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Bechdel, Alison: Fun Home

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

coverbild
Comic-Roman
Hardcover: Kiepenheuer & Witsch, 2008
(2007)
Inhalt:

Der größte literarische Überraschungserfolg des Jahres 2006 aus den USA erzählt von einer jungen Frau, die einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt. Sensationell ist die Form, in der die Geschichte erzählt wird: In Worten und Bildern, die sich zu einem Meisterwerk der Comic-Kunst zusammenfügen. Alison Bechdel. (Pressetext)

Kurzkritik:

Für die Lektüre von “Fun Home” ist es gleichgültig, ob der Leser Comics mag und gleichgeschlechtliche Neigungen verspürt – oder eben nicht. Man folgt dieser Geschichte so oder so gern, leidet mit, lacht und weiß am Ende vielleicht ein bisschen mehr als zuvor.

Besprechung:

Gezeichnet fürs Leben

Im “Standard” wird ein (Comic-)Buch besprochen, das wir übersehen haben. Wir bringen hier eine Kurzfassung:

Alison Bechdel zeichnet seit 1983 die Cartoon-Serie “Dykes To Watch Out For” (“Lesben, vor denen man sich in Acht nehmen sollte”), die in den USA in diversen schwul-lesbischen Medien abgedruckt wird. Ihr bis dato größter Erfolg und das Crossover zur sogenannten Hochkultur samt Eintrag in der New York Times-Bestsellerliste gelang der 47-Jährigen jedoch 2007 mit dem “Familiy Tragicomic” (so der Untertitel) “Fun Home”, einem autobiografischen Comic-Roman über ihr Heranwachsen in einem kleinen Ort in Pennsylvania.
 
Lustig zugegangen ist es in Bechdels Kindheit weniger. Der Titel ist ihre flapsige Abkürzung für “Funeral Home”. Ebenjenes örtliche Bestattungsunternehmen führten ihre Eltern. Noch gruseliger als die omnipräsenten Leichen empfanden Alison und die Geschwister die Gefühlskälte ihres pedantischen Vaters, der nur seine Möbel und Bücher mit Liebe behandelte (“Er war ein Ass der Äußerlichkeit, ein Genie der Gediegenheit, ein Daedalus des Designs”).
 
Erst als sie aufs College nach New York gegangen war, erfuhr Alison von ihrer Mutter, dass das aristokratische Auftreten ihres Vaters Fassade war. Dahinter verbarg sich ein gebrochener Mann, der junge Männer liebte, ohne dies offen ausleben zu können. Zu einer Aussprache mit der Tochter, die just zu der Zeit selbst ihre Homosexualität entdeckte, kam es nicht mehr. Vater Bechdel lief 1980 beim Überqueren einer Straße in einen Lkw. Die Familie vermutet, er habe Selbstmord begangen.
 
Mit der Erzählform der “Graphic Novel” und einfachen, aber aussagekräftigen Schwarz-Weiß-Zeichnungen hat Alison Bechdel die passende Form für ihre Geschichte gefunden. Die US-Medien waren jedenfalls begeistert. Das Time Magazine erklärte “Fun Home” kurzerhand zum “besten Buch des Jahres”, wohlgemerkt nicht am Comic-Sektor, sondern überhaupt. Gelobt wurde reihum, von der New York Times (“eine Pioniertat”) über Publishers Weekly bis zum Online-Kulturjournal salon.com.
 
Für die Lektüre von Fun Home ist es gleichgültig, ob der Leser Comics mag und gleichgeschlechtliche Neigungen verspürt – oder eben nicht. Man folgt dieser Geschichte so oder so gern, leidet mit, lacht und weiß am Ende vielleicht ein bisschen mehr als zuvor.
Dieser Tage erscheint “Fun Home” nun, mit dem Untertitel “Eine Familie von Gezeichneten” versehen, in deutscher Übersetzung. Als Entdecker fungierte einmal mehr der literarische Agent, Übersetzer und TV-Leseonkel (“druckfrisch”) Denis Scheck, ein ausgewiesener Kenner der US-Literaturszene.
 
© Der Standard/Sebastian Fasthuber, 13.02.2008

Die ganze Besprechung ist hier [5] zu finden.
Infos:

Über Alison Bechdel [6] bei Wikipedia.