16/07/2012von 915 Views – 1 Kommentar

Bartolini, Luigi: Fahrraddiebe

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Cover Bartolini Fahrraddiebe
  • Roman
  • Taschenbuch
  • 224 Seiten
  • Erschienen 2012 bei Unionsverlag
  • Aus dem Italienischen von Hellmut Ludwig
  • Originalausgabe: „Ladri di biciclette”, 1948

Inhalt:

Dem Ich-Erzähler – Maler und Schriftsteller wie der Autor – wird auf den Strassen von Rom sein Fahrrad gestohlen. Besessen und unermüdlich macht er sich auf die Suche nach dem Fahrzeug und recherchiert in allen Winkeln der Stadt. (Pressetext)

Kurzkritik:

„Es gibt keinen feineren Genuss als den an der Wiedererlangung einer verlorenen oder uns gestohlenen Sache“, lässt Bartolini seinen bestohlenen Ich-Erzähler sagen. Und beschreibt uns das Rom der 1940er-Jahre.

Werner gibt  ★★★★☆  (4 von 5 Eselsohren)

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Besprechung:

6.000 Lire für ein altes Rad

Einem Mann wird sein Fahrrad gestohlen und er versucht, es zurückzubekommen. Das ist im Prinzip alles, wovon dieses Buch handelt. Das stimmt nicht ganz, denn es ist von einem heutigen Standpunkt aus gesagt. Heutzutage müsste man dieses Rad wohl – je nach Standpunkt – ein paar hundert oder auch mehr als 1.000 Euro Wert sein, damit man sich auf die Suche macht. Wahrscheinlich wird man, der Form halber und ohne große Hoffnung, Anzeige erstatten. Doch in den 1940er-Jahren war ein Fahrrad das Hauptverkehrsmittel für viele.

Das stimmt nicht ganz, denn der bestohlene Ich-Erzähler besitzt noch ein zweites Rad. Dennoch wird er sich am Schluss bereit erklären, das gestohlene um 6.000 Lire überteuert zurückzukaufen.

Im Zentrum der Diebeswelt

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Doch so weit sind wir noch nicht. Zunächst macht er sich auf zum Schwarzmarkt. Vielleicht entdeckt er es – oder zumindest Teile davon – wieder. Wir befinden uns in Rom, der Campo di Fiori gilt als Zentrum der Diebeswelt. Dem Bestohlenen gelingt es bloß, die Diebesbanden darauf aufmerksam zu machen, dass er sein Fahrrad sucht. Schließlich vertreiben sie ihn.

Er geht zur Polizei. Die ist nicht sehr hilfreich, also begibt er sich in den Stadtteil Trastevere, wo die Armen leben und Diebe, Schwarzhändler, Dirnen und Zuhälter. Hier wendet er sich an Florinda, ein Malermodell und Freudenmädchen. Die hat Kontakte zu den „richtigen“ Stellen und hält ihr Versprechen, ihm sein Fahrrad zu besorgen. Für besagte 6.000 Lire.

„Ein Lauf über Hindernisse“

Dann schreibt er:

Es gibt keinen feineren Genuss als den an der Wiedererlangung einer verlorenen oder uns gestohlenen Sache.

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Geht es dem Ich-Erzähler also ums Prinzip? Haben wir eine leichtfüßig daherkommenden, liebevoll ironischen Roman gelesen, der eigentlich philosophisch ist? – Das Dasein „ist ein Lauf über Hindernisse, bis man endlich verliert und stirbt“, schreibt Bartolini am Schluss.

Für die Nachwelt

Das mag wohl stimmen. Doch vielleicht hat der Autor den Diebstahl auch bloß zum Anlass genommen, um seinen Zeitgenossen etwas zu beschreiben, zu dem sie keinen Zugang haben. Und hat so etwas von diesem Teil Roms der Nachwelt erhalten. Denn heute findet man auf dem Campo di Fiori Bauern- und Blumenstände und Trastevere ist als volkstümliches Viertel ein Magneten für Touristen.

Vielleicht gibt es dort immer noch Fahrraddiebe. Aber die von Bartolini findet man wohl nur mehr in seinem gleichsam realistischen wie bezaubernden Buch.

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Von Werner Schuster

P.S.: Der nach diesem Roman entstandene Film von Vittorio de Sica ist viel eindeutiger als die Vorlage. Hier ist der Bestohlene tatsächlich auf sein Fahrrad angewiesen. Gemeinsam mit seinem Sohn macht er sich auf die Suche – und stiehlt am Schluss selbst eines, um weiter als Plakatkleber arbeiten zu können.

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Infos:

Der italienische Radierer, Maler, Kunstkritiker und Schriftsteller Luigi Bartolini ist vor allem durch seinen Erfolgsroman „Fahrraddiebe“ (1946/ 1948), einem Hauptwerk des literarischen Neorealismus, international bekannt geworden.

Mehr über Luigi Bartolini bei Wikipedia.

1 Kommentar zu "Bartolini, Luigi: Fahrraddiebe"

Trackback | Kommentar RSS Feed

  1. wps sagt:

    Dieser Roman ist doch aktuell: Ein Viertel aller seit 2010 in Kärnten begangenen Fahrraddiebstähle ist nun auf einen Schlag geklärt worden: Eine kleine Bande wurde von der Polizei überführt. Sie soll 1.200 Räder gestohlen und in Bosnien und Kroatien auf dem Flohmarkt verkauft haben.

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