Kurzkritik [1] – Was meinen Sie? [2] – Ausführliche Besprechung [3] – Infos [4]
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Inhalt:
1933 wanderte ein Engländer zu Fuß von Rotterdam nach Istanbul. Sein Name: Patrick Leigh Fermor. Für den leidenschaftlichen Reisenden Michael Obert steht Fermor am Anfang seines eigenen Umherschweifens. Als er eines Tages durch Zufall erfährt, dass sein Vorbild noch lebt, begibt er sich auf die Suche nach dem fast 100-Jährigen. (Pressetext)Kurzkritik:
Einerseits schildert Obert Städte, Landschaften, Menschen, Stimmungen sehr plastisch und eindrucksvoll, aber in leisen Tönen. Andererseits hat mich ein esoterischer Nebenstrang bei der Lektüre des ansonsten wunderschön geschriebenen, anschaulichen Reiseberichts eher irritiert.
Ein Blinder leitet einen Sehenden zu einem Unauffindbaren
Der Journalist Michael Obert begibt sich auf eine Reise ins Unbekannte. Doch seine Route steht fest: Er folgt den Spuren des Engländers Sir Patrick Leigh Fermor, der 1933 von Rotterdam aufbrach, um quer durch den Balkan nach Konstantinopel zu gehen. Ja, zu Fuß.
Die Bücher, die Fermor über seine Reisen verfasste, haben Obert dazu inspiriert, selber zu reisen und darüber zu schreiben. Als er erfährt, dass der fast Hundertjährige noch lebt, schreibt Obert Fermor einen Brief, um ein Treffen zu vereinbaren. Fermor antwortet nicht, Obert macht sich trotzdem auf den Weg.
Über Wien, Bratislava, Budapest, Belgrad
nach Rumänien, Mazedonien und Albanien
und von dort nach Griechenland
Dieser führt ihn über Wien, Bratislava, Budapest, Belgrad nach Rumänien, Mazedonien und Albanien und von dort nach Griechenland. Meist bleibt er nur kurz, immer auf der Suche nach den Orten, die Fermor in seinen Büchern beschrieben hat. Er begegnet einem blinden Mann, der ihn und seine Absichten zu kennen scheint und immer wieder an den seltsamsten Plätzen auftaucht, um ihm geheimnisvolle Botschaften zu vermitteln.
Mani
Schließlich erreicht Obert das Ziel seiner Suche: Mani, eine Provinz auf dem Peloponnes, der Ort, an dem sein Vorbild Fermor leben soll.Obert schrieb ein sehr persönliches Buch über diese „Suche“, und obwohl er nicht wirklich viel preisgibt, hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass der Autor wohl aus einer Lebenskrise heraus aufgebrochen war.
Einerseits – andererseits
Einerseits schildert er Städte, Landschaften, Menschen, Stimmungen sehr plastisch und eindrucksvoll, aber in leisen Tönen; es hat mir sehr gefallen, mir – etwa – Belgrad auf diese behutsame Weise vorzustellen, um das erste Mal Lust zu bekommen, dorthin zu reisen. Andererseits aber ist da diese Geschichte mit dem Blinden, der eine Illusion, ein Alter Ego, eine Fantasiegestalt zu sein scheint, ja sein muss, der Obert begleitet und führt und ihm den Weg weist.
Esoterischer Nebenstrang
Da es in diesem Buch neben der ungewissen Suche nach einem alten Schriftsteller auch immer wieder um die Augenprobleme des Autors geht, hat diese blinde mythische Gestalt wohl ihre Berechtigung; trotzdem hat mich dieser esoterische Nebenstrang bei der Lektüre des ansonsten wunderschön geschriebenen, anschaulichen Reiseberichts eher irritiert.Ihn auch auf anderen Reisen begleiten
Was mich aber nicht davon abhalten wird, Michael Oberts Buch „Regenzauber – Auf dem Niger ins Innere Afrikas“ zu lesen: Vor allem seine Sprache und sein persönlicher Zugang haben mich beeindruckt und neugierig gemacht, ihn in der Vorstellung auch auf anderen Reisen zu begleiten.
Ob er Sir Patrick Leigh Fermor auf dieser Reise zu sich selbst letztendlich wohl gefunden hat?
Von Eva Schuster
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