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Fargues, Nicolas: Nicht so schlimm

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Fargues Nicht so schlimmRoman
Deutsch von Frank Wegner
Rowohlt
(2007)
Inhalt:

Männer leiden lauter! Sie sind jung und gut aussehend, haben zwei bezaubernde Kinder, Erfolg im Beruf – und eine gewaltige Ehekrise. Auf jede erdenkliche Weise machen sie sich das Leben zur Hölle und die wichtigste Kampfregel lautet: Nichts, aber auch gar nichts jemals verzeihen. Bis er auf Alice trifft und so etwas wie Liebe wieder möglich zu sein scheint. Doch zu welchem Preis? (Pressetext)

Kurzkritik:

Fargues zeigt in “Nicht so schlimm” keine Angst vor Gender-Fettnäpfchen. Er hat, unbekümmert von den Diskussionen um Emanzipation und den “neuen Mann”, eine verfahrene Beziehung und eine Verliebtheit beschrieben, in der er gegenwärtige Geschlechterrollen eben nicht reflektiert, sondern einfach Menschen in bestimmten Situationen schildert. Weder die Menschen noch die Situationen sind allgemein gültig. Aber sie sprechen, betrachtet man die unterschiedlichen Reaktionen, anscheinend viele an.

Besprechung:

Keine Angst vor Gender-Fettnäpfchen

Wenn ein Mann heutzutage einen anspruchsvollen Roman über eine Beziehung schreibt, wird er leicht in eine Ecke hineininterpretiert, in der er sich Zeit seines Lebens vielleicht nie befunden haben möchte. Umso wohltuender macht sich in dieser Zusammenhang “Nicht so schlimm” von Nicolas Fargues aus. Dieser hat anscheinend noch nie etwas von Sexismus und Gender-Debatten (und Rassismus) gehört – oder tut zumindest so – und beschreibt wie von der Leber weg eine Ehekrise. Und er erschafft Romanfiguren, mit denen sich wohl beide Geschlechter identifizieren können, ohne dass jemand “Die Männer!” oder “Die Frauen!” auszurufen bräuchte.

Das sehe ich so. Wenn man online durch die Rezensionen scrollt, findet man alle denkbaren Geschlechterperspektiven: Vom “alten Mann” mit Selbstmitleid bis zum verunsicherten “neuen Mann”. Allerdings, und das ist bemerkenswert, verlaufen die Zu- und Ablehnungen des Romans nicht entlang der “Geschlechterfront”. – Das spricht meiner Meinung nach für “Nicht so schlimm”: Jede/r findet sich und/oder “das schreckliche Du” wieder.

Das Ende einer missglückten Ehe

Fargues beschreibt das Ende der missglückten Ehe seines namenlosen Protagonisten: Zuerst betrügt er sie, woraufhin sie ihn betrügt, was er nicht verkraftet, bis er sich in eine andere Frau verliebt. Geschrieben ist das als Monolog des Mannes an jemanden, der/die unbekannt bleibt, dementsprechend in einer direkten, einfachen Sprache.

Keine der drei Hauptfiguren kommt gut weg, naturgemäß am ehesten noch Alice, in die sich der Erzähler verliebt hat, der sich dann aus Reue seiner Frau unterwirft, welche jedoch anscheinend lieber einen selbstbewussten Mann als Partner haben möchte.

Eine Schwarze

Relativ spät und wie nebenher erfährt man, dass diese Frau eine Schwarze und ihr Mann ein Weißer sind. Kurz überlegt der Ich-Erzähler, ob dies in ihrer scheiternden Beziehung eine Rolle gespielt haben könnte. Aber wäre das von Belang? Geht es hier nicht vor allem darum, dass sie sich auseinandergelebt haben, müssen sie Sinnbild einer Rasse oder eines Geschlechtes sein?

Und so finde ich, dass Fargues in “Nicht so schlimm” keine Angst vor Gender-Fettnäpfchen zeigt. Er hat, unbekümmert von den Diskussionen um Emanzipation und den “neuen Mann”, eine verfahrene Beziehung und eine Verliebtheit beschrieben, in der er gegenwärtige Geschlechterrollen eben nicht reflektiert, sondern einfach Menschen in bestimmten Situationen schildert. Weder die Menschen noch die Situationen sind allgemein gültig. Aber sie sprechen, betrachtet man die unterschiedlichen Reaktionen, anscheinend viele an.

© Werner Schuster, Wiener Zeitung/extra
Infos:

Nicolas Fargues, 1972 geboren, lebt in Paris. «Nicht so schlimm» wurde in Frankreich von der Presse gefeiert, der Roman stand monatelang auf der Bestsellerliste und wurde in elf Sprachen übersetzt.