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Zeh, Juli: Alles auf dem Rasen #2

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Cover Alles auf dem Rasen von ZehEssays
Schöffling (2007)
Inhalt:

Gibt es eine Demokratie ohne Nebenwirkungen? Finden sich auf dem Europäischen Markt noch Tabus made in Germany? Warum langweilt uns die Pornographie? Kann man schreiben lernen, hat die Literatur noch etwas zu erzählen, und worin liegt der psychologische Nutzen von Altpapier? Juli Zeh, eine der spannendsten und erfolgreichsten Autorinnen ihrer Generation meldet sich mit intelligenten, provokanten und amüsanten Essays zu Wort. (Pressetext)

Kurzkritik:

Umgehauen hat mich ihre Analyse des massiven Gebrauchs der Ich-Perspektive in der Gegenwartsliteratur. Wie Zeh ihr Thema von möglichst vielen Seiten beleuchtet und dies mit amüsant-klugen Beispielen und leicht hinterhältigen Überschriften (etwa “ICH könnte den Mund halten, während andere reden“) illustriert. Denn das Feine an Juli Zehs Essays ist für mich, dass sie ihre Ideen schriftstellerisch vermittelt, mit dem Thema entsprechender Form und zu ihm passenden Stil.

Besprechung:

Die fröhliche Aufklärung #2

Nachdem ich mir nun eine zweite “Alles auf dem Rasen“-Einheit verpasst habe, muss ich mein Urteil nach der ersten Lektüre [5] ein wenig revidieren: Juli Zeh schreibt nicht nur auf Analysen beruhende Meinungen, sondern auch über Persönliches, das sie mehr oder weniger ins Allgemeine hebt.

Das können ein eben persönlicher Blick auf Beziehungen (inkl. Bekenntnis zur Abhängigkeit) sein (“Die Lehre vom Abhängen“) oder die Schilderung, warum und wie sie in die Schriftstellerschule des Deutschen Literaturinstituts Leipzig gekommen ist (“Marmeladenseiten“, “Von der Heimlichkeit des Schreibens“), Reiseberichte mit wiederum persönlichem Zugang (“Niedliche Dinge“ über die ethische Minderheit der Sorben in Deutschland, “Jasmina and friends“ über einen weiblichen DJ in Sarajewo).

Keine Meinungen, sondern Ideen vermitteln

Sie selbst sagt, ich möchte den Lesern keine Meinungen, sondern Ideen vermitteln und den Zugang zu einem nichtjournalistischen und trotzdem politischen Blick auf die Welt eröffnen, und beschreibt ihr Schreiben hiermit besser als ich. Ich möchte ergänzen, dass bei Zeh das Persönliche als Mittel und nicht als Zweck fungiert – und dass sie ihre Ideen nicht für allgemeingültig erklärt.

Und umgehauen hat mich ihre Analyse des massiven Gebrauchs der Ich-Perspektive in der Gegenwartsliteratur. Wie Zeh ihr Thema von möglichst vielen Seiten beleuchtet und dies mit amüsant-klugen Beispielen und leicht hinterhältigen Überschriften (etwa “ICH könnte den Mund halten, während andere reden“) illustriert. Denn das Feine an Juli Zehs Essays ist für mich, dass sie ihre Ideen schriftstellerisch vermittelt, mit dem Thema entsprechender Form und zu ihm passenden Stil.

Zum ersten Teil der Besprechung Die fröhliche Aufklärung #1 [6].

Von Werner Schuster
Infos:

Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Studium des Europa- und Völkerrechts. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Sie ist vermutlich die erste Juristin Deutschlands, die nach ihrem zweiten Staatsexamen bereits auf eine erfolgreiche literarische Karriere zurückblicken kann. Ihr Roman “Adler und Engel” (2001) wurde zu einem Welterfolg und ist mittlerweile in 24 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem “Deutschen Bücherpreis” (2002), dem “Rauriser Literaturpreis” (2002), dem “Hölderlin-Förderpreis” (2003), dem “Ernst-Toller-Preis” (2003) und dem “Carl-Amery-Literaturpreis” (2009).

Über Juli Zeh [7] bei Wikipedia.