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Enzensberger, Hans Magnus: Meine Lieblings-Flops

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Enzensberger Lieblingsflops [5]


Inhalt:

Vieles von dem, was von Enzensberger auf dem Weg zur Kinoleinwand, zur Theater-, Opern- und Operettenbühne, zum Magazin oder zur verlegerischen Unternehmung verworfen wurde oder versandet ist, sei‘s zu Recht oder zu Unrecht, passiert in diesem schwarzen Buch Revue. Wer oder was war schuld an den kleinen und großen Niederlagen? Lag es am Geld, an der Justiz oder am eigenen Übermut? (Pressetext)

Kurzkritik:

Wo hat dieser Mann nur auch noch Zeit für Flops hergenommen? Hans Magnus Enzensbergers Werkregister umfasst unter anderem 12 Gedichtbände, 21 Essaybände, sieben Bücher mit Prosa, vier mit Kinder- und Jugendbüchern, drei mit Dramen usw. usf.

Und so ist es – z.B. für diejenigen, deren Werke niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken – grundsätzlich einmal beruhigend, dass auch KünstlerInnen, die „es geschafft“ haben, nicht alles gelingt. Und man könnte sich gut zureden, dass die meisten, wenn nicht alle, ihre Misserfolge unter den Teppich kehren.

Einblicke in die Produktionsbedingungen, Manieren und Usancen des Kulturbetriebs gibt das Buch allerdings zu wenig.

Besprechung:

Nur zu!

Wo hat dieser Mann nur auch noch Zeit für Flops hergenommen? Hans Magnus Enzensbergers Werkregister umfasst unter anderem 12 Gedichtbände, 21 Essaybände, sieben Bücher mit Prosa, vier mit Kinder- und Jugendbüchern, drei mit Dramen usw. usf.

Und so ist es – z.B. für diejenigen, deren Werke niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken – grundsätzlich einmal beruhigend, dass auch KünstlerInnen, die „es geschafft“ haben, nicht alles gelingt. Und man könnte sich gut zureden, dass die meisten, wenn nicht alle, ihre Misserfolge unter den Teppich kehren. (In ähnlicher Weise beschönigen wir Normalsterblichen unsere Lebensläufe in Bewerbungsschreiben.)

Ein Drehbuchvertrag!

Dieses Buch bietet mehr oder weniger verhinderten KünstlerInnen auch den Trost, dass das Leben auch dann nicht schön und/oder großartig wird, wenn man anerkannt wird.

Nehmen wir nur das Filmprojekt „Lichtenberg“ her, für dessen Drehbuch Enzensberger einen Options- und Drehbuchvertrag bekam. „Das Projekt trat daraufhin seinen langwierigen Weg durch die zahllosen deutschen Gremien (…) an. (…) Danach trat die branchenübliche Stille ein, die bis auf den heutigen Tag anhält.“

… und Beinbruch

Oder das Libretto zur Oper „La Cubana“, deren Uraufführung laut Enzensberger deswegen ein Flop wurde, weil man den Regisseur, den der Komponist Hans Werner Henze vorschlug, mit einem anderen verwechselt wurde.

Oder das Theaterstück über Denis Diderot, mit dem Gert Voss auf Tournee gehen wollte und sich dann leider das Bein brach.

Seiner Zeit voraus

Oder das dem „New Yorker” nachempfundene Magazin „TransAtlantik“. Für die erste Nummer im Jahr 1980 schrieben etwa Christoph Ransmayr, Irene Dische, Reinald Goetz, Lars Gustafsson, Tom Wolfe und Joseph Brodskey. Doch: „Je besser die Zeitschrift aussah, desto betrüblicher ging es mit der verkauften Auflage bergab. (…) Es gibt Leute, die behaupten, ,TransAtlantik‘ wäre gescheitert, weil es der Zeit voraus gewesen sei.“

Wer von alldem nicht frustriert genug ist, dem bietet Enzensberger ein etwa 80-seitiges „Ideen-Magazin“ an: Zu haben sind Filmideen, Ideen für das Musiktheater, Theaterideen und verlegerische Ideen. Sollte jemand im „Heuhaufen“ der darin aufgelisteten, „liegengebliebenen und verwaisten Pläne etwas Brauchbares finden: Nur zu!“

Von Werner Schuster

P. S.: Das Buch besteht zu einem Großteil aus Textproben aus den Flops und Ideen, könnte also durchaus auch als Enzensberger-Lesebuch verwendet werden. Die beschreibenden Texte dazu sind oftmals etwas kurz geraten und deuten dann nur an, wieso die Projekte gescheitert sind. Das ist schade, schreibt Enzensberger doch in der Einleitung: „Wenigen Erfahrungen verdanke ich so viel; ich behaupte sogar, dass mir meine Flops im Lauf der Zeit geradezu ans Herz gewachsen sind. Sie gewähren Einblick in die Produktionsbedingungen, Manieren und Usancen des Kulturbetriebs und helfen dem Ahnungslosen, die Fallstricke, Minenfelder und Selbstschußanlagen einzuschätzen, mit denen er auf diesem Terrain zu rechnen hat.“ Diese Einblicke gewährt „Meine Lieblings-Flops“ meiner Meinung nach zu wenig.
Infos:

Das meinen andere [6] (Perlentaucher-Rezensionsnotizen).

Hans Magnus Enzensberger wuchs in einer bürgerlichen Familie in Nürnberg auf. Er studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Erlangen, Freiburg im Breisgau, Hamburg und an der Sorbonne in Paris und promovierte 1955. Bis 1957 arbeitete er als Hörfunkredakteur in Stuttgart. Von 1985 bis 2007 gab er die Buchreihe „Die Andere Bibliothek“ heraus. Er hat Gedichte, Essays, Prosa, Dramen, Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht.

Mehr über Hans Magnus Enzensberger [7] bei Wikipedia.