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Lopez, Barry: Als ich aus der Welt verschwand

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Hans Jürgen Balmes
Hardcover: Fischer, 2008
(“Resistance”, Knopf, 2004)
Inhalt:

Barry Lopez erzählt von neun Freunden, die in alle Welt verstreut leben. Plötzlich erhalten sie einen Brief von der Regierung, die sie nach ihrer Haltung befragt doch statt sich zu rechtfertigen, berichten sie von ihrem Leben: Es sind Akte des Widerstands, die Barry Lopez in den Mittelpunkt seiner Erzählungen stellt. Lakonisch und einfühlsam berichtet er von Versuchen, die verlorene Würde zurück zu gewinnen, und erinnert uns daran, dass Schönheit, Phantasie und Hoffnung Schwestern sind. (Pressetext)

Kurzkritik:

Dieses Buch wird den Globalisierunggegnern wahrscheinlich zu lyrisch und zu wenig konkret sein, den Leichte-Literatur-Schmökerern zu anspruchsvoll und den Anspruchsvolle-Bücher-Lesern zu polemisch-politisch. Dennoch: Wenn es eine “Inland Security” gäbe, hätte Barry Lopez von dieser Institution schon längst einen Brief erhalten …

Besprechung:

Ein Brief an Mr. Lopez

Dieses Buch könnte Wasser auf die Mühlen der Globalisierungs- und sonstigen Gegner sein. Neun über die Welt verstreute Amerikaner haben die Unverfrorenheit der Firmenkonglomerate, die geheimen Absprachen zwischen Regierung und Wirtschaft oder die Feigheit der Nachrichtensprecher nicht mehr ausgehalten und üben eine Art von sanftem Widerstand aus (Die Menschen sind keine nur nach einem Ziel strebenden Tiere. Wir glauben, dass sie Geschöpfe sind, die in ihrem Leben nach Proportionen suchen, nach Anmut: Gleichgewicht und Schönheit.)

Als dieser Gruppe von Menschen Briefe von einer gewissen “Inland Security” erhält, in denen ihre bisherigen künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten als Gefahrenquellen für die Demokratie eingestuft werden, beschließen sie, sich den angekündigten Verhören zu entziehen und zu verschwinden. Jede/r hinterlässt einen kurzen Bericht über den Anlass ihrer/seiner Widerständigkeit. – Wir betrachten uns als Diener der Erinnerung und nicht euren Fortschritts.

Die Götter der Angst

Die Landschaftsarchitektin und Installationskünstlerin Lisa Meyer hat sich etwa ihrer Depression via Viktor Frankls “Der Mensch auf der Suche nach dem Sinn” gestellt, der Kunsttischler und Umweltschützer Garry Sinclair wurde Opfer eines sinnlosen, gewalttätigen Überfalls und hat dadurch ein Ventil dafür gefunden, dass er als Kind sexuell missbraucht worden ist, der Rechtsanwalt und Autor Edward Larmirande wurde von einem weisen Indianer unterwiesen, …

Ja, diese – beschaulich-brillant geschriebenen – Berichte sind wohl nicht das, was man sich von Zeugnissen des Widerstands erwartet, scheinen sich eher dem Wesen von Menschen anzunähern, welche den Göttern der (Terror-)Angst, des Konsums und des wirtschaftlichen Fortschrittes um jeden Preis nicht huldigen können oder wollen.

Zu lyrisch, zu polemisch

Außerdem dürfte das – mit neun Monotypien von Alan Magee versehene – Buch den Globalisierunggegnern wahrscheinlich zu lyrisch und zu wenig konkret sein, den Leichte-Literatur-Schmökerern zu anspruchsvoll und den Anspruchsvolle-Bücher-Lesern zu polemisch-politisch. Dennoch: Wenn es eine “Inland Security” gäbe, hätte Barry Lopez von dieser Institution schon längst einen Brief erhalten …

Von Werner Schuster
Infos:

Über Barry Lopez [5] auf der Site des Berliner Literaturfestivals,
Monotypien [6] von Alan Magee auf dessen Homepage.