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Carofiglio, Gianrico: Die Vergangenheit …

Buchcover… ist ein gefährliches Land
Roman
Aus dem Italienischen von Julia Eisele
Hardcover: Goldmann, 2009
(„Il passato √® una terra straniera“, RCS, 2004)

Absurde Welten

Da ich von Carofiglios „Das Gesetz der Ehre“ sehr angetan war (siehe hier [1]), habe ich mich natürlich auf „Die Vergangenheit ist ein gefährliches Land“ gefreut, wurde aber eher enttäuscht, obwohl mich die Spieler-Thematik interessiert hat.

Der biedere Jura-Student Giorgio lernt mit Francesco einen Mann aus der Unterwelt kennen und verfällt ihm und dem Trickbetrügen am Pokertisch: Gemeinsam nehmen sie reiche Leute aus. Giorgio lässt Studium und Freundin sausen, doch seine anfängliche Euphorie weicht nach und nach einer leichten Depression. Dagegen hilft nur kurz, dass er mit Francesco einen viel Gewinn bringenden Drogendeal über die Bühne zieht.

Parallel dazu sucht die Polizei – insbesondere ein Tenente namens Chiti – nach einem Serien-Vergewaltiger, und weil sich das unvermittelt zwischen die von Giorgio in der Ich-Form erzählten Kapitel schiebt, vermutet man bald, dass dies mit ihm oder mit Francesco zu tun hat. – Für mich ein dramaturgischer Schwachpunkt.

Wer betrügt, wird auch nicht glücklich

Schwach begründet erscheint mir auch Giorgios Entwicklung. Selbstverständlich kann man seines – noch dazu „unverdienten“ – Glückes überdrüssig werden, aber warum dies dem Ich-Erzählen widerfährt, war für mich nicht nachvollziehbar. Die Wirkung auf mich war moralinsauer: Wer betrügt, wird auch nicht glücklich.

Aber auch der schlussendlich erfolgreiche Tenente Chiti neigt zur Niedergeschlagenheit, und in Anbetracht der in diesem Roman als von Zufällen und Sinnlosigkeit bestimmten dargestellten Welt gewann ich immer mehr den Eindruck, es hier mit einer nicht wirklich gelungenen Variation zu Camus‘ „Der Fremde“ [2] zu tun zu haben.

Die Vergangenheit ist ein gefährliches Land [3] bei Amazon.

Über Gianrico Carofiglio [4] bei Wikipedia,
mehr von Carofiglio („Das Gesetz der Ehre“ [1])
und mehr von Goldmann [5] bei „Eselsohren“.