- Literaturmagazin Eselsohren –  - https://www.eselsohren.at -

Williams, Carol Lynch: Auserkoren

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover


Inhalt:

Kyra kennt nichts anderes als ihre Welt – fernab von jeder Zivilisation lebt sie mit ihrer Familie in einer Mormonen-Sekte, in der Polygamie und Zwangsheirat die Regel sind. Bisher hat Kyra die Regeln nur zögerlich hinterfragt. Doch dann soll sie einen viel älteren Mann heiraten – der zudem noch ihr Onkel ist. Dabei ist sie heimlich verliebt – in den jungen, gutaussehenden Joshua. Als ihre Wünsche den festgesetzten Rahmen ihrer Existenz sprengen, gerät alles, was ihr lieb und teuer ist, in Gefahr – (Pressetext)

Kurzkritik:

Die besten Jugendbücher sind solche, denen man ihre Zielgruppe nicht anmerkt. „Auserkoren” ist so ein seltener Fall.

Besprechung:

Wie du mit Sekten umgehen kannst

Die besten Jugendbücher sind für mich – als nicht mehr Jugendlichem – ja solche, denen man ihre Zielgruppe nicht anmerkt. „Auserkoren” ist für mich so ein seltener Fall.

Es geht um ein Mädchen, das in einer – je nach Standpunkt – Sekte oder religiösen Vereinigung aufwächst. Mit Kyra kommen wir hinter die Machenschaften dieser von den „Ungläubigen” abgeschotteten Gemeinschaft.

Verborgene Freiräume

Wir erleben, wie sie sich einen verborgenen Freiraum schafft, wie sie es wagt, sich in einen Jungen zu verlieben, für den sie nicht vorgesehen ist. Als sie sich weigert, den für sie viel zu alten Bruder ihres Vaters zu heiraten, bekommt sie die Macht des Sektenführers zu spüren.

Dann kann Kyra nicht anders als fliehen, aber sie tut sich unendlich schwer damit. Schließlich muss sie nicht nur die falsche Geborgenheit der Sekte verlassen, sondern auch die echte ihrer Familie.

Nicht alles wird gut

Und schließlich liefert Williams kein leichtfertiges Happy End ab. Anders gesagt: Kyra kann fliehen, aber damit ist nicht plötzlich alles gut. Eine Frau, die Ähnliches durchgemacht hat wie Kyra, nimmt sie auf und versucht ihr begreiflich zu machen, wie schwierig es sein wird, alles hinter sich zu lassen, was bis vor kurzem ein Teil von ihr gewesen ist.

Keine Anbiederung

So etwas – also kein wundersames Happy End – bringen die wenigsten AutorInnen zustande, die für Erwachsene schreiben. Williams biedert sich noch dazu weder ans Alter noch an die Sprache der Jugendlichen an. Da gibt es keine Betulichkeit, kein sich immer wieder in den Vordergrund drängenden Anliegen und kein verstecktes „du solltest doch”.

„Auserkoren” ist hervorragender Roman, der seine Zielgruppe wirklich ernst nimmt.

Von Werner Schuster
Infos:

Leseprobe [5] bei cbt.

Mehr über Carol Lynch Williams [6] bei www.carollynchwilliams.com.