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Fox, Paula: Der Gott der Alpträume

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Erzählungen
Erschienen bei dtv (Taschenbuch, 2010), Beck (gebunden, 2007)
Aus dem Amerikanischen von Susanne Röckel
Originalausgabe: „The God Of Nightmares“, 1990
Inhalt:

Im Jahre 1941, kurz nachdem ihr Vater, der die Familie schon vor langer Zeit verlassen hat, gestorben ist, verläßt Helen Bynum zum ersten Mal ihren kleinen Heimatort im Staat New York und reist nach New Orleans. Sie sucht und findet ihre Tante Lulu, die Schwester ihrer Mutter, die Lulu zu sich holen will. Aber Lulu, eine alternde, alkoholabhängige Schauspielerin, die von dem jungen Len versorgt wird, denkt nicht daran, New Orleans zu verlassen. Helen ist erst dreiundzwanzig, und voller Staunen, Liebe und Verwunderung; überrascht, manchmal auch schockiert oder ängstlich beobachtet sie das Leben in New Orleans und vor allem in den Bohemien-Kreisen, in die sie gerät. (Pressetext)

Kurzkritik:

Fox erzählt auf eine Art und Weise, die den Figuren ihr Geheimnis lässt. Anders gesagt: Sie gibt nicht vor, mehr zu wissen, als man von Menschen eben wissen kann. Und so wirken diese Figuren nicht wie am Reißbrett konstruiert, sondern „echt“.

Was die Ich-Erzählerin Helen berichtet, ist keine Geschichte, mit der etwas erklärt oder bewiesen werden soll. Groß und mächtig erscheinende Erlebnisse müssen nicht unbedingt wichtig sein – und umgekehrt. So sind die Rassenkonflikte in New Orleans und der Zweite Weltkrieg bloß Lebensumstände, die im Moment vielleicht nicht mehr Gewicht haben als die Beziehungsprobleme einer Freundin.

Besprechung:

Geheimnisvoll „echt“

Wenn jemand anderer als Paula Fox dieses Buch geschrieben hätte, wäre es wohl langweilig geworden. Denn äußerlich passiert da nicht viel, die Handlung ist nicht wirklich spannend aufgebaut und die einzelnen Szenen sind fast schon gegen die herkömmliche Dramaturgie komponiert.

Nacherzählen kann man den Roman schwer: Im Jahr 1941 stirbt Helen Bynums Vater, der die Familie vor langer Zeit verlassen hat. Ihre Mutter, die im Staat New York eine Pension führt, schickt sie nach New Orleans. Sie soll ihre Tante Lulu überreden, zu ihrer Mutter zu ziehen.

Die 23-jährige Helen bleibt in der für sie aufregenden Stadt mit den Bohemien-Kreisen, in die sie gerät, bis sie heiratet und mit ihrem Mann zuerst nach Chicago, später nach New York zieht. Zu Beginn des kurzen zweiten Teiles, der im Jahr 1967 spielt, stirbt ihre Mutter.

Wieder erkennen

Fox erzählt auf eine Art und Weise, die den Figuren ihr Geheimnis lässt. Anders gesagt: Sie gibt nicht vor, mehr zu wissen, als man von Menschen eben wissen kann. Und so wirken diese Figuren nicht wie am Reißbrett konstruiert, sondern „echt“.

Was die Ich-Erzählerin Helen berichtet, ist keine Geschichte, mit der etwas erklärt oder bewiesen werden soll. Groß und mächtig erscheinende Erlebnisse müssen nicht unbedingt wichtig sein – und umgekehrt. So sind die Rassenkonflikte in New Orleans und der Zweite Weltkrieg bloß Lebensumstände, die im Moment vielleicht nicht mehr Gewicht haben als die Beziehungsprobleme einer Freundin.

Dennoch ist „Der Gott der Alpträume“ nicht nebulös. Ohne dass sie uns lang und breit vorgestellt würden (mit Aussehen und Vergangenheit usw.), glaubt man, Helen und ihre Verwandten und FreundInnen sofort (halbwegs) gut zu kennen. Und auch ihre Schicksale und Charaktere wirken so (un)einsichtig wie die der eigenen Verwandt- und Bekanntschaft. Man würde sie gewissermaßen auf der Straße wieder erkennen.

Von Werner Schuster
Infos:

Paula Fox wurde 1923 in New York geboren, wo sie auch heute lebt. Sie veröffentlichte zahlreiche Kinderbücher, für die sie 1978 mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis ausgezeichnet wurde, sechs Romane und zuletzt ihre Autobiographie “In fremden Kleidern” (C.H.Beck, 2003) und “Der kälteste Winter” (C.H.Beck, 2006).

Über Paula Fox [5] bei Wikipedia.