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unten (Holzbaum-Literaturwettbewerb)

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover unten [5]


Inhalt:

2011 fand zum ersten Mal der Literaturwettbewerb „textase“ statt, der vom Holzbaum Verlag in Kooperation mit dem Kulturmagazin VIENNARAMA veranstaltet wurde. Etwas mehr als 250 Einsendungen wurden zum Thema „Unten“ eingereicht, dieses Buch enthält die zehn Siegertexte. (Pressetext)

Kurzkritik:

Diese Anthologie bietet für mich in der Regel gute Erzählungen, die sich auf jeden Fall von dem, was große Verlage publizieren, erfrischend abheben.

Besprechung:

Erfrischend

2011 fand zum ersten Mal der Literaturwettbewerb „textase“ statt, der vom Holzbaum Verlag in Kooperation mit dem Kulturmagazin VIENNARAMA veranstaltet wurde. Um vollkommen frei und unabhängig arbeiten zu können, wurde bei dem Wettbewerb bewusst auf Förderungen und Sponsorengelder verzichtet.

Etwas mehr als 250 Einsendungen wurden zum Thema „Unten“ eingereicht. Dieses Buch enthält die zehn Siegertexte sowie Kurzbiografien der AutorInnen.

Als ich mit den Texten „durch“ war, hätte ich gerne die anderen ca. 240 wenigstens angelesen, weil ich mich natürlich gefragt habe, warum gerade diese ausgewählt wurden. In der Folge präsentiere ich meine persönliche Wertung (die Jury-Reihung steht in Klammer):

1 (2) – Mark Leebergs „Herrn Mockels wunderbare Kehrung“ ist so amüsant, dass sich die Kritik an den durch „die Wirtschaft“ hervorgerufenen, erbärmlichen oder lächerlichen Lebensverhältnissen nur ganz leise anschleicht. Und die Erzählung ist erfrischend skurril (ein Mann beschließt, nur mehr auf Händen zu gehen, und trägt stur die Konsequenzen).

2 (10) – Markus Böhms „Hinter Mond leben“ ist eine kurze kurzweilige Geschichte über ein Kind, das manches zu wörtlich nimmt: man besucht Verwandte, die für die Eltern „hinter dem Mond leben“, und das Kind glaubt, dass eine Weltraumfahrt unternommen wird.

3 (6) – In Barbara Kendöls „Am Haken“ strebt ein Mann Beziehungen ohne Kompromisse an, findet aber keine Frau, die sich darauf einlassen mag. Die gelungene Angler-Metaphorik ist sehr fein in die Story eingewoben.

4 (1) Martina Berscheids „Das Geld“ ist eine gut erzählte, interessante Geschichte über eine Schnorrerin und eine seltsame, angeschnorrte Frau – mit einem (mich) nicht überzeugenden, (etwas krampfhaften) Schluss.

5 (8) – Susanne Haberlands „The Cryin’ Rocks in der Unterwelt“ ist eine witzige Abwandlung des Orpheus-Mythos mit einem leider aufgesetzten Schluss. Leider vergisst die Autorin auch im Laufe der Geschichte darauf, dass die Band aus mythischen Figuren besteht. Zumindest hätte diese originelle Idee viel mehr hergegeben.

6 (3) – Norbert Krölls „Voyager Golden Record“ ist mir aber allzu dialoglastig, hat aber eine witzige Idee: ein Mann kopiert die offizielle Botschaft an die Außerirdischen für die NASA auf eine Datenplatte, und weil er findet, dass ein bestimmtes Lied unbedingt auf diese Datenplatte drauf sollte, kopiert er es heimlich zu den restlichen Informationen.

7 (7) – Arthus Fürnhammers „Ungebetene Gäste“ über einen erfolgreichen Mann, der durch ein gefährliches Erlebnis verunsichert wird, ist mir zu gewollt. Nicht weil der Werbeagentur-Leiter durch einen beinahe tödlichen Unfall an seine Sterblichkeit erinnert wird, aber er ist mir zu selbstbewusst gezeichnet, als dass er sich vor einem Obdachlosen fürchten würde.

8 (9) – Bei Rentsniks „Der Garten“ ist mir die Geschichte (ein Hofgarten wird zubetoniert) etwas ungelenk um eine Botschaft gestrickt, wiewohl die Charaktere sehr glaubwürdig und plastisch gezeichnet sind.

9 (5) – Sandra Niermeyers „Das Ticket nach D.“ ist ein etwas bemühter Versuch, sexuellen Missbrauch zu thematisieren. Vielleicht aber ist die Geschichte sogar wahr, – dann ist sie zu wenig in Literatur umgeformt.

10 (4) – Richlings/Petermanns „Die Wohnung“ für mich nicht mehr als ein netter Wortspiel-Text über einen Herrn Oben, der unten wohnt, und einer Frau Unten, die oben lebt.

In Summe bietet diese Anthologie für mich in der Regel gute Erzählungen, die sich auf jeden Fall von dem, was große Verlage publizieren, erfrischend abheben. Erfrischend deshalb, viele AutorInnen einen persönlichen Tod eingeschlagen haben oder suchen – und weil manche Werke zwar ein wenig unfertig wirken, aber andererseits nicht nach dem „Erfolgsmuster F“ gestrickt sind, das zwar bewährt, aber auf Dauer auch etwas eintönig wirkt.

Von Werner Schuster
Infos:

Mehr über den Holzbaum-Verlag bei holzbaumverlag.wordpress.com [6].