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James, Rebecca: Die Wahrheit über Alice

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover


Inhalt:

Ein dunkles Geheimnis. Ein zerstörtes Leben. Eine neue Freundin, die dir hilft zu vergessen. Aber was, wenn sie nicht ist, was sie zu sein scheint? (Pressetext)

Kurzkritik:

Ich will ja jetzt kein Spaßverderber sein, aber ich verstehe die Aufregung um dieses Buch nicht. Ich halte „Die Wahrheit über Alice“ gewiss für ein gut aufgebautes und ziemlich spannendes Buch, aber die hölzernen Dialoge haben mir die Freude am Pageturnen eher verdorben.

Außerdem sind die Figuren nicht besonders vielschichtig und verhalten sich ziemlich klischeehaft. Und die Autorin ist dem Kitsch nicht wirklich abhold.

Des weiteren habe ich so meine Probleme mit dem, was ich als „CSI Miami”-Syndrom bezeichne und für eine fragwürdige Moral halte: Bei dieser TV-Serie – und bei Rebecca James – wird mir ständig weisgemacht, dass tödliche Gefahren lauern, sobald du dich ein bisschen vergnügen willst und ein wenig über die Stränge schlägst. Aber das nur am Rande.

Besprechung:

Das „CSI Miami”-Syndrom

Ich will ja jetzt kein Spaßverderber sein, aber ich verstehe die Aufregung um dieses Buch nicht. Ich halte „Die Wahrheit über Alice“ gewiss für ein gut aufgebautes und ziemlich spannendes Buch, aber die hölzernen Dialoge haben mir die Freude am Pageturnen eher verdorben.

Außerdem sind die Figuren nicht besonders vielschichtig und verhalten sich ziemlich klischeehaft. Und die Autorin ist dem Kitsch nicht wirklich abhold.

Des weiteren habe ich so meine Probleme mit dem, was ich als „CSI Miami”-Syndrom bezeichne und für eine fragwürdige Moral halte: Bei dieser TV-Serie – und bei Rebecca James – wird mir ständig weisgemacht, dass tödliche Gefahren lauern, sobald du dich ein bisschen vergnügen willst und ein wenig über die Stränge schlägst. Aber das nur am Rande.

Was mit ihrer kleinen Schwester passiert ist

Katherine ist 17, als sie für ihr letztes Schuljahr allein von Melbourne nach Sidney kommt. An der Schule ist sie eine Einzelgängerin, denn sie hat ein Geheimnis, das sie um jeden Preis bewahren will. Niemand soll erfahren, was mit ihrer kleinen Schwester passiert ist.

Ich verrate das jetzt auch nicht, weil dieser Roman ja hauptsächlich davon lebt, dass er Geheimnisse zum einem möglichst späten Zeitpunkt lüftet. Und das macht Rebecca James wirklich hervorragend.

Hölzerne Dialoge

Dass bei ihr jedoch alle gleich sprechen, ist schon einmal kein Pluspunkt. Und sie sprechen sehr viel. „Die Wahrheit über Alice“ besteht hauptsächlich aus Dialogen und sehr wenigen Beschreibungen.

Leider lesen sich diese Dialoge folgendermaßen:

„Ich find‘s echt coll“, sage ich. Und bin unwillkürlich ein wenig neidisch. Alice‘ Zimmer ist richtig abgefahren, so viel jünger als die moderne, minimalistische Wohnung, in der ich lebe.
„Ehrlich? Es gefällt dir wirklich?“
„Ja“, sage ich und lache. „Ganz ehrlich.“
„Da bin ich echt froh. Du sollst dich hier nämlich genauso wohl fühlen wie ich, weil ich vorhabe, ganz oft mit dir zusammen zu sein. Und ich kann mir richtig vorstellen, wie wir hier in diesem Zimmer ganz viel Zeit miteinander verbringen, wie wir quatschen und quatschen und quatschen und uns bis tief in die Nacht gegenseitig unsere Geheimnisse anvertrauen.”

Wer da so mit Katherine spricht, ist ihre neue Freundin Alice, und die ist keine Gute. Die ist sogar um einiges mehr als ein Miststück, aber wie und warum darf man wieder nicht erklären.

Wie kann man das mit J. K. Rowling vergleichen?!

Was ich mir selbst nicht erklären kann, ist, wie man Rebecca James mit J. K. Rowling vergleichen kann. Das hat zum Beispiel das „Wall Street Journal“ getan – weil James kurz vor dem Beginn der großen Erfolgswelle mit einem Küchenstudio in Konkurs ging und bereits zweifelte, wie sie ihre vier Kinder künftig über Wasser halten sollte. (Rowling hat von Sozialhilfe gelebt, während sie an „Harry Potter und der Stein der Weisen“ arbeitete, und ist jetzt Milliardärin.)

Nur sind die Harry-Potter-Bücher – ganz egal, ob man Fantasy mag oder nicht – doch eher zur gehobenen Literatur zu zählen, und „Die Wahrheit über Alice“ ist ein Unterhaltungsroman. – Das stört mich überhaupt nicht; ich mag nur keinen Etikettenschwindel. Und ich bin mir sicher, Rowling hätte niemals Absätze wie diese veröffentlicht:

Alice geht in die Küche und holt eine Flasche aus dem Kühlschrank. Es ist Sekt. Er ist rosé.
„Mhm, lecker“,sagt sie und küsst die Flasche. „Meine einzig wahre Liebe. Und hey, seit gestern bin ich volljährig.“

Also: „Die Wahrheit über Alice“ ist aufregend, aber kein Aufreger. Ich verstehe nicht, warum sich ein Buch wie dieses in einer, so der Rowohlt-Verlag, „selten gesehenen Bieterschlacht“ in 36 Länder verkauft hat. Große Gefühle und Spannung hin oder her – ist das tatsächlich „der Stoff, aus dem Bestseller sind“?

Von Werner Schuster
Infos:

Leseprobe [5] (PDF)

Rebecca James, geboren 1970, hatte beruflich nie viel Glück. Sie brach das Studium ab, arbeitete als Kellnerin, reiste um die Welt und ließ sich schließlich mit ihrem Mann in Armidale nördlich von Sydney, Australien, nieder. Dort bauten die beiden ein Küchengeschäft auf. Rebecca bekam vier Söhne und schrieb nebenbei. An dem Tag, als das Familienunternehmen bankrott ging, erhielt Rebecca ein Angebot für ihr erstes Buch. Inzwischen wurde „Die Wahrheit über Alice“ weltweit in 36 Länder verkauft.

Mehr über Rebecca James [6] bei Wikipedia.