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Hens, Gregor: Nikotin

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Hens Nikotin [5]


Inhalt:

Gregor Hens geht das Risiko ein und erinnert sich: An die erste Zigarette in einer kalten Silvesternacht, mit der er Raketen anzündete und schließlich daran zog, um seine Mutter zu beeindrucken, an den dichten blauen Dunst im Mercedes 280 SE seiner Eltern auf der Fahrt in die Ferien, und natürlich an den Genuss des Rauchens, an die Lust auf die nächste Zigarette und viele phantasievolle Spielarten des Aufhörens. (Pressetext)

Kurzkritik:

Hier findet man weder Anekdoten noch eine Anleitung zum Abgewöhnen noch eine Bestätigung dafür, dass andere dies auch nicht schaffen. ,Nikotin‘ ist vielmehr ein Buch über autonomes Handeln.

Besprechung:

Rauchpause

Täglich nehme ich mir vor, während des Arbeitens nicht zu rauchen, sondern Rauchpausen einzulegen. Während ich dies tippe, halte ich geübt eine Zigarillo zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand. – Ich könnte noch Hunderte solcher Anekdötchen zum Besten geben, aber hier geht es ja nicht um mich, sondern um Gregor Hens und sein Buch „Nikotin“.

Darin findet man allerdings weder Anekdoten noch eine Anleitung zum Abgewöhnen noch eine Bestätigung dafür, dass andere dies auch nicht schaffen.

Gregor Hens hat es geschafft. Vorläufig. Wie er dies geschafft hat, gibt nicht den Stoff ab für ein weiteres Entwöhnungbuch, und ein solches zu schreiben, war auch nicht seine Absicht.

Kinderleicht

Er lässt uns an seinen Erinnerungen teilhaben, die persönlich, aber nicht intim sind und zugleich für seine Generation – er wurde 1965 geboren – typisch. Autofahrten in den Urlaub zum Beispiel mit durchgehend pofelnden Eltern, die auch nichts dabei fanden, die Wohnung zu verqualmen.

Er gibt einen Nikotin-Abhängigkeits-Test wieder und widerlegt, dass Mark Twain, wie das in jedem besseren Entwöhnungbuch erwähnt wird, jemals gesagt haben soll, „mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon hunderte Male geschafft“.

Mini-Highs

Hens beschreibt die Umstände seiner Entwöhn-Hypnosesitzung, vor der er sich das Rauchen allerdings schon abgewöhnt hatte. Er wollte nur sicher gehen, weil er schon einmal nach acht Jahren Abstinenz rückfällig geworden war.

Vor allem aber schildert er, wie das Rauch in seinem Gehirn „Mini-Highs“ erzeugt hat und wie er gelernt hat, diese ohne Zigaretten herzustellen. Es geht um „um das, was gelegentlich als Selbstleitung bezeichnet wird, ein Begriff, hinter dem das Ideal autonomen Handelns steht: Wir wollen selbst entscheiden, was wir tun, vor allem, was wir mit uns, mit unseren Körpern, mit unserer unmittelbaren Umwelt, tun“.

Alternativen

Eigentlich handelt „Nikotin“ von Freiheit: Hens zitiert Feldenkrais, dem zufolge es zu jedem erlernten Verhalten, auch dem unwillkürlichen, Alternativen gibt. Um Freiheit zu gewinnen, müssen wir diese Alternativen nur kennenlernen. „Selbst wenn wir uns am Ende für das entscheiden, was wir bisher ohnehin praktiziert haben, sind wir freier.“

Damit ist nur bedingt gemeint, dass ich mir vorgenommen habe, eine Rauchpause einzulegen, wenn ich diesen Text abgespeichert habe.

Von Werner Schuster
Infos:

Gregor Hens wurde 1965 in Köln geboren, studierte Sprach- und Literaturwissenschaften in Bonn, Missouri und Kalifornien (Berkeley). Er lebt in Columbus/Ohio, wo er Germanistik lehrt, und in Berlin. Sein erster Roman, „Himmelssturz“, wurde als „Meisterwerk“ (Süddeutsche Zeitung) gefeiert.

Mehr über Gregor Hens [6] bei Wikipedia.