird sehr zusammenfassend erzählt, so wird etwa gesagt, dass Norman auf Reisen geht und Joe einschärft, währenddessen „diese oder jene Bewegung zu üben“. Man erfährt nicht genau, was, wo und wie Joe übt, wie man sich die Kartentricks vorzustellen hat. Die Figuren, ihre Gedanken und Gefühle werden sehr distanziert und mit Allgemeinplätzen beschrieben, Joe wird zum Beispiel von der „Allmacht der ersten Liebe“ ergriffen.

Distanziert

Auch wirken die Dialoge distanziert, so sagt etwa Joe über sich selbst, er könne mit Gleichaltrigen nichts anfangen – er sagt nicht, dass ihn Mädchen ihn seinem Alter nicht interessieren würden oder dass die anderen Burschen nur Billard, Bier und Mädels im Kopf hätten, nein, er analysiert distanziert wie ein Psychologe, dass er mit Gleichaltrigen nichts anzufangen könne. All das hält die LeserInnen von den Figuren und der Handlung fern und erschwert es, die Motivationen und Handlungen der Figuren nachzuvollziehen.

Von Sabine Schönfellner
Infos:

Amélie Nothomb, 1967 in Kobe geboren, hat ihre Kindheit und Jugend als Tochter eines belgischen Diplomaten hauptsächlich in Fernost verbracht. Seit ihrer Jugend schreibt sie wie besessen. In Frankreich stürmt sie mit jedem neuen Buch die Bestsellerlisten und erreicht Millionenauflagen. Ihre Romane erscheinen in 39 Sprachen. Für „Mit Staunen und Zittern“ erhielt sie den Grand Prix de l’Académie française. Amélie Nothomb lebt in Paris und Brüssel.

Mehr über Amélie Nothomb [5] bei Wikipedia.