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Carcasi, Giulia: Ich bin aus Holz

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Roman
Aus dem Italienischen von Christiane Rhein
Hardcover: C. Bertelsmann, 2008
(„Io sono di legno“, Feltrinelli, 2007)
Inhalt:

Giulia ist eine erfolgreiche Ärztin, aber vom Leben enttäuscht. Ihre 18jährige Tochter soll es einmal besser haben, doch die streitsüchtige Mia hat die Kommunikation mit ihrer Mutter längst abgebrochen. Getrieben vom Wunsch, ihrer Tochter nahe zu sein, wagt Giulia einen Blick in Mias Tagebuch – und erkennt sich in vielem wieder. Erinnerungen an längst verdrängte Familienerlebnisse aus ihrer Jugend kommen ihr in den Sinn, von denen sie ihrer Tochter in einem langen Brief erzählt. Dabei erkennt sie, dass es dringend an der Zeit ist, Mia den Freiraum für ein eigenes Leben zu lassen. (Pressetext)

Kurzkritik:

Und ich habe in „Ich bin aus Holz“ nicht das angekündigte Besondere einer Mutter-Tochter-Beziehung gefunden. Übrig bleibt die ziemlich gut geschriebene Selbstdarstellung zweiter Frauen mit relativ normalem Schicksal. Nett zu lesen, eher harmlos und nicht besonders aufregend.

Besprechung:

Ich bin auch aus Holz

So als Mann hat mich an diesem Buch vor allem die wahrscheinlich und angeblich schwierige Beziehung zwischen Müttern und Töchtern interessiert, und dahingehend wurde ich von „Ich bin aus Holz“ enttäuscht. – Aber es steh ja auch auf dem Cover „Ein Buch FÜR MÜTTER UND TÖCHTER, die lernen möchten, wieder neu miteinander zu reden“ (Vanity Fair).

Und dann klang natürlich viel versprechend, was La Repubblica über die Autorin behauptet: „23 Jahre alt, zwei Bücher auf der Bestsellerliste: Giulia Carcasi ist ein Wunder“. – Nun, das halte ich für übertrieben. Im vorliegenden Buch verwendet Carcasi die Tagebuchform, was in sich stimmig ist (schließlich liest die Mutter das Tagebuch der Tochter und schreibt daraufhin selbst eines), aber auch einen einfachen, die LeserInnen nicht (über-)fordernden Schreibstil, mit sich bringt. Doch immerhin gelingt es der Autorin, die Spannung zu halten und z.B. mich bei der Stange zu halten.

Erzählt wird eine, so nehme ich an, ganz normale Mutter-Tochter-Geschichte, die meiner Ansicht nach auch eine Vater-Tochter-Geschichte sein könnte. Allerdings ist Flora (meine Tochter) derzeit erst elf Jahre alt, und die Roman-Tochter 18.

Ja, habe ich beim Lesen gedacht, mit 18 war ich auch noch das von den meisten anderen Bewohnern dieses Planeten zumindest irritierte Zentrum des Universums – und meine Eltern, an denen ich nur die Bequemlichkeit sah und nicht die Erholungsbedürftigkeit, gaben einen prima Reibebaum ab.

Bloß weil sie es ihr verrät

Aber war ich so, weil mir meine Eltern nicht alles sagten? Wird Flora so werden, weil ich und Eva ihr nicht alles sagen? Ich glaube nicht. Ich glaube auch nicht, dass die Roman-Tochter ihrer Roman-Mutter verzeihen wird, dass sie so ist, wie sie ist, und getan hat, was sie getan hat, bloß weil sie es ihr verrät.

Und ich habe in „Ich bin aus Holz“ nicht das wahrscheinlich und angeblich Besondere einer Mutter-Tochter-Beziehung gefunden. Übrig bleibt die ziemlich gut geschriebene Selbstdarstellung zweiter Frauen mit relativ normalem Schicksal. Nett zu lesen, eher harmlos und nicht besonders aufregend.

Von Werner Schuster
Infos:

Giulia Carcasi, geboren 1984, wird als junge Starautorin Italiens gefeiert, seit sie mit 21 höchst erfolgreich ihren ersten Roman veröffentlichte. Auch ihr zweites Buch „Ich bin aus Holz“ wurde von Kritikern und Lesern begeistert aufgenommen. Giulia Carcasi lebt in Rom, schreibt an ihrem nächsten Roman und studiert Medizin.

Über Giulia Carcasi [5] bei Randomhouse.