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Falkner, Michaela: Du blutest, du blutest

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Falkner Du blutest [5]


Inhalt:

Ivan, ein Kind, ein unschuldiger Anarchist wie alle Kinder, nimmt an der Welt Maß, an einer Welt, die moralisch in Trümmern liegt. Er wird zum Anführer einer Revolte von Kindern, die die Stadt mit Gewalt überziehen, in die Apokalypse stürzen. Auf den Spielplätzen, in den Hinterhöfen offenbart sich die Hölle eines Krieges, in dem es keine Gefangenen gibt, eine Hölle, die eine ganze Stadt verschlingt. (Pressetext)

Kurzkritik:

Ein Roman? Eher eine Art (Lese-)Performance im Kontext von Installation und interventionistischer Kunst – als splitterhafte und dadurch umso eindrucksvollere, nachvollziehbarere Repräsentation von Kriegsgewalt.

Besprechung:

Perspektivenverwirrung

Ein irreführender Klappentext, der eine offensichtliche narrative Oberfläche verspricht – von einem Kind, Ivan, ist da die Rede, das zum Anführer einer Revolte von Kindern wird – eine Inhaltsangabe, die in keinster Weise auf sprunghafte Satzfetzen und Perspektivenverwirrung vorbereitet.

Ivan erzählt unzusammenhängend von einem Land, das in Kriegsgreuel versinkt, die Erwachsenen gehen aufeinander und auch auf die Kinder immer heftiger los. Er selbst wird gequält, entkommt, einsam versucht er, aus Leichenteilen eine Bezugsperson zu basteln. Sammelt dann andere Kinder um sich, formt durch grausame Rituale eine Gruppe um sich – da lässt sich die Revolte zumindest erahnen.

Detaillierte Grausamkeiten

Grausamkeiten durchziehen die Seiten, Quälungen, Tötungen, die sich immer weiter steigern, in Details beschrieben werden. Dazwischen, zur Beruhigung – der LeserInnen oder Ivans? – Listen mit Namen, Zahlen. Die zusammengefasste Handlung wird nur über lange Strecken angedeutet, erschließt sich zwischen den Schilderungen, deren Perspektive sich nicht immer klar festlegen lässt.

Ein Roman?

Eine beeindruckende Sprachgewalt, zweifelsohne, da trifft die weitere Beschreibung des Klappentextes, wo von einem Szenario „aus den Splittern unserer Lebenswelt“, von einem „monströsen Fiebertraum“ geschrieben wird, durchaus zu. Aber ein Roman? Als (Lese-)Performance dagegen, im Kontext von Installation und interventionistischer Kunst – so weitere Betätigungsfelder der Autorin – als splitterhafte und dadurch umso eindrucksvollere, nachvollziehbarere Repräsentation von Kriegsgewalt schiene der Text durchaus verständlich.

Von Sabine Schönfellner
Infos:

Michaela Falkner, 1970 geboren in Kollerschlag, Österreich. Die Autorin arbeitet und lebt in Wien. Promotion in Politischer Psychologie. Arbeiten im Bereich Regie und Dramaturgie sowie Regieprojekte mit eigener Theatergruppe. Seit 2003 widmet sich die Autorin ausschließlich Buchprojekten.