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Burstein, Fabian (Hrsg.): Wir feiern Untergang!

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Wir feiern Untergang
Erschienen 2009 bei Residenz
Inhalt:

Its Krisen-Time, Baby. Immer und überall. Je nach Zeitgeist in der Wirtschafts- oder Finanzwelt, am Arbeits- oder Aktienmarkt, in der Dotcom- oder Immobilienblase. Aber wie heißt es so schön: Alles geht irgendwann unter – auch die Krise. Nur ein Genre fühlt sich immer krisengebeutelt: die arme, von allen Seiten geschundene Kultur. Doch die Tristesse ist auch – oder vielleicht sogar vor allem – eine emotionale. Denn nirgendwo anders wird so hingebungsvoll gejammert und geschimpft wie unter den Eliten des Schöngeists. (Pressetext)

Kurzkritik:

Eine Besprechung in drei Teilen: Zuerst à la moderner Journalismus (d.i. Copy & Paste), dann wohlwollend-raunzend und schließlich so „gnadenlos misanthrop“, wie das Buch laut Klappentext hätte sein sollen.

Besprechung:

Raunzen für Anfänger und Fortgeschrittene

Eine Besprechung in drei Teilen: Zuerst à la moderner Journalismus (d.i. Copy & Paste), dann wohlwollend-raunzend und schließlich so „gnadenlos misanthrop“, wie das Buch laut Klappentext sein soll.

1. Copy & Paste

It‘s Krisen-Time, Baby. Immer und überall. Je nach Zeitgeist in der Wirtschafts- oder Finanzwelt, am Arbeits- oder Aktienmarkt, in der Dotcom- oder Immobilienblase. Aber wie heißt es so schön: Alles geht irgendwann unter – auch die Krise. Nur ein Genre fühlt sich immer krisengebeutelt: die arme, von allen Seiten geschundene Kultur. Doch die Tristesse ist auch – oder vielleicht sogar vor allem – eine emotionale. Denn nirgendwo anders wird so hingebungsvoll gejammert und geschimpft wie unter den Eliten des Schöngeists.

Fabian Burstein hat sich dem Phänomen des kulturellen Berufspessimismus angenommen und 26 Texte gesammelt, in denen es nur um eines geht: den Untergang der Kultur. Die AutorInnen fabulieren, dass es eine Freude ist, und erklären, warum ihr höchstpersönlicher kultureller Lebensbereich dem Untergang geweiht ist. Gnadenlos misanthropisch!

2. Raunzen

Na geh, jetzt hab ich mich schon so gefreut auf dieses Buch. Prominente (Klaus Nüchtern, Christoph Wagner-Trenkwitz, Johann Skocek, Austrofred, Hermes Phettberg, Renee Pornero, Walter Gröbchen, Jürgen Neffe u.v.a.) schreiben über den Untergang (der guten Manieren, der Oper, des Fußballs, des Stadionrock, der Religion, der Pornografie, der Musikindustrie, des Buches u.v.m.)!! Das hätte doch was hergeben können.

Ein bisserl schade

Denn eigentlich habe ich gedacht, hier würde über die Zustände hergezogen, dass es eine Freude ist. Statt dessen haben die AutorInnen nette und lustige Artikel über den kulturellen Untergang verfasst. O.k., das ist schon fundiert und witzig, aber vielleicht ein bisserl zu fundiert und ein bisserl verkrampft witzig (bisserl = Österreichisch für ein wenig; Anm.). Und viel ist denen zum Untergang auch nicht wirklich eingefallen.

Also, es is‘ schon ein bisserl schade um die gute Idee.

3. Sudern

Hab ich was missverstanden? Ich dachte, „Wir feiern Untergang!“ ist ein Sudel- und Suderbuch sondergleichen (sudern = Österreichisch für jammern, sich pausenlos beschweren; Anm.). Kulturleute jammern und schimpfen schriftlich – eine herrliche Idee! Dass da noch niemand zuvor draufgekommen ist!!

Man braucht doch in Wien bloß unter Menschen zu kommen, und schon wird geraunzt, dass man nicht weiß, ist einem schlecht vom Alkohol oder von ebendiesem Raunzen oder macht‘s die Mischung aus beidem aus (raunzen = Österreichisch für jammern, nörgeln, murren; Anm.).

Und dann kommen‘s mir in diesem Buch auf originell! Prominente Klugscheißer verfassen schöngeistige Elaborate!! Meistens merkt man den Texten die Anstrengung an, besonders eloquent und witzig zu sein. Selten gelingt‘s.

Wie das geht

Ich geb euch einen Tipp: Setzt‘s euch einmal an einen Nebentisch, wenn der Niki und ich über die Zeitungen herziehen. Ihr müsst nicht die ganze Zeit (ca. 2 bis 6 Stunden) bleiben, es genügt eine halbe Stunde, und dann wisst‘s, wie das geht.

Zum Beispiel: Zuerst hat der Dichand die Österreichischen Gehirne mit „Rechtspopulismus“ bei 90° gewaschen, dann kam der Fellner und hat sie mit seinen als Nachrichten getarnten Werbeumfeldern weichgespült. Und jetzt versteht niemand mehr, was im profil drinnen steht, obwohl das ja auch schon elendiglich seicht geworden ist.

Na, ist das so schwer?

(Für Nicht-ÖsterreicherInnen: Dichand = „Kronenzeitung“; Fellner = „News“, jetzt „Österreich“; „profil“ = Nachrichtenmagazin)

Von Werner Schuster
Infos:

Über Fabian Burstein auf www.fabianburstein.com [5].