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Yates, Richard: Eine gute Schule

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Cover Eine gute Schule von Richard Yates
  • Roman
  • Hardcover
  • 240 Seiten
  • Erschienen 2012 bei DVA
  • Aus dem Amerikanischen von Eike Schönfeld
  • Originalausgabe: „A Good School”, 1978

Inhalt:

Das Haar hängt ihm fettig in die Stirn, sein fadenscheiniges Hemd ziert ein Muster aus Flecken. William Grove, fünfzehn Jahre alt und gerade als Stipendiat an der Dorset Academy angenommen, wird schnell der Stempel aufgedrückt: Mit diesem „Zigeuner“ möchte keiner der Jungen im Internat etwas zu tun haben. Denn Grove kann nicht verbergen, dass er aus proletarischen Verhältnissen stammt. Doch genau das soll er an der Dorset, Hort englischer Erziehungstraditionen, lernen – seine Mutter hofft, dass ihrem Sohn sich so die Türen zur höheren Gesellschaft öffnen, die ihr, der großen Künstlerin, trotz aller Bemühungen verschlossen geblieben sind. (Pressetext)

Kurzkritik:

Der Roman zeigt die Entwicklung der Schule und ihrer Internatsschüler über mehrere Jahre hinweg aus unterschiedlichen Perspektiven und baut durch die angedeuteten Probleme Spannung auf. Als Leser wünscht man sich, dass er noch ausführlicher gestaltet wäre, noch mehr Perspektiven einbeziehen und dadurch ein noch umfassenderes Bild zeichnen würde, um so die Schule in ihrer Gesamtheit noch besser fassbar zu machen. Insgesamt zeigt der Roman keine Verklärung des Internatslebens, sondern ein realistisches Porträt.

Besprechung:

Ein Internat in den Wäldern Conneticuts

Wieder einmal ein Klappentext, der etwas anderes verspricht, als der Roman enthält: Während am Buch der Eindruck entsteht, es handelt sich um die Internatsgeschichte eines einzelnen Jungen, findet man im Buch heraus, dass es sich vielmehr um ein Schulpanorama handelt, und der besagte Junge, William Grove, ist nur eine von mehreren zentralen Personen.

Grove kommt in den 1940ern an die Dorset Academy, ein Internat, das sich abgeschieden in den Wäldern Conneticuts befindet. Hier versammeln sich schwierige und merkwürdige Schüler, die unter sich bleiben, da aufgrund der Abgeschiedenheit keine Wettbewerbe oder Veranstaltungen mit anderen Schulen organisiert werden. Diese Eigenheit macht einem der Lehrer, Bob Driscoll, von den Schülern „Pop“ genannt, immer wieder Sorgen.

„Gesundes“ Mittelmaß

Neben einem durch Kinderlähmung verkrüppelten Chemielehrer, einem Französischlehrer, der mit dessen Frau eine Affäre hat, wird von den Lehrern vor allem Driscoll gezeigt. Der Roman verfolgt die Entwicklung ihres Lebens über mehrere Jahre hinweg, ihre Ängste und Sorgen, wie sich ihre Sicht auf die Jungen verändert. Grove sticht nicht hervor, weder als Sportler, noch als besonders guter Schüler, anfangs wird er von den anderen sogar gemieden, arbeitet sich aber bis zu seinem Abschlussjahr doch zum Chefredakteur der Schulzeitung hinauf.

Die Welt ist weit entfernt

Die Quälereien und Streiche unter den Schülern sowie die Entwicklung von Freundschaften stehen eindeutig im Vordergrund des Romans. Auch merkwürdige Details werden erzählt, wie etwa ein von einem zartgliedrigen Sportler, der in seinem neuen Zimmer zur Verwunderung seines Zimmerkollegen Rüschenvorhänge und Landschaftsbilder anbringt. Im Hintergrund steht die immer wieder erwähnte Befürchtung, dass die Schule geschlossen werden könnte, vor allem Direktor Knoedler macht sich darüber Sorgen. Auch der Zweite Weltkrieg wird von Schülern und Lehrern lange kaum beachtet, bis einzelne Ehemalige sterben und sich 1944 immer mehr Schüler freiwillig melden.

Ein realistisches Porträt

Der Roman zeigt die Entwicklung der Schule und ihrer Schüler über mehrere Jahre hinweg aus unterschiedlichen Perspektiven und baut durch die angedeuteten Probleme Spannung auf. Als Leser wünscht man sich, dass er noch ausführlicher gestaltet wäre, noch mehr Perspektiven einbeziehen und dadurch ein noch umfassenderes Bild zeichnen würde, um so die Schule in ihrer Gesamtheit noch besser fassbar zu machen. Insgesamt zeigt der Roman keine Verklärung des Internatslebens, sondern ein realistisches Porträt.

Von Sabine Schönfellner

Infos:

Richard Yates wurde 1926 in Yonkers, New York, geboren und starb 1992 in Birmingham, Alabama. Wie Ernest Hemingway prägte er eine Generation von Schriftstellern und zählt heute zu den wichtigsten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er war einige Jahre als Werbetexter beschäftigt und in den späten Sechzigern kurzzeitig als Redenschreiber für Senator Robert Kennedy tätig. Hauptsächlich jedoch arbeitete Richard Yates als Schriftsteller: Er war der Autor von sieben Romanen und zwei Erzählungsbänden, die zu seinen Lebzeiten kaum Beachtung fanden – heute jedoch zu den wichtigsten Werken der amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts gehören. Die DVA veröffentlicht Yates’ Gesamtwerk auf Deutsch.

Mehr über Richard Yates [5] bei Wikipedia.