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Mikunda, Christian: Warum wir uns Gefühle kaufen

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Mikunda Gefühle kaufen
  • Die 7 Hochgefühle und wie man sie weckt
  • Sachbuch
  • Hardcover
  • 272 Seiten
  • Erschienen 2009 bei Econ

Inhalt:

In Zeiten des Mangels sind sie ein wichtiger Motor für den Handel, denn beim Kaufen geht es nie nur um Konsum, immer sind Gefühle mit im Spiel. Sie symbolisieren das, was Konsumenten erleben wollen: Kultur auf höchstem emotionalen Niveau, Naturerfahrungen, die unser Leben verändern, Lifestyle-Inszenierungen, die Waren mit echten, tiefen Erlebnissen verbinden. (Pressetext)

Kurzkritik:

Wer sich auf Werner „Prawy“ Schuster in der Leseliege gefreut hat, den oder die muss ich jetzt enttäuschen. Ich denke, wir bleiben hier authentisch.

Besprechung:

Todsünden, gewendet

Ich habe dieses Buch gelesen, weil ich Ihnen die Eselsohren besser „verkaufen“ möchte. Das heißt: eigentlich nicht Ihnen, sondern denen, die nicht wissen, dass es das Online-Büchermagazin überhaupt gibt. Die sollen sich doch entscheiden können, ob sie es mögen oder nicht!

Und so saß ich also in einem Workshop mit dem Titel „Guerilla Marketing“ und bekam „Warum wir uns Gefühle kaufen“ empfohlen. – Was soll ich nach der Lektüre sagen? Vielleicht: da steh ich nun, ich armer Tor! und bin (beinah) so klug als wie zuvor.

Strategischen Dramaturgie?

Dabei ist das Buch gewiss nicht schlecht, obwohl sich Christian Mikunda als „Vordenker der Erlebniswirtschaft und Begründer der Strategischen Dramaturgie“ bezeichnet (– mein Gott, ich kann diese Super-Wörter schon nicht mehr hören!) und auch sonst gerne mit Begriffen wie „Media Literacy“ um sich wirft.

Mikunda hat jedenfalls ein System erfunden, um sich und uns zu erklären, wie man uns Produkte und Dienstleistungen besser verkaufen könnte.

Hochgefühle

Kurz gesagt: ohne Inszenierung geht heute gar nix mehr. Wir kaufen Produkte nicht, weil sie was taugen und/oder uns gefallen, sondern weil sie uns etwas versprechen. Mikunda meint: sie versprechen uns Hochgefühle.

Mikunda kennt deren sieben. Er hat sie von den Todsünden abgeleitet. „Glory“ kommt von Hochmut, „Joy“ von Völlerei, „Power“ von Zorn, „Bravour“ von Neid, „Desire“ von Gier, „Intensity“ von Wollust und „Cill“ von Trägheit.

Die unheimlichen Verführer

Wer die detaillierten und anschaulichen Beschreibungen gelesen hat, kennt die Verführer besser, die heute gar nicht mehr heimlich tun.

Nur: was soll ich mit dieser Information in Bezug auf die Eselsohren anfangen? Ehrlich gesagt, habe ich kurz mit dem Gedanken gespielt, mich zu einem Marcel Prawy1) [5] der Literaturwelt umzudesignen, um Ihnen das Hochgefühl von „Bravour“ zu vermitteln.

Ich schmücke die Braut

Dann hätte ich ein Foto von Marcel Schuster machen lassen, der im Liegen liest („Chill“), aus der Homepage hätte ich eine geschmückte Braut gemacht („Desire“) und sie außerdem zu einem wohlgeordneten Basar umgestaltet („Joy“), für „Intensity“ und „Power“ hätten schon die besprochenen Krimis und Thriller gesorgt.

Paul Simon vs. Lady Gaga

Meine „Glory“ fand jedoch ein jähes Ende, als ich mir während des Lesens Musik von Paul Simon anhörte. Nicht nur, dass die Gefühle, die mir dieser vermittelt, in Mikundas Buch kaum zu finden sind, Paul Simon hat es auch gar nicht nötig, sich zu inszenieren – und ich kaufe mir seine CDs trotzdem. Und z.B. Lady Gaga kann sich soviel inszenieren, wie sie will, ich brauche ihre Musik trotzdem nicht.

Schuster in der Leseliege

Dann dachte ich an das Einkaufscenter in Wien, bei dessen Errichtung Mikunda beratend tätig gewesen ist, und dass ich mich dort genauso unwohl gefühlt habe wie in allen anderen auch. (Allerdings weiß ich jetzt wenigstens, warum.) Und ich sagte zu mir: warum kommst du erst jetzt drauf, dass Erlebniswirtschaft nicht dein Ding ist?

Wer sich also schon auf Werner „Prawy“ Schuster in der Leseliege gefreut hat, den oder die muss ich jetzt enttäuschen. Ich denke, wir bleiben hier authentisch.

Von Werner Schuster

1) Marcel Prawy [6] war Österreichs „Opernführer der Nation“.
Infos:

Christian Mikunda gilt als Vordenker der Erlebniswirtschaft und Begründer der Strategischen Dramaturgie. Er berät die Automobilindustrie und Handelskonzerne, Fernsehanstalten, Museen und Weltausstellungen, entwickelt Brandlands und Shopping Malls, findet den »roten Faden« für Städte und Kommunen. Als Vortragender wird er weltweit gebucht, als Dozent lehrte er in Wien, Salzburg und München, war Gastprofessor in Klagenfurt und Tübingen und Guest Speaker an der Harvard University in Boston.

Mehr über Christian Mikunda auf www.mikunda.com [7].