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Melville, Herman: Moby Dick

Kurzkritik [1]Ihre Meinung [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
  • Roman
  • Taschenbuch
  • 592 Seiten
  • Erschienen 1990 bei Diogenes
  • Aus dem Englischen von Thesi Mutzenbecher und Ernst Schnabel
  • Originalausgabe: „Moby Dick; Or, The Wale”, 1851

Inhalt:

Das gewaltige Epos vom großen weißen Wal und Kapitän Ahab, abenteuerliche Reisen durch alle stürmischen Meere und die Geschichte von Ismael, der sich, des Festlands müde, auf den Ozean der Möglichkeiten begibt, indem er auf dem Walfänger ›Pequod‹ anheuert. Nach abenteuerlichen Reisen durch alle stürmischen Meere findet er als einziger der Mannschaft nach Hause zurück — im Sarg seines Freundes Queequeg.

Kurzkritik:

Interessanterweise war ich beeindruckt, obwohl ich nicht wirklich an die Hauptfiguren und auch nicht an Moby Dick geglaubt habe. Während mir die Menschen zu holzschnittartig sind, ist mir der weiße Wal zu menschlich. Bei den einen ist mir zu wenig schlüssig, warum sie offener Augen ins Verderben laufen, während mir das Bewusstsein des Tieres allzu entwickelt scheint.

Sagen wir so: die Geschichte ist so großartig, man könnte sie wie Melville oder auch anders erzählen, sie bliebe großartig – und ist es in all den weiteren literarischen, filmischen sowie musikalischen Umsetzungen auch geblieben.

Besprechung:

Ausufernd

Natürlich ist Moby Dick ein großer Roman, doch angesichts des Aufhebens, das um dieses Buch gemacht wird, war ich bei der ersten Lektüre doch ein wenig enttäuscht.

Da ist einmal Woody Allen, der seinen Zelig kurz vor dessen Tod im gleichnamigen Film sagen lässt, er bereue einzig, jetzt „Moby Dick“ nicht mehr zu Ende lesen können.

Doch vor allem ist da das zeitgenössische Urteil, dass „Moby Dick“, was Stil und Form anbelangt, irgendwie zu den als Romanen der klassischen Moderne (John Dos Passos, Alfred Döblin, James Joyce, etc.) zu zählen ist.

„Nennt mich meinethalben Ismael“

Ja, es stimmt schon, dass Melville die Ich-Erzählung des Matrosen Ismael zum Beispiel mit dramatischen Szenen unterbricht, die wie Ausschnitte aus einem Theaterstück wirken. Ich frage mich allerdings, wer vor allem die ausufernden wissenschaftlichen und anderen Exkurse wirklich mit gesteigertem Interesse liest.

Denn eigentlich will man doch nur erfahren, wie, warum und zu welchem Ende Kapitän Ahab den weißen Wal jagt, – auch wenn man längst weiß, wie die Sache ausgeht. „Moby Dick“ ist ja ein Buch, dessen grobes Handlungsgerüst sehr vielen Menschen bekannt ist, obwohl sie das Original gar nicht gelesen haben. (Wobei man jetzt natürlich auch fragen könnte, wer „Manhattan Transfer“, „Berlin Alexanderplatz” oder „Ulysses“ tatsächlich gelesen hat.)

Ergriffen

Auf jeden Fall haben mich Melvilles Erzählungen insgesamt mehr beeindruckt, die ebenfalls modern anmuten, bei denen jedoch Stil und Form mit dem Inhalt mehr harmonisieren, als dies meiner Meinung nach bei „Moby Dick“ der Fall ist.

Dennoch war ich nach dem tragischen Ende von Kapitän Ahab und beinahe der ganzen Schiffs-Crew ergriffen, sah das Meer vor mir, in dem die Leichen der Seeleute und die Trümmer des Schiffes Pequod trieben, sah nicht den einzigen überlebenden Menschen Ismael, sondern Moby Dick in die Ferne davon schwimmen.

Holzschnittartige Figuren, menschlicher Wal

Ich kann allerdings nicht sagen, ob diese Ergriffenheit von der Handlung des Buches allein oder nicht doch auch von der Erzählweise hervorgerufen worden war – mit ihren langen Ausführungen über die Seefahrt, über den Walfang und über Wale.

Interessanterweise war ich beeindruckt, obwohl ich nicht wirklich an die Hauptfiguren und auch nicht an Moby Dick geglaubt habe. Während mir die Menschen zu holzschnittartig sind, ist mir der weiße Wal zu menschlich. Bei den einen ist mir zu wenig schlüssig, warum sie offener Augen ins Verderben laufen, während mir das Bewusstsein des Tieres allzu entwickelt scheint.

Die Geschichte ist großartig

Sagen wir so: die Geschichte ist so großartig, man könnte sie wie Melville oder auch anders erzählen, sie bliebe großartig – und ist es in all den weiteren literarischen, filmischen sowie musikalischen Umsetzungen auch geblieben.

Von Werner Schuster

Mehr Infos:

Herman Melville kam 1819 in New York zur Welt. Ab 1841 befuhr er auf einem Walfänger den Pazifik. Zurück in den USA heiratete er und ließ sich in Massachusetts auf einer Farm nieder. Seit dem Misserfolg von ›Moby-Dick‹ 1851 schrieb er unter Ausschluss der Öffentlichkeit, bis er seine Schriftstellerkarriere und die Farm aufgab und im Hafen von New York bei der Zollbehörde eine Anstellung fand. Er starb 1891 in New York.

Mehr über Herman Melville [5] bei Wikipedia.