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Villalobos, Juan Pablo: Fiesta in der Räuberhöhle

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover Villalobos Fiesta [5]


Inhalt:

Tochtli, Sohn eines mexikanischen Drogenhäuptlings, erzählt, wie man aufwächst in Reichtum, tiefer Einsamkeit, mit einem Vater, der einem alles schenkt, was man will, und mit wilden Gestalten, von denen ab und zu einer nicht mehr wieder kommt. Ein Miniroman, der auf wenigen Seiten mehr über Mexiko, Lateinamerika, seine fatale Abhängigkeit und seine unerschöpfliche Neigung zu Größenwahn und vergänglichem Ruhm erzählt als alles, was man in der Zeitung liest. (Pressetext)

Kurzkritik:

„Fiesta in der Räuberhöhle“ ist ein nettes Buch mit einer an sich guten Idee, die für mich aber nicht aufgeht. Juan Pablo Villalobos versetzt sich darin in ein Kind namens Tochtli.

Tochtli ist der Sohn eines sehr reichen mexikanischen Drogenhäuptlings („Reiß dich zusammen, Tochtli, wie ein richtiger Macho“), lebt in einem streng bewachten Anwesen, bekommt Privatunterricht und alles, was sich kaufen lässt.

Das ist ziemlich amüsant zu lesen, nur wurde mir das Alter des Ich-Erzählers Tochtli nicht klar: der schreibt wie ein Zwölf- bis Vierzehnjähriger, während seine Entwicklungsstufe für mich irgendwo zwischen sechs und zehn Jahren zu liegen scheint. Anders gesagt: Villalobos schildert ein Kind mit den Worten eines Jugendlichen.

Und von diesem erfährt man nicht mehr als die gängigen Klischees über die Drogenmafia. Die ist reich, dekadent und brutal und schmiert die richtigen Leute. Es überrascht auch nicht, dass weder die Drogenbarone noch ihre Kinder ihres Lebens froh werden.

Ein nettes Buch mit einer an sich guten Idee, die für mich aber nicht aufgeht.

Besprechung:

Reich, dekadent und brutal

„Fiesta in der Räuberhöhle“ ist ein nettes Buch mit einer an sich guten Idee, die für mich aber nicht aufgeht. Juan Pablo Villalobos versetzt sich darin in ein Kind namens Tochtli.

Manche behaupten, ich wäre frühreif. Vor allem, weil sie glauben, dass ich noch zu klein bin, um so schwierige Wörter zu kenne. Ein paar schwierige Wörter, de ich kenne, sind: erbärmlich, tragisch, tadellos, pathetisch und fulminant. In Wirklichkeit sind es gar nicht so viele, die behaupten, ich wäre frühreif. Das Problem ist, dass ich gar nicht viele Leute kenne. Wenn überhaupt, dann dreizehn, vierzehn …

Tochtli ist der Sohn eines sehr reichen mexikanischen Drogenhäuptlings („Reiß dich zusammen, Tochtli, wie ein richtiger Macho“), lebt in einem streng bewachten Anwesen, bekommt Privatunterricht und alles, was sich kaufen lässt. Er hat einen Hut-Fimmel, spürt „elektrische Schmerzen im Bauch“ und glaubt, „im Moment ist mein Leben etwas erbärmlich. Oder pathetisch“.

Zwergnilpferde

Es wird nicht ausdrücklich beschrieben, warum er sein Leben für erbärmlich hält. Weil er seine Mutter nicht kennt und in einem goldenen Käfig eingesperrt ist? Oder weil in seinem kleinen Privatzoo ein liberianisches Zwergnilpferd fehlt?

Dabei fährt sein Vater mit ihm extra nach Afrika, um eines dieser seltenen Tiere zu besorgen. Nur leider verenden die Zwergnilpferde schon vor dem Abtransport.

Stummer Samurai

Daraufhin verwandelt sich Tochtli, beeinflusst von seinem alles Japanische verehrenden Privatlehrer Mazatzin, in einen stummen Samurai und läuft nur noch in Pyjama und Morgenmantel durch Haus und Garten. Doch sein Vater hat ganz andere Sorgen.

Mazatzin ist gar kein Heiliger, er ist nicht als ein pathetischer Verräter. Er hat eine Reportage in einer Zeitschrift veröffentlicht, in der er von unseren Geheimnissen, Rätseln und versteckten Dingen berichtet. (…) Er spricht von unseren Millionen von Pesos, von unseren Millionen von Dollars, von unseren Millionen von Euros, (…) von den Pistolen und Gewehren …

Doch alles geht gut aus, weil der Vater mexikanische Politiker kennt und weil Mazatzin dabei erwischt wurde, wie er „mit dem Pass eines falschen Honduraners in das Land Honduras“ geflohen ist, um dort die Revolution voranzutreiben. Und so bekommt Tochtli die ausgestopften Köpfe seiner Zwergnilpferde geschenkt.

Acht oder dreizehn?

Das ist ziemlich amüsant zu lesen, nur wurde mir das Alter des Ich-Erzählers Tochtli nicht klar: der schreibt wie ein Zwölf- bis Vierzehnjähriger, während seine Entwicklungsstufe für mich irgendwo zwischen sechs und zehn Jahren zu liegen scheint. Anders gesagt: Villalobos schildert ein Kind mit den Worten eines Jugendlichen.

Und von diesem erfährt man nicht mehr als die gängigen Klischees über die Drogenmafia. Die ist reich, dekadent und brutal und schmiert die richtigen Leute. Es überrascht auch nicht, dass weder die Drogenbarone noch ihre Kinder ihres Lebens froh werden.

Deshalb geht für mich Villalobos’ Ansatz nicht auf. In Don Winslows „Tage der Toten“ [6] liest man das alles genauer und realistischer.

Von Werner Schuster
Infos:

Juan Pablo Villalobos geboren 1973 in Guadalajara, Mexiko, studierte Marktforschung und Literatur und lebt heute in Barcelona, wo er schreibt und eine Firma für elektronische Produkte leitet.