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Fels, Ludwig: Die Parks von Palilula

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Die Parks von Palilula von Fels
Erinnerungen
Erschienen 2009 bei Jung & Jung
Inhalt:

Das kleine schwarze Baby und der große weiße Mann. – Der Schriftsteller Ludwig Fels erzählt eine Liebesgeschichte der besonderen Art. (Pressetext)

Kurzkritik:

Ludwig Fels liebt ein schwarzes Baby und hat darüber Tagebuch geführt. Das ist ein bisschen langatmig und ausufernd, und es hat etwas von jener Bekenntnisliteratur der 1970er/80er-Jahre, als das Private für politisch angesehen wurde und als man sich wagemutig vorkam, sein angeblich Innerstes allgemein zugänglich zu machen.

Besprechung:

Tausend Mal gehört

Als ich einmal Floras frühkindliche Entwicklung einer Freundin in allen kleinsten Details schilderte, unterbrach mich diese, eine Mutter von drei Kindern, mit den Worten: „Lieber Werner, nicht böse sein, aber ich habe diese Geschichten in den letzten Jahren (von unzähligen stolzen Eltern; Anm.) tausend Mal gehört.“

Daran habe ich mich erinnert, als ich Fels‘ „Parks von Palilula“ las, an dieses nach außen verkündete Entzücken über den Alltag mit einem Baby oder Kleinkind, währenddessen man die Schreiorgien und die Auswirkungen der sog. Trotzphase wegblendet oder -lügt.

Opa Ludwig

Nun ist Fels zwar nicht der Vater der schwarzen Udoka und hat auch nicht den Alltag mit ihr erlebt, sondern sie bloß sehr oft besucht. Er idealisiert dieses Kind jedoch, wie es ansonsten Eltern tun, obwohl (oder weil) er ihm die Windeln zum ersten Mal gewechselt hat, als es ungefähr ein Jahr alt war.

Ja, da kann man leicht idealistisch sein und ein großes Herz haben, wenn man die 24-Stunden-Pflicht nicht hat, würden gestandene Eltern jetzt selbstgefällig anmerken. Aus überforderten und genervten Eltern werden später allerdings oft die geduldigsten Großeltern, und Fels war ja auch schon über 60, als er seine Udoka kennen gelernt hat.

Ludwigs Tagebuch

Fels ist außerdem Schriftsteller, also hat er seine Erfahrungen mit Udoka (und ihrer Mutter und einem Teil der schwarzen Community Wiens sowie den örtlichen Einwanderungs- und sonstigen Behörden) zu Papier gebracht, sehr persönlich, in Tagebuch-Form.

Nein, eigentlich scheint er das Tagebuch veröffentlicht zu haben, das er während seiner ersten Zeit mit Udoka geschrieben hat. Das ist ein bisschen langatmig und ausufernd und –

Als das Private noch politisch war

Also ich hätte so etwas nicht zur Veröffentlichung freigegeben, hätte als Schriftsteller gewartet, bis sich für das Erlebte eine Form aufdrängt, mit der es sich vermitteln lässt. So aber hat das Buch etwas von jener Bekenntnisliteratur der 1970er/80er-Jahre, als das Private für politisch angesehen wurde und als man sich wagemutig vorkam, sein angeblich Innerstes allgemein zugänglich zu machen.

Auf dieser Ebene wünsche ich Herrn Fels selbstverständlich alles Gute für seine Udoka und für sich. Aber wenn er mir das alles (was auf 250 Seiten Platz hat) von Angesicht zu Angesicht hätte erzählen wollen (à la „Wir waren im Park; sie hat zuerst gelacht und dann das Gesicht verzogen, sich aber bald wieder beruhigt“), hätte ich wohl wie jene Mutter dreier Kinder reagiert: „Nicht böse sein, Ludwig-Opa, aber ich habe diese Geschichten schon tausend Mal gehört.“

Werner Schuster
Infos:

Ludwig Fels, geboren 1946 in Treuchtlingen, verschiedene Jobs, seit 1973 Schriftsteller, lebt in Regensburg und Wien.
Ludwig Fels erhiellt 2004 den Wolfgang-Koeppen-Literaturpreis .

Über Ludwig Fels [5] bei Wikipedia.