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Nizon, Paul: Stolz

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Prosa
Suhrkamp, 1999 (Taschenbuch)/ 2006 (Hardcover)
(1975)
Inhalt:

Stolz läßt sich hinaustreiben, als Gehilfe auf beliebige Arbeitsplätze, auf eine Reise ans Meer, in die Arme der Frauen, auf Wanderschaft. Doch statt ms Freie rennt er in eine voreilig geschlossene Ehe samt früher Vaterschaft und aus dem Zwang, etwas werden zu müssen, in ein Studium. Um eine Studienarbeit zu schreiben, reist er in den Spessart und begibt sich damit, ohne es zu ahnen, in eine tödliche Falle … (Pressetext)

Kurzkritik:

Wäre das nicht eine gute Idee, habe ich mich manchmal gefragt, die Hauptfigur eines Buches zufällig und unerwartet ums Leben kommen zu lassen? – Jetzt, nach der Lektüre von Nizons “Stolz”, weiß ich, dass das nicht wirklich funktioniert. Und hier stirbt die Titelfigur nicht einmal völlig überraschend.

Besprechung:

Antriebslos im Schnee

Wäre das nicht eine gute Idee, habe ich mich manchmal gefragt, die Hauptfigur eines Buches zufällig und unerwartet ums Leben kommen zu lassen? – Jetzt, nach der Lektüre von Nizons “Stolz”, weiß ich, dass das nicht wirklich funktioniert. Und hier stirbt die Titelfigur nicht einmal völlig überraschend.

Darüber hinaus habe ich mit diesem Buch eine für mich neue Seite von Paul Nizon kennen gelernt. Habe ich ihn früher (wegen Das Auge des Kuriers [5]) als einen Schriftsteller gesehen, der ohne Plot auskommt, um “mit dem Leben in erster Instanz zu verhandeln”, und im 1971 veröffentlichten Im Hause enden die Geschichten [6] folgerichtig noch Plot-Reste ausgemacht, so musste ich in “Stolz” aus dem Jahr 1975 sozusagen jede Menge Handlung feststellen:

Gelegenheitsarbeiten

Ein 25-Jähriger weiß nicht, was er eigentlich aus seinem Leben machen will, und kommt mir seiner zunehmenden Fremdbestimmtheit nicht zurecht. Nach dem Gymnasium “hatte er sich nicht auf die Universität, sondern in allerhand Gelegenheitsarbeiten begeben”. Ein Gespräch mit einem Kunststudenten lässt ihn dieses Fach ebenfalls inskribieren, gleichzeitig arbeitet er nacht auf der Bahnpost, heiratet und wird Vater.

Verirrt

Die Schwiegereltern finanzieren ihm Kost und Logis, damit er eine Arbeit über van Gogh schreiben kann, doch er kann sich zu nicht mehr aufraffen, als die Briefe dieses Malers zu lesen. Kurz nachdem er beschließt, sich van Goghs Werke im Original anzusehen, lässt er sich von einem Förster überreden, mit ihm nachts in den Wald zu gehen, und verirrt sich dort.

Das ist in einer herrlich-poetischen Sprache erzählt, hat mich aber inhaltlich nicht besonders interessiert, obwohl es natürlich ein schwieriges Unterfangen ist, einen antriebslosen Menschen spannend zu beschreiben. Und auch, wenn es zu so jemandem passt, im Schnee einzuschlafen, so hat mich das unvermittelte Ende doch ziemlich unbefriedigt zurückgelassen. Zumindest in Büchern soll das Leben anscheinend stimmig sein.

Von Werner Schuster
Infos:

Über Paul Nizon [7] bei Wikipedia.